von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 28.05.2020
Hereinspaziert!
Kinos und Theater dürfen ab 6. Juni wieder öffnen. Eigentlich. Die Thurgauer Häuser gehen mit der Vorgabe sehr unterschiedlich um. Eine Übersicht.
Cinema Luna: „Wir sind extrem erleichtert“, sagt Luna-Programmchef Christof Stillhard. Mit den jetzt fest gelegten Vorgaben könne das Frauenfelder Arthouse-Kino umgehen. Am Samstag, 6. Juni, will das Kino wieder öffnen. Rechts und links von Kinogästen oder Kinogästegruppen muss mindestens ein Sitz frei bleiben, nur ein Teil der Sitzplätze kann also verkauft werden. Abstandsregeln, Hygienekonzept, Spuckschutzscheibe und bargeldlose Zahlmöglichkeiten - all das wird neu sein für BesucherInnen im Luna.
Im Re-Startprogramm des Cinema Luna
Geschäftsführerin Noemi Signer arbeitet intensiv daran, dass zum 6. Juni alles passt. „Es ist ein wahnsinniger Aufwand, aber wir sind froh, dass wir wieder Filme zeigen können“, sagt Christof Stillhard. Zum Auftakt will er unter anderem „The perfect candidate“ von der saudi-arabischen Regisseurin Haifaa Al Mansour und den Schweizer Film „Mare“ von Andrea Štaka zeigen. Offen ist noch, ob das Open Air Kino Frauenfeld in diesem Sommer stattfindet.
«Es ist schön, dass wir wieder starten können.»
Andrea Röst, Geschäftsführerin Kino Roxy (rechts im Bild, links daneben: Vreni Schawalder, ehemalige Vereinspräsidentin
Roxy: „Es ist schön, dass wir wieder starten können“, sagt Andrea Röst, Geschäftsführerin des Kinos Roxy in Romanshorn. Auch hier gehen die Türen am Samstag, 6. Juni, wieder auf. „Wir haben das Glück eines grossen Saals. Die Abstandsregeln kann man da gut einhalten. Und auch der Rest der Vorgaben ist für uns machbar“, sagt Röst. Mindestens ein Sitz muss zwischen den BesucherInnen frei bleiben, wenn sie nicht zu einer Gruppe gehören. Die weiteren Details will man im Roxy in den nächsten Tagen klären. Das aktuelle Programm will Andrea Röst demnächst auf der Internetseite des Kinos veröffentlichen. Bis zum 12. Juli bleibt das Roxy dann geöffnet, danach beginnt die übliche Sommerpause. Im September startet dann die neue Saison.
Liberty Weinfelden & Schlosskino Frauenfeld: „ Obwohl man schon ab dem 6. Juni Kinos aufmachen darf, wird das Liberty Cinema erst am 10. Juni öffnen. Für das Schlosskino Frauenfeld gibt es noch keinen fixen Termin“, sagt Mato Prosenik, Kinoleiter des Frauenfelder Schlosskinos. Das genaue Sicherheitskonzept soll erst noch entstehen. Sicher ist schon: Im Schlosskino soll die gesamte Theke mit Spuckschutz gesichert werden.
Und: „Wir werden ohne Pause spielen, was für grosse Umsatzeinbussen sorgen wird“, erklärt Prosenik. Damit es zu so wenig wie möglich Kontakten kommt, sollen Tickets vor allem online verkauft werden. Ein Softwarehersteller arbeite gerade an einem Programm, das automatisch dafür sorgen soll, dass benachbarte Plätze nicht verkauft werden. Um weiteren Kontakt zu vermeiden, sollen die BesucherInnen nach Filmende den Kinosaal durch den Notausgang verlassen.
«Wir werden ohne Pause spielen, was für grosse Umsatzeinbussen sorgen wird.»
Mato Prosenik, Kinoleiter Schlosskino Frauenfeld
Theaterwerkstatt Gleis 5: Die Frauenfelder Theatergruppe zeigt sich kreativ in der Krise. Zwar musste die für September geplante Ländleroperette „So oder so!“ auf das nächste Jahr verlegt werden. Stattdessen soll die Ostschweiz aber nun mit einem mobilen Programm bespielt werden. Das erklärte Judith Zwick auf Nachfrage von thurgaukultur.ch „#Lockdown. Geschichten aus dem Decamerone“ soll die Open-Air-Inszenierung demnach heissen mit der die Theaterwerkstatt vom 8. bis 30. August als Wandertheater auf Tour sein will.
Im Zentrum: Giovannis Boccaccios Novellen, die in der Zeit der Pest spielen. Das Motto dabei: „Ein paar Bretter, eine gute Geschichte – Theater auf das Wesentliche reduziert, ohne Firlefanz.“ Als Spielorte sind Frauenfeld, Kreuzlingen, Wil, Pratval, Berneck und Romanshorn geplant. Die genauen Spieltermine stehen noch nicht fest. Die Proben beginnen bereits am 2. Juni. Begleitet werden soll der Decamerone an den Wochenenden mutmasslich von dem Erfolgs-Puppenstück „Der Sängerkrieg der Heidehasen“. Was aus der für diesen Winter geplanten Inszenierung „Der Gott des Gemetzels“ (Regie: Leopold Huber) wird, ist noch offen.
