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von Anabel Roque Rodríguez, 23.11.2021

Mehr Vielfalt für Frauenfeld

Mehr Vielfalt für Frauenfeld
Anna Villiger ist die neue Kuratorin der Stadtgalerie Baliere in Frauenfeld. | © Anabel Roque Rodriguez

Anna Villiger ist seit Oktober neue Kuratorin in der Frauenfelder Stadtgalerie Baliere. Sie will Grenzen überwinden: Ölgemälde sollen in ihrem Programm ebenso Platz haben wie Streetart. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Es ist erst der zweite Monat für Anna Villiger und noch kann sie sich langsam an ihre neue Aufgabe in der Stadtgalerie Baliere herantasten, da ihre Vorgängerin Carole Isler noch bis Ende 2022 das Programm organisiert hat. Einen Vorgeschmack auf die Art von Ausstellungen, die sie danach organisieren möchte, hat sie aber bereits im vergangenen Oktober gegeben. Dort hat sie den Frauenfelder Grafiker und Street-Art-Künstler Oliver Frei eingeladen, die Baliere zu bespielen.

Des Weiteren wird es im März 2022 eine Ausstellung mit jungen Frauenfelderinnen geben. Mit ihrem eigentlichen Programm dürfen wir aber erst 2023 rechnen.

Die Vorbereitungen dazu laufen jedoch bereits wie sie verrät. «Für die Zukunft würde ich gerne experimentelle Dinge wagen, wie zum Beispiel interdisziplinäre Ausstellungen, die die Sinne anregen. Das Programm setzt sich zusammen durch von mir angefragte Künstler:innen und ausgewählte Personen, die sich über das Amt für Kultur der Stadt Frauenfeld für die Ausstellungsräume bewerben

«Es braucht Orte, wie die Baliere oder Initiativen wie KAFF, damit Leute auch im Thurgau zusammenkommen, sich austauschen und vernetzen können.»

Anna Villiger, Kuratorin

Mit der Baliere hatte sie bereits Ende 2020 Kontakt durch ihr Engagement bei dem Kulturlokal  KAFF, einem vielfältigen Kulturverein, der alternative Kultur fördert und in dem Anna Villiger mittlerweile Vizepräsidentin ist. So organisierte sie im Namen des KAFF gemeinsam mit Oliver Frei die Gruppenausstellung «nonkonform» in der Baliere.

Der Gewinn der Ausstellung floss in die Crowdfunding-Kampagne, in der Geld für den vom KAFF geplanten Kulturpavillon gesammelt wurde. Wenn der Bau reibungslos abläuft, wäre das Ziel, ab Herbst 2022 einen Kulturort mit regelmässigem Konzert- und Veranstaltungsbetrieb in Frauenfeld zu betreiben.

Das Engagement beim KAFF zeigt schon, dass Anna Villiger gerne etwas bewegen möchte und es ihr ein Anliegen ist, Kultur genau hier in Frauenfeld zu machen. «Durch meine Arbeit beim KAFF habe ich viele Gleichgesinnte kennengelernt, aber auch von Vielen mitbekommen, wie sie nach Winterthur oder Zürich ziehen. Es braucht aber junge Leute hier, die etwas bewegen und so vielleicht auch andere junge Leute animieren zu bleiben. Es braucht Orte, wie die Baliere oder Initiativen wie KAFF, damit Leute auch im Thurgau zusammenkommen, sich austauschen und vernetzen können.»

Die Wohnungssuche brachte sie nach Frauenfeld

Dabei war es eher ein Zufall, dass sie in Frauenfeld gelandet ist. Als sie vor 8 Jahren die Grafikfachklasse an der F+F Schule für Kunst und Mediendesign besuchte, suchte sie nach einer bezahlbaren Wohnung und scheiterte mit dem Anliegen sowohl in Zürich als auch in Winterthur. In Frauenfeld wurde sie fündig und fand schnell Anschluss.

