von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 16.11.2017
Die Freude eines Clowns
In einer launigen Veranstaltung hat der Clown und Komiker Olli Hauenstein am Mittwochabend in Amriswil den Thurgauer Kulturpreis 2017 erhalten. Alle Gäste waren sich einig: „Der Olli hat es verdient!“
Am Ende war Olli Hauenstein auch ein bisschen erleichtert. „Es war bis jetzt ein wunderbarer Abend mit lieben Freunden und Wegbegleitern. So wie ich auch selbst gerne feiere: fröhlich, ausgelassen, ungezwungen“, sagte Hauenstein im Gespräch mit thurgaukultur.ch nach dem offiziellen Akt im Kulturforum Amriswil. Er hatte das Ganze wohl steifer befürchtet als es schliesslich wurde. Kein Wunder: Schon im Juli wurde bekannt gegeben, dass der Clown, Komiker, Schauspieler und Regisseur den Preis in diesem Jahr erhalten würde. Bis zur eigentlichen Feier hatte er da mehr als vier Monate Zeit sich auszumalen, was alles schief gehen könnte. Aber es kam anders - nichts ging schief. Der Preisträger und seine Gäste verlebten vielmehr einen entspannten und launigen Abend. Rund 200 Besucher waren nach Amriswil gekommen, um die Verleihung des wichtigsten Thurgauer Kulturpreises live zu erleben.
Den Boden für den munteren Abend bereitete Monika Knill, die Regierungsrätin und Chefin des Departements für Erziehung und Kultur. Sie hatte Joachim Ringelnatz („Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.“) und Werner Finck („Die schwierigste Turnübung ist immer noch, sich selbst auf den Arm zu nehmen.“) als Kronzeugen aufgeboten, um die Bedeutung von Olli Hauenstein für den Kanton und sein Publikum zu erläutern und lobte dabei vor allem seine Nahbarkeit: „Olli Hauenstein verbindet als Clown Welten miteinander. Mit perfekter Mimik, Gestik und Körperbeherrschung spricht er eine Sprache, die alle verstehen. Er verbindet Nationen, ist multikulturell.“ Knill sprach über die Kunst, komisch zu sein und das Wesen des Clowns: „Sie können auch ernsthafte Themen aufgreifen und das Publikum zum nachdenken anregen. Ein Clown kann mutig, frech, aber schüchtern und chaotisch sein. Ein Clown darf alles.“ In wenigen Worten traf die Regierungsrätin recht präzise, was die Essenz von Hausteins Humor und Erfolg ausmacht: „Er hat den Blick aufs Wesentliche, gepaart mit perfektem Timing für den richtigen Gag.“
Video: Interview mit Olli Hauenstein nach der Preisverleihung
Dabei sass der eigentliche Laudator des Abends da noch im Publikum. Olli Hauenstein hatte seinen langjährigen Freund Alfred Müller gebeten, diese Rolle zu übernehmen. Der Diplom-Ingenieur, Unternehmer und Verwaltungsrats-Präsident der Baufirma Stutz AG liess in seiner Rede die wichtigsten Stationen von Hauensteins Karriere nochmal blitzlichtartig aufscheinen. Die Anfänge im Teatro Studio die Roma für die Pantomimen-Ausbildung bei Roy Bosier, die ersten Karriereschritte mit dem Duo „Illi und Olli“, das er gemeinsam mit seiner ersten Frau bildete. Die Zirkustourneen mit den Knies, den Roncallis, die Etablierung des Projektes „Clown-Syndrom“, das er gemeinsam mit dem vom Down-Syndrom betroffenen Eric Gadient auf viele Bühnen in der Deutsch-Schweiz gebracht hat und immer wieder die Freude, die der Bühnenmensch Olli Hauenstein den Menschen gebracht hat: „Überall, wo ihr auftretet, öffnet ihr Herzen der Zuschauer, zaubert Ihr Fröhlichkeit auf ihre Gesichter, erntet Ihr uneingeschränkte Anerkennung“, sagte Müller.
