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Zukunft wird aus Mut gemacht

Zukunft wird aus Mut gemacht
Auf dem Weg zur spannendsten Museums-Region der Schweiz? Der Thurgau hat in den nächsten 10 Jahren alle Chancen dafür. | © Canva

Neues Personal, neue Häuser, neue Ideen: In den nächsten 10 Jahren steht die Thurgauer Museumslandschaft vor massiven Veränderungen. Warum das für den Kanton eine grosse Chance ist.

Immer gut, mit einer steilen These in einen Text einzusteigen: Der Thurgau wird in den nächsten 10 Jahren zu einer der spannendsten Museumsregionen in der Schweiz. Bäm.

Klingt abenteuerlich, ist aber denkbarer als man heute vielleicht meint. Denn: Die Museumslandschaft im Thurgau steht in den nächsten Jahren vor grossen Veränderungen. Wenn das jetzt alle als Chance begreifen und sich von den anstehenden Umwälzungen nicht entmutigen lassen, dann könnte die Eingangsthese schneller Wahrheit werden als man denkt. Aber eins nach dem anderen.

Es gibt zwei zentrale Baustellen: Die kantonalen Museen einerseits und die kleineren, privaten Museen andererseits. Bei den kantonalen Museen sind es, neben dem geplanten Neubau des Historischen Museums in Arbon, vor allem personelle Veränderungen, die einen neuen Impuls setzen können. Und da wird in den nächsten zehn Jahren einiges passieren: Hannes Geisser (Naturmuseum) und Urs Leuzinger (Museum für Archäologie) sind aktuell mit jeweils 54 Jahren die jüngsten Museumschefs, Markus Landert (Kunstmuseum/Ittinger Museum) mit 62 der älteste Museumsdirektor an den insgesamt sechs kantonalen Museen. Eine neue Generation von Museumsleitern wird nach und nach übernehmen. Nun sind neue Leitungen nicht per se besser oder schlecht als die bisherigen.

Aktuell der älteste Museumsdirektor an den kantonalen Museen: Markus Landert (62) vom Kunstmuseum und Ittinger Museum. Er hat das Museum geprägt. Ein Nachfolger, eine Nachfolgerin wird dies auf seine/ihre Weise tun. Bild: Claudia Koch

Die Neuen können aufbauen auf der Leistung der Alten

Viel mehr ist es gerade die Kombination, die den Vorteil verschafft: Wer auch immer zukünftig die Verantwortung für eines der kantonalen Museen übernimmt, er oder sie kann auf der hervorragenden inhaltlichen Arbeit des/der VorgängerIn aufbauen. Einerseits. Andererseits aber eben auch neue Ideen einbringen, Digitalisierung forcieren und einen neuen frischen Blick auf die gesamte Museumsarbeit werfen. Um dann daraus, neue Formate zu entwickeln, die stärker auf die veränderten Seh- und Erlebnisgewohnheiten des Publikums reagieren.

Natürlich sind Museumsbetriebe heute keine One-Man- oder One-Woman-Show mehr. Aber kluge DirektorInnen können ihr Haus mehr und besser prägen als es jede Museumsstrategie vermutlich könnte. Nicht, weil solche Strategien nichts taugen, sondern weil sie im Alltag viel abstrakter, und damit ungreifbarer sind, als es das konkrete Handeln einer Museumsleitung sein kann. Am Ende kommt es doch auf Persönlichkeiten, auf den Menschen. Und wie sehr sie überzeugen können.

Um geeignete Persönlichkeiten, oder anders gesagt, um die besten Köpfe an die Thurgauer Museen zu holen, wäre der Kanton gut beraten, die Ausstattung seiner Museen so zu gestalten, dass sie ein attraktiver Arbeitsplatz sind: Dass Forschung möglich ist. Dass die Sammlungen gepflegt werden können. Dass Ausstellungen erdacht werden können, die ihr Publikum packen. Und dies alles ohne, dass die Museums-Mitarbeiter vor lauter Aufgaben irgendwann im Burn-Out landen.

