von Manuela Ziegler, 06.02.2025
Was wird aus dem Stadtlabor?
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Die Raiffeisenbank Frauenfeld stellt seit 2021 ihre Liegenschaft für das so genannte „StadtLabor" zur Verfügung. Seither finden die Angebote regen Zulauf bei der Bevölkerung. Doch zum Jahresende soll Schluss sein mit der Zwischennutzung. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Ein schweinchenrosa Holzwürfel steht vor der breiten Schaufenster-Vitrine des StadtLabors. Die „Krizzelbox“ ist ein Hingucker in der Zürcherstrasse 158 inmitten der Frauenfelder Fussgängerzone. „Bürger:innen konnten hier bei verschiedenen sozialräumlichen Stadtentwicklungsprozessen ihre Ideen draufkrizzeln“, erklärt Geraldine Schneider, Spezialistin für Quartierarbeit der Stadt. Nach den Bedürfnissen der Bevölkerung fragen, präsent sein im Stadtbild und bei öffentlichen Anlässen – so hat Schneider anfangs Aufbauarbeit geleistet, nachdem das StadtLabor 2021 gestartet war.
Ins Gespräch kommen
Das Ziel war es, einen Begegnungsort im Quartier zu schaffen, und so auch die Innenstadt zu beleben. „Miteinander Frauenfeld gestalten“, hiess das mit Bundesmitteln finanzierte Projekt in Zusammenarbeit mit der Interessengemeinschaft Frauenfelder Innenstadt (IG Fit). Und die Raiffeisenbank Frauenfeld hat dafür zwei Stockwerke ihrer Liegenschaft als Zwischennutzung zur Verfügung gestellt.
Monatlich findet beispielsweise das „Quartier.Digital“ statt; Ehrenamtliche helfen weiter bei Fragen rund um Computer, Tablet und Handy. In der Regel seien es Menschen kurz vor oder im Pensionsalter, die Rat suchten. Die Rückmeldungen seien durchwegs positiv, so Hanspeter Füllemann, inzwischen selbst Pensionär im Ehrenamt. Gerade erklärt er einer Seniorin eine App. Zuletzt war er als Dozent und Berater für Schulen im Bereich Medien und Informatik an der Pädagogischen Hochschule Thurgau tätig.
Aufbau von Beziehungen ist wichtig
Weitere Angebote im Stadtlabor sind zum Beispiel Suchtberatung und Gründungshilfe. Die Räume können aber auch von Vereinen, Gruppen und Freischaffenden gebucht werden, abgerechnet wird nur mit kommerziellen Anbietern zu angemessenen Preisen.
Das Stadtlabor hat sich herumgesprochen, das fusst vor allem auf „Beziehungsarbeit“ wie Schneider meint. Die Bilanz nach vier Jahren: Zwischen 12 bis 20 Buchungen verzeichnet sie in der Woche, um 700 waren es allein im vergangenen Jahr. „Je niederschwelliger die Räume genutzt werden können, desto schneller wird das Angebot von der Bevölkerung angenommen“, so Schneiders Erfahrung.
Auch ein Ort für Kultur und Kunst
Im Stadtlabor sind auch Kulturschaffende Nutzende. Die Illustratorin Rina Jost buchte zum Beispiel den Raum für die Vernissage ihrer Graphic Novel. „Die Kulturschaffenden können sich gerne bei mir melden“, sagt Schneider. Das Stadtlabor sei auch Teil von Kulturveranstaltungen wie etwa dem „International Street Art Festival“, den „Frauenfelder Kulturtagen“, und etwa dem „Mitsommerfest Frauenfeld“.
Möglich ist das Projekt durch die Zwischennutzung der Liegenschaft der Raiffeisenbank Frauenfeld, welche direkt in der Altstadt liegt. Die Stadt übernimmt dabei die Verwaltung der Räume. „Die Zwischennutzung für das Stadtlabor bis zur Sanierung bot sich für uns an. Wir wollten an dieser Stelle keinen Leerstand und keine Investitionen in die Vermietung tätigen “, sagt Reto Inauen, Bankleiter der Raiffeisenbank Frauenfeld und Verbandspräsident der Thurgauer Raiffeisenbanken. Er spricht von einer win-win-Situation, zwei Bedürfnisse seien zeitgleich aufeinandergetroffen. Das Stadtlabor sei für ihn ein „Erfolgsprojekt“.
Zum Zeitpunkt der Recherche teilt Inauen mit, dass die bis Sommer 2025 verlängerte Nutzung nun bis zum Jahresende weitergehen kann. „Möglich ist auch, dass ein Teil der Fläche nach der Sanierung zur Drittnutzung wieder zur Verfügung steht, aber im Moment stehen wir im Architekturauswahlverfahren und können dazu keine konkreten Aussagen machen“, erklärt Inauen.
Modell für Kulturschaffende denkbar?
Sind Zwischennutzungen grundsätzlich für einzelne Kulturschaffende möglich? Die Thurgauer Raiffeisenbanken seien als Genossenschaftsbanken selbstverständlich aufgeschlossen bezüglich Unterstützung in den Bereichen Sport, Kultur und Gesellschaft, aber weitere Liegenschaften stünden aktuell nicht zur Verfügung, so der Bankleiter. Einzelkünstler:innen empfiehlt er in puncto Raumsponsoring sich als Verein zu organisieren. Andernfalls käme das Sponsoring einem Beitrag zu den Lebensunterhaltskosten gleich, und das sei nicht im Sinn der Sache.
Das Stadtlabor wird von der Stadt Frauenfeld betrieben. Raumbuchungen gehen über die Website des Projekts, direkt per E-Mail (mail@stadtlabor-frauenfeld.ch) oder unter Telefonnummer 052 724 52 19
Die Adresse des Stadtlabors: Zürcherstrasse 158, 8500 Frauenfeld
Bis Jahresende geht’s weiter, aber dann?
Das Stadtlabor kann also bis Ende Jahr weiterbetrieben werden, wie es danach weitergeht ist noch offen. Die Verhandlungen seien im Gange, so Christof Stillhard, Amtsleiter für Kultur und Stadtleben. Aktuell müsse die Situation analysiert werden, nachdem die Ämter für Kultur und für Kommunikation und Wirtschaftsförderungen zum neuen Amt Kultur und Stadtleben zusammengefasst wurden.
Die Stadt sei in Gesprächen wegen alternativer Liegenschaften. In einem Monat wisse man hoffentlich mehr. „Das Stadtlabor ist ein erfolgreiches Projekt der Abteilung sozialräumliche Stadtentwicklung. Vergleichbare Projekte, kenne ich nur aus grossen Städten wie Zürich, Bern oder Basel. Es wäre schön, wenn es irgendwo weitergehen könnte“, so die zuständige Quartierarbeiterin Schneider.
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Von Manuela Ziegler
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