von Judith Schuck, 13.01.2025
Lachen gegen die Weltlage
Für Freund:innen von Kabarett und Comedy wartet das KIK-Festival 2025 mit vollem Programm. Der Raummangel in Kreuzlingen könnte für das kommende Jahr zu einer Pause führen. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)
Das Leben einmal andersherum erzählt, vom Sterbebett zurück zur Geburt – ein äusserst witziges und erwärmendes Gedankenexperiment, das der Comedian Michael Elsener bereits im Herbst beim thurgaukultur-Jubiläum im Apollo Kreuzlingen durchspielte. Wer den Preisträger des Swiss Comedy Awards 2024 (nochmals) live erleben möchte, bekommt dazu beim KIK-Festival 2025 die Chance, welches am 15. Januar startet und bis zum 9. Mai 14 Veranstaltungen auf dem Programm hat.
Seit über 20 Jahren gibt es das „Kabarett in Kreuzlingen“ bereits. Sein Gründer Micky Altdorf erhielt 2023 für sein ehrenamtliches Engagement, feinen Humor in die Grenzstadt zu holen, den Prix Kreuzlingen. Er blickt zufrieden auf die diesjährige Programmauswahl: Darunter viele Preisträger:innen und fünf Schweizpremieren mit Michael Krebs (13. März), Ingo Börchers (15. März), Helene Bockhorst (21. März), Christoph Sieber (1. Mai) und Florian Schroeder (9. Mai).
KIK kann mit den Grossen mithalten
Auch wenn das KIK nicht kompakt, sondern auf knapp vier Monate verteilt stattfindet, könne es mit den grossen Schweizer Kabarettfestivals wie den Oltner Kabaretttagen oder dem Arosa Humorfestival inhaltlich mithalten, findet Altdorf. Um zumindest zum Start den Festivalcharakter aufleben zu lassen, beginnt das KIK geballt mit vier Aufführungstagen am Stück im Dorfzentrum Bottighofen.
Den Auftakt gibt am 15. Januar Fabian Unteregger. Der promovierte Mediziner und Radiomoderator der SRF-Sendung Zum Glück ist Freitag steht seit längerer Zeit wieder mit eigenem Programm auf der Bühne. Vielmehr einem Tryout, denn „Fachkräftemangel“ ist noch in der Bearbeitung. Micky Altdorf findet es gerade spannend, Vorpremieren oder Tryouts zu besuchen, um sie später mit dem fertigen Programm zu vergleichen: In dieser Zeit passiere meist noch sehr viel.
Die Karten für den deutschen Kabarettisten Rolf Miller sind bisher besonders begehrt im Vorverkauf. Miller tritt am zweiten Abend auf mit „Wenn nicht wann dann jetzt“. Auf ihn folgt am 17. Januar Michael Elsener, studierter Politikwissenschaftler, den Micky Altdorf vor allem für seine humorvollen Spitzen mit Kommentaren zur aktuellen Politik schätzt. Müslüm, „Helfetischist“ mit türkischen Wurzeln, nimmt die Schweizer Eigenheiten unter die Lupe, begleitet vom Gitarristen Roman Nowka.
Festivalcharakter zum Start
Bereits im vergangenen Jahr begann das KIK-Festival mit mehreren aufeinanderfolgenden Spielabenden, erstmals im Dorfzentrum Bottighofen. Die Besucherzahlen waren eher mässig. Dennoch möchte der Verein KIK diesen Festivalcharakter zum Saisonstart beibehalten.
Das Dorfzentrum Bottighofen bietet Platz für 300 Zuschauende, welche zumindest im vergangenen Jahr nicht voll ausgeschöpft wurden. Von der Gemeinde Bottighofen sei das KIK „mit Kusshand“ aufgenommen worden, sagt Micky Altdorf beim Pressetermin, schliesslich trügen die Comedy-Abende zur erwünschten Belebung des Dorfzentrums bei.
Weitere Spielstätten für dieses Jahr sind das Kult-X, das mit 100 Plätzen vergleichbar mit dem früheren Theater an der Grenze ist, und das Dreispitz Kulturzentrum mit 500 Plätzen, beide in Kreuzlingen. Die Ränge wirklich voll zu bekommen wird auch bei Comedy-Veranstaltungen immer schwieriger: „Seit Corona sind die Zuschauer:innenzahlen stark zurückgegangen“, so Micky Altdorf, „ausser bei Grössen.“
Die Schere geht immer weiter auf
Ziel des Vereins sei es auch nicht unbedingt den Dreispitz voll zu bekommen. „Ich bin kein kommerzieller Veranstalter. Ich finde es spannend, Kleinkunst auf die Bühne zu holen.“ Gleichzeitig ringe der Verein ums Überleben.
Ein weiteres Phänomen, das der erfahrene Veranstalter seit der Pandemie beobachtet, ist, dass die Schere zwischen den Künstler:innen, die „durch die Decke gehen“, und denen, die sich durchkämpfen, immer grösser wird. An die Grossen sei es für ihn schwieriger heranzukommen, da sie von Agenturen in die Grossstädte gebucht würden.
Räume werden Mangelware
Hinzukommt die Raumfrage, die das Festival in den kommenden Jahren vor grosse Herausforderungen stellt: Das Dorfzentrum Bottighofen wird in den kommenden drei Jahren wegen Umbauten nicht bespielbar sein, ebenso das Kult-X.
Die Aula der Pädagogischen Maturitätsschule, welche früher gerne fürs KIK genutzt wurde, kann wegen der vielen dort stattfindenden Veranstaltungen auch nicht mehr genutzt werden. Bleibt das Kulturhaus Apollo, was für den Verein wegen der Raummieten und den fehlenden Bareinnahmen finanziell wiederum kaum wenig lukrativ ist.
Gründe, weswegen das KIK im 2026 vielleicht eine Pause einlegen wird. Um so dringender, sich für die diesjährigen Veranstaltungen Karten zu sichern. Wer es gerne lokal mag, sollte zum Thurgauer Abend am 6. Februar ins Kult-X kommen, denn dort stehen Thomas Götz und Musiktherapeut sowie PMS-Prorektor Daniel Steger gemeinsam auf der Bühne mit „Ein Casting“.
Nicht immer nur Witze machen
Das noch neue Format Comedy im Grenzbereich steht für den 22. März auf dem Plan. Hier treten Kabarettist:innen aus Deutschland und Schweiz gegeneinander an, Reena Krishnaraja gegen Retto Jost und Christin Jugsch gegen Jochen Prang. Das gesamte Programm gibt es unter kik-kreuzlingen,
Es ist eine ausgewogene Mischung aus deutschen und schweizerischen Künstler:innen, dieses Jahr männlich dominiert, dafür mit Helene Bockhorst, die neben vielen Comedians, die regelmässig zum KIK kommen, erstmals am Kreuzlinger Festival teilnimmt. Sie testet den Spagat zwischen Humor und Tiefgang aus und geht mit ihrem Programm „Nimm mich ernst“ der Frage nach, ob man auch mal keine Witze machen darf.
Der Vorverkauf läuft über die KIK-Homepage, die Bodan AG Buchhandlung und Papeterie in Kreuzlingen oder per Telefon +41 71 672 11 11.
Von Judith Schuck
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