Leitet das Museum Rosenegg in Kreuzlingen: Yvonne Istas. Sie ist die erste bezahlte Museumschefin des Hauses. Bild: Inka Grabowsky

Freiwilligenarbeit reformieren und die Städte in die Pflicht nehmen

Auch bei den kleineren privaten Museen geht es viel um Nachfolgeregelungen. Aber nicht nur in der Leitungsposition, sondern vielmehr in der Freiwilligenarbeit. Alle diese Museen würden ohne ehrenamtliches Engagement nicht funktionieren. Hier immer wieder neue Menschen zu finden, die sich einbringen und ihre Zeit einem Museum widmen, wird immer schwieriger. Die Überalterung der Ehrenamtlichen und die knappen Kassen machen das Überleben kompliziert. Die Corona-Pandemie verschärft die Lage weiter.

Hier braucht es entweder neue attraktive Modelle von Freiwilligenarbeit oder Städte und Gemeinden müssen stärker in die Pflicht genommen werden. Andernfalls werden nicht alle Häuser überleben. Schon jetzt gibt es zwei Modelle im Kanton, die Wege vorzeichnen, wie es gehen könnte. In Kreuzlingen hat die Stadt vor vier Jahren Verantwortung übernommen und seine Museumslandschaft durch stärkere finanzielle Unterstützung gestärkt. 380'000 Franken ist das der Stadt pro Jahr wert. Seemuseum, Museum Rosenegg und Bodensee-Planetarium haben auch deswegen heute professionelle Strukturen, die die Arbeit erleichtern und die Zukunft sichern.

Leuchtendes Beispiel: Das MoMö in Arbon zeigt, wie unterhaltsam ein Museum sein kann. Bild: zVg

Wege aus der Museums-Misere

Ein anderes Beispiel ist das Saurer Museum in Arbon. Die Stadt unterstützt hier in geringerem Masse, das Museum hat sich eher aus sich heraus neu entwickelt. Dank finanzieller Unterstützung der chinesischen Eigentümer der heutigen Saurer-Gruppe und dem unermüdlichen Wollen und Antreiben des Museumsleiters Ruedi Baer. Der Lohn dafür: In Sachen Digitalisierung ist das Saurer Museum im Kanton heute ein Vorreiter. Oder: Das MoMö. Ebenfalls in Arbon. Finanziert von der Saftfirma Möhl. Kaum ein anderes Museum in der Ostschweiz ist so gut bei der unterhaltsamen Vermittlung von Wissen. Das zeigt: Es gibt Wege aus der Gegenwarts-Misere für Museen.

Wenn man es also klug und mutig anstellt, dann liegt in den anstehenden Umwälzungen eine gehörige Chance für den gesamten Kanton. Stellt die Politik rechtzeitig die Weichen richtig, dann kann der Thurgau in 10 Jahren zur spannendsten Museumsregion der Schweiz werden. Zu einem innovativen, interdisziplinären und experimentierfreudigen Labor, in dem man ausprobieren und zeigen kann, was gute Museumsarbeit im 21. Jahrhundert ausmacht und wie eine ganze Region davon profitieren kann. Es wäre nicht weniger als die Neuerfindung des Kantons jenseits des Apfels.

Warum es am Geld nicht scheitern kann

Das Schöne daran: Es ist eine Vision, die tatsächlich Wirklichkeit werden kann. Wenn man denn will. Am Geld dürfte es jedenfalls nicht scheitern: 171 Millionen Franken (127 Millionen aus dem Verkauf der Anteile der Thurgauer Kantonalbank, 44 Millionen aus dem Lotteriefonds) liegen bislang beim Kanton ungenutzt herum. Worauf also noch warten? Das Apfel-Image hatten wir doch jetzt lang genug.

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