Video: Laudatio von Alfred Müller
Natürlich sprach auch der Laudator über die besonderen Fähigkeiten und Talente des Olli Hauenstein: „Olli verkörpert für mich alles, was einen grossen Künstler seines Fachs ausmacht: Ob im Ensemble oder in seinem Soloprogrammen: Olli strahlt immer innere Ruhe aus. Von ihm geht eine befreiende Sicherheit aus, eine Sicherheit, die entspannt und die Lachmuskulatur lockert“, erklärte Alfred Müller. Neben dem feinen Sinn für Komik und zwei scharfen Augen für Bewegung und Posen gebe es bei Olli Hauenstein aber noch einen anderen wesentlichen Grund für seinen Erfolg und seine Popularität: „Olli liebt die Menschen; jene mit denen er spielt genauso wie jene für die er spielt.“
Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Quartetto Appassionato. Hauenstein liess es sich nicht nehmen gegen Ende der Preisverleihung das Ensemble noch auf der Säge zu begleiten (Siehe Video).
Video: Olli Hauenstein spielt Schostakowitsch auf der Säge
Einen witzigen Überraschungsauftritt legten Samuel Bickit und Silas Obertüfer hin. Die beiden jungen Schauspieler mit kognitiven Beeinträchtigungen sind seit Oktober in Olli Hauensteins neuem Komiktheater in St. Gallen engagiert (siehe Video).
Preisträger und Gäste feierten nach dem offiziellen Teil noch weiter. „Es gibt noch so viele Menschen hier, die mit mir anstossen wollen. Das mache ich jetzt erst, später gehen wir mit einem engeren Kreis dann noch zu uns nach Hause. Das wird sicher noch ein langer Abend“, verriet Olli Hauenstein im Gespräch mit thurgaukultur.ch
Weiterlesen: „Ich lache nicht so viel“: Ein ausführliches Interview mit Olli Hauenstein können Sie hier lesen. Dort finden Sie auch Videos, die Olli Hauenstein auf der Bühne zeigen.
Karrierewege von Olli Hauenstein
Olli Hauenstein ist 1953 in Zürich geboren und lebt seit 1992 in Sommeri. Nach der Matura absolvierte er eine Pantomimenausbildung am Teatro Studio di Roma, danach studierte er 1973 bis 1978 Schauspiel, Zirkuskünste, Puppentheater und Regie an der staatlichen Theater- und Zirkusakademie in Budapest sowie an der staatlichen Puppentheaterschule des Nationalen Puppentheaters in Budapest. 1978 bildete er zusammen mit der Ungarin Illi Szekeres das gemischte Clownduo Illi & Olli; Tourneen in Europa, Kanada und Japan folgten. 1992 startete Olli Hauenstein sein erstes Soloprogramm. Seine Tourneen gingen quer durch Europa; er spielte an internationalen Festivals von Paris bis Tokyo, Singapur bis Caracas, Wien bis Barcelona. Als Star gastierte er beim Schweizer National-Circus Knie, beim Circus Roncalli in Deutschland und beim Cirque du Soleil in Kanada. Olli Hauenstein gewann zahlreiche Preise, unter anderem 1998 den 1. Preis beim Clown Planet International in Riga und 1999 den «Golden Nose Award» beim Clownfestival Kopenhagen. Er vertrat den Thurgau und die Schweiz mit seiner sprachunabhängigen Kunst an internationalen Grossereignissen wie der Expo in Sevilla 1992, der Expo.02 in der Schweiz, den Olympischen Spielen 2004 in Athen und der Expo in Saragossa 2008.
Der Thurgauer Kulturpreis
Mit dem Thurgauer Kulturpreis, der seit 1986 ausgerichtet wird, spricht der Regierungsrat seinen Dank und seine Anerkennung aus für ausserordentliche kulturelle Leistungen von Privaten und von Institutionen, welche das kulturelle Leben im Kanton in besonderer Weise bereichern. Er ist dotiert mit 20 000 Franken. Eine Auswahl möglicher Trägerinnen und Träger des Kulturpreises wird dem Regierungsrat jeweils von der Kulturkommission des Kantons Thurgau vorgeschlagen.
Weitere Videos von der Preisverleihung
Olli Hauenstein sagt "Danke!"
Am Ende gab es stehende Ovationen für den Preisträger (Bild: Kulturamt Thurgau)
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