von Anabel Roque Rodríguez, 15.08.2018
25 Jahre Kunsthalle Arbon
Seit meinem Umzug in die Schweiz vor fast drei Jahren, waren zwei meiner Beobachtungen aus der Schweizer Kunstwelt: Die Präsenz von Kunstinstitutionen in der Peripherie und Zentren ist fliessender, man findet viele qualitative Kulturinstitutionen in kleinen Gemeinden und dass privates Engagement essentiell wichtig für die Zukunft von Institutionen ist. Beides trifft auch für die Kunsthalle Arbon zu, die in wenigen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen feiert. Zu diesem Anlass haben wir die Institution besucht und uns an einem heissen Sommertag mit dem einzig noch aktiv mitarbeitenden Gründungsmitglied Inge Abegglen und der Kuratorin Deborah Keller zum Gespräch getroffen.
Inge Abegglen und Deborah Keller vor dem Eingang der Kunsthalle Arbon, Foto: Anabel Roque Rodríguez
Raum für Experimente
Das Bekenntnis zur künstlerischen Freiheit findet man bereits in der Beschreibung der Kunsthalle auf ihrer Webseite: «Kunst ist Widerspruch, Irritation und Wagnis, nicht Bestätigung.» Viel von diesem Engagement ist Inge Abegglen zu verdanken, die als gelernte Laborantin über ein paar Umwege zur Kunst kam und die im Gespräch so etwas wie ihr persönliches Credo mitteilt: «Mit wenig Geld, viel zu machen ist auch eine grosse Kunst.»
Die Kunsthalle Arbon befindet sich im früheren Blechlager der Metallbaufirma Schedler und bleibt sich seit mittlerweile 25 Jahren treu in ihrem Unterfangen ein Raum für Experimente zu sein. Jährlich finden hier während der wärmeren Monate mindestens drei wechselnde Ausstellungen statt, in den kalten Monaten bleibt die Halle geschlossen. Inge Abegglen ist es wichtig, dass die Künstler lernen mit dem 600 m2 grossen Raum umzugehen und sich bei ihrem künstlerischen Vorhaben auf keinen Fall finanziell übernehmen, unterstützt werden die Künstler mit einer Pauschalen, die gleichzeitig als Honorar und zur Deckung der Produktionskosten dient.
Die Finanzierung der Kunsthalle wird dabei vom Kanton und der Stadt Arbon finanziell gesichert und von privaten Gönnern unterstützt. Diese relative finanzielle Stabilität spiegelt sich auch in der Programmatik der Kunsthalle, die kreative Experimente verteidigt und auf grosse installative Arbeiten setzt, die im Kunstmarkt nicht immer veräusserbar sind. In einer Zeit, in der Kunst sich immer wieder in Relation zur Marktfähigkeit positionieren muss und dies auch vor den Programmatiken von Ausstellungshäusern keinen Halt macht, hat es wirklich schon einen Seltenheitswert, dass die Kunsthalle Arbon diese Freiheit seit 25 Jahren bewahren kann.
Jubiläumsausstellung im August
Die grosse Halle war bei meinem Besuch noch leer, es waren jedoch zwei Künstler vor Ort, die ihre Arbeiten für die Jubiläumsausstellung «Wo deine Füsse stehen» aufbauten, die am 18. August 2018 eröffnet, darunter Simon Lederberger, der die vergangene Ausstellung in der Kunsthalle bespielte. In der grossen Ausstellung werden sechzehn Künstler der letzten 5 Jahre gezeigt, die seit der Feier des letzten Jubiläums «Die zweite Dekade» ausgestellt haben. Anders als in der letzten Jubiläumsausstellung, haben die Künstler keine Platzvorgaben, es gibt stattdessen eine inhaltliche Vorgabe: Der Raum. Da der industrielle Charakter des Ausstellungsortes massgeblich zur Atmosphäre der Kunsthalle beiträgt, zelebriert die Ausstellung den Raum in all seinen Facetten. «Sei es als installativer Raum, mentaler Raum. physischer Raum oder virtueller Raum», erklärt die Kuratorin Deborah Keller. Auch die Medien der Kunstwerke sind vielfältig von Klang, Geruch bis zu Installationen ist alles dabei. Über zweidrittel der Arbeiten sind dabei eigens für die Ausstellung neu gefertigt worden.
Erste Impressionen der Jubiläumsausstellung
Installation-view, Foto: Ladina Bischof
Hemauer-Keller: Standard-Observer-Deviation 2018, Foto: Ladina Bischof
Simon-Ledergerber: not-yet-titled 2018, Bild: Ladina Bischof
Bob-Gramsma: home-OI, Foto: Ladina Bischof
Installation-view, Foto: Ladina Bischof
huber.huber: Mnemosyne, Bild: Ladina Bischof
Professionalisierung und Blick in die Zukunft
Bei einem Meilenstein wie dem 25-Jubiläum blickt man natürlich auch in die Zukunft. Seit etwa drei Jahren unterstützt die Züricher Kunstkritikerin und Kuratorin Deborah Keller die Kunsthalle und hilft dieser auf dem Weg zu einer inhaltlichen Professionalisierung. Erfahrungen bei der Ausrichtung von Institutionen bringt sie auch aus ihrer Tätigkeit als stellvertretende Direktorin der Galerie Häusler Contemporary Zürich mit. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass der Charakter der Kunsthalle experimentell bleibt. «Ich möchte die Kunsthalle weiter einer grösseren Öffentlichkeit öffnen und die Sichtbarkeit erhöhen, dabei auch Künstler ausserhalb des Kantons Thurgau mit lokalen Künstler in die Kunsthalle einladen und etablierte Positionen mit neueren mischen.»
Inge Abegglen denkt zudem ganz pragmatisch an die Zukunft. «Die Halle ist baufällig und man muss immer wieder etwas in Stand setzen». Was als provisorischer Raum begann hält sich schon lange, aber bedeutet nicht unbedingt eine Sicherheit. Sollte der Raum einmal nicht mehr bespielbar sein, wird sich eine andere Raumlösung finden «aber das würde den Charakter der Kunsthalle stark verändern», reflektiert die Gründerin.
Archivarbeit oder die Grenzen eines kleinen Teams
Überraschend aber auch nachvollziehbar bei dem kleinen Team bestehend aus grösstenteils ehrenamtlichen Mitarbeitern ist, dass es an einem solchen Jubiläum keine Publikation oder Aufarbeitung des historischen Materials der vergangenen 25 Jahre gibt. Eine Vielzahl an Texten und Aktenordnen gefüllt mit Ausstellungsmaterial gibt es aus der langjährigen Geschichte, aber noch keine institutionelle Aufarbeitung. Eine kleine Herkulesaufgabe, der man vielleicht für das nächste Jubiläum näher kommt. Lohnenswert wäre diese Aufarbeitung bestimmt, denn das vergangene Ausstellungsprogramm kann sich sehen lassen.
Jubiläumsausstellung
Die Jubiläumsausstellung eröffnet mit einem Sommerfest am 18. August 2018 um 17 Uhr.
Neben Führungen am 1. und 15. September wird es am 8. September 16 Uhr ein Künstlergespräch zwischen den Künstlern und der Kuratorin Deborah Keller geben.
Weitere Informationen zum Programm: www.kunsthallearbon.ch
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