«Ich möchte, dass das Programm divers ist und sich auch im Alter vermischt. Das Interdisziplinäre liegt mir am Herzen, ich bin auch nicht abgeneigt mit Musikschaffenden zusammen zu arbeiten.»

Anna Villiger

Wenn es um die Visionen von der Baliere geht, soll es weiter so vielseitig bleiben: «Es soll ruhig Mal einen Monat Streetart geben und im nächsten dann Ölgemälde. Ich möchte, dass das Programm divers ist und sich auch im Alter vermischt. Das Interdisziplinäre liegt mir am Herzen, ich bin auch nicht abgeneigt mit Musikschaffenden zusammen zu arbeiten — wobei sich die Räume dazu vielleicht nicht ganz so gut eignen — grundsätzlich habe ich einfach Lust darauf Dinge mit interessanten Menschen zu organisieren und es Vielen zu ermöglichen hier ihre Kunst auszustellen.»

Ein Potpourri an unterschiedlichen Positionen liegt dem Programm sowieso zu Grunde, denn Kunstschaffende können sich direkt beim Amt für Kultur bewerben, Anna Villiger wählt also aus den eingereichten Bewerbungen aus.

Die Kuratorin arbeitet auch auch als DJ

Neben ihrer Arbeit in der Baliere und ihrem Engagement bei KAFF arbeitet sie inzwischen immer professioneller als DJ mit klar queer-feministischen Werten.

Im Interview hatte Anna Villiger gestockt bei der Nennung ihres DJ Namen Yung Porno Büsi, denn er soll auf keinen Fall «ein älteres Publikum vom Besuch in der Baliere abhalten». Ein Satz, der zeigt wie ernst sie ihre Arbeit nimmt und unterstreicht, dass es ihr um Werte und Inhalte geht. Die Tradition soll nicht von der Innovation verschreckt werden.

HipHop ist die andere Leidenschaft von Anna Villiger

Im Rahmen ihrer musikalischen Tätigkeit hat sie schon Performances mit Jessica Jurassica gemeinsam gemacht. In der Regel legt sie aber alleine auf und spielt dabei Musik von Frauen und queeren Menschen sowie sexpositive Musik. «Ich habe immer viel Hip Hop gehört. In meinen Jugendjahren gab es einfach wenig weibliche Vorbilder mit denen ich mich identifizieren konnte. Heute ist das anders. Obwohl Hip-Hop immer noch ein männerdominiertes Musikgenre ist, gibt es immer mehr FLINTAQ (Frauen, Lesben, inter_, nichtbinäre/genderqueere, trans*, asexuelle, agender und queere) Personen die sich ihren Platz auf Bühnen erkämpfen. Das möchte ich unterstützen.»

Es gibt viele Überschneidungen mit Claude Bühler und vor allem die Auffassung, dass die Musik und der HipHop im Speziellen, zu sehr von patriarchalen Strukturen geprägt ist und sich das ändern muss und man Dinge nur gemeinsam verändern kann.

«Ich möchte gerne auch ein jüngeres Publikum ansprechen und es würde mich freuen Leute anzusprechen, die sonst keine Ausstellungen besuchen.»

Anna Villiger, Kuratorin

Der Wunsch nach Diversität soll auch ihre kuratorische Arbeit beeinflussen «Die Ausstellungen sollen wenigstens zur Hälfte von Frauen* bespielt werden, wenn nicht sogar mehr Frauen* zeigen. Ich möchte gerne auch ein jüngeres Publikum ansprechen und es würde mich freuen Leute anzusprechen, die sonst keine Ausstellungen besuchen.»

Die nächste Ausstellung in der Stadtgalerie eröffnet am 25. November. Dann gibt die Ostschweizer Künstlerin Sonja Kopp Roth einen Einblick in ihre vielschichtigen Werke und ihrer experimentellen Auseinandersetzungen mit Kunst und Natur.

 

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