von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 17.10.2022
So geht’s den Kinos im Thurgau
2021 war ein schweres Jahr für Filmtheater: Erneut kamen nur halb so viele Zuschauer:innen wie vor der Pandemie. Allerdings: Jetzt deutet sich eine Wende an. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Die beste Nachricht für Kinofreunde kam in den vergangenen Wochen aus Frauenfeld: Das Schlosskino wird nicht für immer geschlossen, sondern ein neuer Besitzer führt das Filmgeschäft an der Schlossmühlestrasse weiter. „Ich freue mich sehr über die Übernahme und auf das Publikum in Frauenfeld“, sagte Hansjörg Beck, der neue Betreiber.
Beck ist nicht neu im Kinogeschäft, ihm gehören bereits Filmtheater in Rapperswil und Gstaad. Gemeinsam mit seinem Bruder Michael und ihrer Cinévision GmbH leitet er ab 1. Dezember das Frauenfelder Ein-Saal-Kino. Über seine Pläne mit dem Schlosskino wolle er noch nicht im Detail reden, dazu bedürfe es noch einiger Gespräche, sagte Beck im Gespräch mit thurgaukultur.ch
Ungewöhnliche Übernahme
Auch ohne Details ist die Übernahme ungewöhnlich: Gibt ein Betreiber ein Kino auf, fällt es oft schwer jemanden zu finden, der das Geschäft übernimmt. Oft bedeutet es das komplette Aus für einen Kino-Standort. Erst recht, wenn die Lage am Kinomarkt ist, wie sie seit der Pandemie ist: sehr schwierig.
Becks Vorgänger im Schlosskino Frauenfeld hatte nach 18 Jahren aufgegeben. «Es kommen zu wenig Leute. Die letzten beiden Pandemiejahre haben uns den Rest gegeben.», sagte Constans Schmölders gegenüber dem SRF. Eine Erholung des Geschäfts sei noch weit entfernt. Sein Kino in Weinfelden, das Liberty, werde er aber weiter betreiben.
Pandemie hat das Thurgauer Kino-Publikum halbiert
Es kämpfen vor allem kleine Ein-Saal-Kinos wie das kommerziell ausgerichtete Frauenfelder Schlosskino ums Überleben. Und das nicht auch erst seit Corona: Die Zahl der Ein-Saal-Kinos hat schweizweit in den vergangenen 20 Jahren von 250 auf 157 abgenommen, ein Minus von 37 Prozent, wie Zahlen des Bundesamt für Statistik belegen.
Die Pandemie hat die Lage für alle Kinos weiter verschärft. Das sieht man auch an den Besucher:innen-Zahlen aus den Thurgauer Kinos: Nach dem Einbruch im ersten Corona-Jahr folgte keine Erholung - viele Zuschauer:innen blieben auch 2021 lieber Zuhause. Insgesamt verzeichneten die Thurgauer Kinos und Open-Air-Kinos 2021 nach Zahlen der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau rund 66'500 Eintritte. Das sind gerade mal halb so viele wie 2019, also vor der Corona-Pandemie. Gleichzeitig fanden 2021 wieder mehr Filmvorführungen statt als im ersten Corona-Jahr.
Trendwende im Arthouse-Kino?
Die Lage bleibt also angespannt. Trotzdem gibt es inzwischen auch erste Hoffnungszeichen. „Wir hatten tatsächlich in den letzten Wochen wieder die Anzahl Zuschauer, wie im langjährigen Schnitt und in einer Woche sogar darüber“, sagt Beat Oswald, Präsident des Vereins Filmfreunde Frauenfeld, der das Frauenfelder Programmkino Cinema Luna betreibt. Ist das schon eine Trendwende? Kann sein, muss aber nicht. Denn: Der Trend ist noch jung: „Bis vor den Sommerferien war es karg. Es kamen deutlich weniger Leute“, erinnert sich Oswald.
Insgesamt sei der Verlust an Eintritten im Luna aber immer kleiner gewesen als im gesamtschweizerischen Durchschnitt, so Oswald. „Dies führen wir einerseits auf unser treues Stammpublikum zurück und auch darauf, dass wir nicht den Schwankungen im Zusammenhang mit grossen Blockbustern ausgesetzt sind. Unsere Strategie des konsequenten Arthouse-Kino-Programmes scheint sich also hier auszuzahlen“, glaubt der Luna-Präsident.
«Unsere Strategie des konsequenten Arthouse-Kino-Programmes scheint sich auszuzahlen.»
Beat Oswald, Präsident Cinema Luna
Zuversicht auch in Romanshorn
Eher zuversichtlich blickt auch Andrea Röst vom Kino Roxy in Romanshorn in die Zukunft: „Die Menschen haben ihre Gewohnheiten verändert, trotzdem glauben wir an die Einzigartigkeit des Kino-Erlebnisses. Es sind interessante, spannende, ungewöhnliche, unverpassbare, einzigartige und unterhaltsame Filme im Angebot, die unbedingt im einzigen Kino im Oberthurgau gesehen werden müssen! Und die Besucher kommen - wir danken ihnen!“, schreibt die Roxy-Geschäftsführerin auf Nachfrage von thurgaukultur.ch
Das klingt ganz ähnlich wie das, was der neue Schlosskino-Betreiber Hansjörg Beck gegenüber dem SRF gesagt hat. «Das Kino wurde schon oft tot gesagt» so Beck damals. Er glaube aber, dass die Menschen weiterhin ausgehen wollen, um Filme zu sehen und nicht einfach nur zu Hause zu sitzen. «Kino bleibt ein attraktives und verhältnismässig günstiges Angebot.»
Überschaubar: Die Thurgauer Kinolandschaft
Mit vier Kinos und drei grösseren sowie diversen kleineren Open-Air-Kinos ist die Kino-Landschaft im Thurgau überschaubar. Die vier Kinos in Frauenfeld (Cinema Luna, Schlosskino), Romanshorn (Roxy) und Weinfelden (Liberty) bieten insgesamt 841 Sitzplätze, unterteilt in 7 Säle. Während der Sommermonate wird dieses Angebot durch drei grosse Open-Air-Kinos in Arbon, Frauenfeld und Kreuzlingen sowie etliche kleinere Freiluftkinos ergänzt. Zudem findet jährlich ein Teil des Pink-Apple-Filmfestivals in Frauenfeld statt.
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