von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 18.10.2019
Arbon will's wissen
Erst das Werben um das Historische Museum, dann ein eigenes Kulturkonzept und jetzt erstmals ein Kultur- und Museumstag in der ganzen Stadt. Ist Arbon auf dem Sprung zum neuen Kultur-Hotspot des Kantons?
Es ist noch gar nicht so lange her, da sah es so aus, als würde Romanshorn zum neuen Hotspot für die Kultur im Thurgau werden. Rund um das ehemalige Kornhaus am Hafen sollte viel Neues entstehen: Museen, ein Festsaal, Gastronomie, teure Lofts. Realisiert ist davon bislang nichts. Auch der inzwischen abgewählte, frühere Stadtpräsident David H. Bon, hatte grosse Pläne für die Hafenstadt. Die wurden aber irgendwann im Klein-Klein der Kommunalpolitik zerrieben. Welchen Stellenwert die Kultur in der Entwicklung von Romanshorn künftig haben wird, ist derzeit kaum absehbar.
Die Rolle des kulturellen Emporkömmlings füllt seit einigen Monaten sehr konditionsstark ohnehin längst eine andere Stadt - Arbon. Schon seit mehr als 25 Jahren gibt es mit der Kunsthalle Arbon einen aussergewöhnlichen Ort für zeitgenössische Kunst in der Bodenseestadt, Festivals wie die Summer Days oder das Heizwerk locken seit Jahren Besucher in die Stadt, aber das Bewusstsein, dass Kultur irgendwie mehr sein könnte als hübscher Schmuck, wuchs erst durch das Werben um das Historische Museum Thurgau so richtig. Seit vielen Monaten bringt sich die Stadt immer wieder ins Gespräch. Bislang allerdings noch ohne konkreten Erfolg: Die vom Regierungsrat eingesetzte Arbeitsgruppe zur Zukunft des kantonalen Historischen Museums hat noch nicht entschieden, wo der künftige Standort des Museums sein wird: Frauenfeld? Arbon? Oder eine Kompromisslösung, in der beide Städte irgendwie berücksichtigt werden? Nichts genaues weiss man nicht.
Arbon forciert öffentliche Debatte über Museumsstandort
Öffentlich legt sich Arbon jedenfalls ziemlich ins Zeug. Dazu passt, dass die Stadt nun für Samstag, 26.Oktober, Einladungen zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion versandt hat. Das Thema: „Kantonale Museumsstrategie - Chancen des Standorts Arbon“. Es ist nicht davon auszugehen, dass an diesem Tag irgendwelche Entscheidungen bekannt gegeben werden. Schliesslich will sich die kantonale Arbeitsgruppe bis Frühling 2020 Zeit nehmen, um eine Empfehlung zum künftigen Standort des Historischen Museums abzugeben. Dass aber neben Vertretern der Stadt wie dem Stadtpräsidenten Dominik Diezi auch Paul Roth, der Leiter dieser kantonalen Arbeitsgruppe und Generalsekretär des Departements für Erziehung und Kultur (DEK), mit auf dem Podium sitzt, macht deutlich, dass der Kanton die Arboner Ambitionen offenbar ernst nimmt. Die Diskussion beginnt um 10 Uhr im Schloss Arbon.
So oder so - es dürfte ein interessanter Tag in Arbon werden. Schliesslich ist die Diskussion lediglich Auftakt eines langen Kultur- und Museumstags in der Bodenseestadt. Von 11 bis 23 Uhr gibt es ein umfangreiches Programm (einen Überblick dazu gibt es hier) an ganz verschiedenen Orten der Stadt. Beteiligt sind unter anderem das Saurer Museum, das MoMö Schweizer Mosterei- und Brennereimuseum sowie die Kunsthalle Arbon.
Das Kulturkonzept der Stadt gleicht noch einem beliebigen „Sowohl-als-auch-Programm“
Neben der Praxis hat Arbon übrigens auch in der Theorie ein bisschen aufgeholt: Im Mai diesen Jahres hat die Stadt ein eigenes Kulturkonzept verabschiedet. Das wirkt zwar noch wie ein eher dünnes und beliebiges „Sowohl-als-auch-Programm“, das sich nicht traut, Schwerpunkte zu setzen (mehr dazu am Montag bei uns im Magazin), ist aber zumindest mal der Anfang eines veränderten Bewusstseins: „Kultur stiftet Identität und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt“, heisst es in dem siebenseitigen Papier. Darin steht übrigens auch: „Arbon soll Kultur-, Kunst- und Museumsstadt sein.“ Die Flughöhe wäre damit gesetzt. Die nächsten Monate werden zeigen, wo diese Ambitionen am Ende landen.
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