von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 15.07.2018
Wer kommt nach Nix?
In Konstanz wird am 19. Juli der Nachfolger von Theaterintendant Christoph Nix gewählt. Zwei Bewerber sind noch im Rennen. Es könnte spannend werden.
Einer der interessantesten Termine der neuen Woche findet ohne Frage am Donnerstag, 19. Juli, statt. Dann wählt der Konstanzer Gemeinderat in einer nicht-öffentlichen Sitzung einen neuen Intendanten für das Theater Konstanz. Das ist nach inzwischen fast 12 Jahren der Intendanz von Christoph Nix mit viel Getöse und intensiver Reibereien mit der Lokalpolitik nicht irgendeine Personalie. In dieser Entscheidung liegt auch die Antwort auf die Frage, wie sich das Haus, das sich gerne als die älteste bespielte Bühne Deutschlands rühmt, in Zukunft entwickeln soll. Der Vertrag von Christoph Nix wurde über 2020 hinaus auch deshalb nicht verlängert, weil er manchem Entscheider in der Stadt offenbar zu sehr auf die Nerven ging mit seinem Bestreben auch das Lokale politisch zu verstehen. Dabei war es unter anderem das, was das Konstanzer Theater für die Bevölkerung so relevant machte: Es setzte sich nicht nur mit den Dramen der Welt, sondern auch mit seiner unmittelbaren Umgebung auseinander. Wird das in Zukunft auch noch möglich sein? Oder nimmt Kulturbürgermeister Andreas Osner das Theater enger an die Leine?
Karin Becker vs. Frank Behnke
Die Antwort darauf wird massgeblich von Nix' Nachfolger beziehungsweise Nachfolgerin abhängen. Die verbliebenen zwei Kandidaten aus einer grösseren Bewerberschar sprechen zumindest dafür, dass das Theater weiter ein Ort des Diskurses bleiben wird. Nach Recherchen von thurgaukultur.ch sind dies Karin Becker, aktuell künstlerische Betriebsdirektorin am Hamburger Thalia-Theater, und Frank Behnke, Schauspieldirektor am Theater Münster. Becker kommt wohl auf Empfehlung von Uli Khuon, dem Intendanten des Deutschen Theaters Berlin. Beide kennen sich aus früheren Zeiten. Khuon war zudem selbst von 1988 bis 1993 Intendant am Theater Konstanz.
Karin Becker stammt aus Stuttgart, ist seit fast 30 Jahren im Theaterbetrieb. Angefangen mit der Württembergischen Landesbühne Esslingen, dem Jura Soyfer Theater in Wien und dem Theaterhaus Stuttgart arbeitete sie später am Schauspiel des Staatstheaters Stuttgart als Produktionsleiterin und Disponentin. Sie leitete verschiedene Produktionen unter anderem für Regisseure wie Sebastian Nübling, Martin Kuséj und Uli Jäckle. Selbst Regie geführt hat sie nie. Nach der Zeit als Produktionsleiterin am Deutschen Schauspielhaus Hamburg war sie von 2009 bis 2015 künstlerische Betriebsdirektorin und stellvertretende Geschäftsführerin am Schauspiel Hannover unter der Intendanz von Lars-Ole Walburg. Seit November 2015 ist sie künstlerische Betriebsdirektorin am Thalia Theater.
In Konstanz könnten bald 3 Frauen auf Führungspositionen sitzen
Ihr Konkurrent Frank Behnke ist gebürtiger Hannoveraner und studierte Literaturwissenschaften im Schwerpunkt Theater und Medien an der Universität Hamburg. Seit Beginn der neunziger Jahre arbeitet er kontinuierlich als Dramaturg und Regisseur. «Engagements führten ihn unter anderem an die Landesbühne Niedersachen in Wilhelmshaven, als leitenden Schauspieldramaturg an das Theater Osnabrück und in gleicher Funktion an das Schauspielhaus in Hamburg. Wichtigste künstlerische Station war das Staatstheater Nürnberg, wo er zehn Spielzeiten stellvertretender Schauspieldirektor und Chefdramaturg war», heisst es auf der Internetseite des Theater Münster. Seit 2012 ist Behnke dort Schauspieldirektor. Seine Hamlet-Inszenierung wurde 2013 von nachtkritik.de unter die 10 besten Inszenierungen deutschlandweit gekürt.
Wer am Ende am Donnerstag die Nase vorn haben wird, ist derzeit kaum zu sagen. Beide sollen eine sehr gute Lösung für Konstanz sein, sagen Leute, die an der Auswahl beteiligt waren. Allerdings: Sollte Karin Becker gewählt werden, könnte etwas Besonderes passieren: Dann sässen erstmals auf drei wirkmächtigen Positionen in der Stadt Frauen: Kerstin Krieglstein ist bereits zur Rektorin der Universität Konstanz gewählt worden, ebenso startet Insa Pijanka ihr Amt als Intendantin der Südwestdeutschen Philharmonie im Januar 2019. Sollte Becker am Donnerstag also tatsächlich gewählt werden, fehlte zur Vervollständigung eines Quartetts eigentlich nur noch, dass Konstanz mal eine Oberbürgermeisterin bekommt. Die nächste Chance dafür bietet sich schon bei der OB-Wahl 2020.
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