Open Air statt Operette: Theaterwerkstatt geht auf Tournee
Theater Bilitz: „Bei uns ändert sich durch den Entscheid nicht viel“, sagt Bilitz-Chef Roland Lötscher. Die Saison wäre ohnehin am 15. Juni geendet. „Wir fahren jetzt kein Spezialprogramm für ein paar Tage hoch, weil es jetzt möglich ist“, sagt Lötscher. Stattdessen bereite man sich auf die neue Spielzeit ab Herbst vor.
Mitte September stünde die erste Schulvorstellung im Theaterhaus Thurgau wieder an. „Aber wie genau das stattfinden kann, das wissen wir im Moment auch noch nicht, das werden wir in den nächsten Wochen klären“, sagt der Theaterleiter. Viele der Vorgaben seien derzeit auch noch vage. Ziel sei es bis Herbst ein Konzept zu finden, das im Theaterhaus umsetzbar sei.
Theater Jetzt: Oliver Kühns Sirnacher Recherchetheater meldet sich ebenfalls zurück aus der Lockdown-Pause. «Mundschutz hin oder her - es muss ja mal weitergehen», schreibt Kühn in einer E-Mail. In den kommenden Monaten stehen verschiedene Projekte auf der Agenda des Theater Jetzt. Bereits ab 12. August kann man das Theater Jetzt zum Beispiel in St. Gallen antreffen. «Wir sind da zu Gast bei der Produktion «Seelig» zum 10-Jahr-Jubiläum vom Cirque de loin auf dem Rondelle der LokRemise», sagt Oliver Kühn.
Im September geht es weiter im Toggenburg. Das Theater Jetzt nimmt dort an dem Kunstprojekt «Freie Republik Bad Hemberg» der Kunsthalle Toggenburg teil. Am Original-Schauplatz will Oliver Kühn das Morddelikt des Säufers Jakob Lieberherr von 1931 in ein anderes Licht rücken. (Premiere 6. September 2020. Kurhaus Bad, Hemberg). Im Herbst wird das Theater Jetzt auch im Thurgau präsenter: Kühn startet seinen Kinderfilmclub «Mollys Filmpalast» dann auch im Cinema Luna. Und ab 20. November (Premiere Militärkantine St. Gallen) will Oliver Kühn mit der Produktion «Trainingslager» durch die Ostschweiz touren.
See-Burgtheater und Schlossfestspiele Hagenwil könnten stattfinden
Open-Air-Theater: Nach den neuen Lockerungs-Massnahmen könnten die Freiluft-Inszenierungen des See-Burgtheater Kreuzlingen (16. Juli bis 5. August) und die Schlossfestspiele Hagenwil (ab 5. August) im Prinzip stattfinden. Veranstaltungen mit bis zu 300 ZuschauerInnen sind erlaubt. Inwieweit die nach wie vor einzuhaltenden Abstandsregeln die Projekte unwirtschaftlich machen, weil nicht alle Plätze verkauft werden können, ist noch unklar. Das See-Burgtheater will dennoch spielen, nur die Premiere wurde ein paar Tage nach hinten verschoben - vom 9. auf den 16. Juli. Sicher ist inzwischen auch - die Schlossfestspiele Hagenwil finden statt - vom 5. August bis 5. September. Der Ticket-Vorverkauf beginnt am 6. Juni.
Übersicht: Was jetzt alles wieder erlaubt ist:
Die Theater jenseits des Thurgau
Theater St. Gallen: Nach der Aufhebung des generellen Theater- und Konzertverbots per 6. Juni starten das Theater und das Sinfonieorchester St.Gallen zum lang erhofften Saisonfinale. Bereits ab 9. Juni soll es in der Altstadt und im Stadtpark Open-Air-Produktionen der vier Sparten Musiktheater, Tanz, Schauspiel und Konzert geben, heisst es in einer Medienmitteilung. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen soll gratis sein.
Am 9. Juni geht das Theater mit seinem Schiffscontainer vor dem Stadthaus in der St.Galler Altstadt vor Anker. Die Mitglieder des Schauspielensembles bieten mit der Lesereihe Reisen im Kopf im Theater-Container die Möglichkeit, sich gefahrlos in die entferntesten Flecken der Welt hinaus zu träumen. Gelesen wird im Inneren des Containers, das Publikum befindet sich draussen. Am 9. Juni um 12.30 Uhr fällt der Startschuss, die Reihe dauert bis zum 24. Juni.
Ab 11. Juni soll die Outdoor-Arena auf der Stadtparkseite des Theaters während eines Monats mit Produktionen aus den vier Sparten Musiktheater, Tanz, Schauspiel und Konzert bespielt werden. „An dieser Reihe mit dem Titel Parkspiele präsentieren Mitglieder der verschiedenen Ensembles im Stadtpark jeweils eine knapp einstündige Produktion. Insgesamt stehen rund zwanzig Vorstellungen auf dem Programm. Das detaillierte Programm gibt es auf der Website des Theaters.
Theater Konstanz: Die Münsterfestspiele sollen am 4.Juli starten. Gezeigt wird das Stück „Hermann, der Krumme oder die Erde ist rund“. Eine Würdigung des mittelalterlichen Gelehrten Hermann von Altshausen. Eigens für das Stück hat das Theater ein Hygienekonzept erstellt.
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