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Adrian Bleisch gibt Galerie auf

Adrian Bleisch gibt Galerie auf
Im Herbst gab es noch eine Jubiläumsausstellung, jetzt schliesst Adrian Bleisch seine Galerie in Arbon. | © Michael Lünstroth

Schluss nach mehr als 30 Jahren: Im Februar 2025 schliesst der Kunstliebhaber seine Galerie in Arbon für immer. Am Ende war der wirtschaftliche Druck zu gross. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Kurz vor Weihnachten ereilt die Kulturschaffenden und das kulturinteressierte Publikum im Thurgau eine schlechte Nachricht: Adrian Bleisch wird seine Galerie an der Arboner Grabenstrasse schliessen. „Eine Galerie ist für mich auch ein Ort des Kunstmarktes. Die Balance zwischen Verkauf und Ausstellungen war in den letzten Jahren nicht mehr gegeben“, erklärt Bleisch im Gespräch mit thurgaukultur.ch 

Deshalb zieht er nun die Konsequenz und hat seine Räume in Arbon auf Ende Februar 2025 gekündigt. Seine Neugier auf Kunst sei immer noch da, sagt Bleisch, aber die Miete war zuletzt offenbar doch eine zu grosse Belastung. „Ich möchte lieber mit Freude aufhören als mit Schulden“, sagt der Galerist.

Die negative wirtschaftliche Entwicklung habe sich in den vergangenen Jahren Stück für Stück verschärft. Neben den geringer werdenden privaten Verkäufen hätten sich auch zunehmend Unternehmen, Banken und Spitäler aus dem Kunstmarkt zurückgezogen. Die wirtschaftlichen Krisen haben offenbar auch hier Spuren hinterlassen.

„Ich will nicht mein eigener Mäzen werden!“

Adrian Bleisch, Galerist

In den vergangenen Jahren hatte sich die Galerie von Adrian Bleisch einen Namen gemacht als ein Ort, der sich leidenschaftlich um das zeitgenössische Kunstschaffen aus der Ostschweiz kümmert. Viele Künstler:innen aus der Region hatten bei Bleisch eine Heimat gefunden. Gegenüber thurgaukultur.ch hatte Adrian Bleisch sein Engagement für lokale Künstler:innen mal so erklärt: „Es gibt hier einen so grossen Reichtum an vielseitigen Werken, da muss man gar nicht weit reisen. Ich bin immer wieder überrascht, wie abwechslungsreich die Szene hier ist.“

Aktuell ist eine Ausstellung von Conrad Steiner zu sehen. Damit schliesst sich in gewisser Weise auch ein Kreis. Auch die allererste Ausstellung von Adrian Bleisch zeigte Arbeiten von Conrad Steiner. Die jetzige Schau bleibt bis zum 4. Januar (Finissage, 13 bis 16 Uhr) geöffnet. Der letzte Vorhang fällt dann vom 18. bis 25. Januar mit einer „Accrochage“ betitelten Kurzschau. Der Begriff Accrochage bezeichnet Ausstellungen aus den eigenen Beständen einer Kunstgalerie. 

 

Sagt zum Abschies leise Servus: Adrian Bleisch schliesst seine Galerie mit dem Künstler mit dem erst sie auch eröffnet hat: Conrad Steiner. Bild: Peter Leutert

Der Kreis schliesst sich mit Conrad Steiner

Meist werden dabei Werke verschiedener Künstler gezeigt, wobei die Kunstwerke manchmal auch in Anwesenheit des Publikums gehängt werden. Zum Abschluss bei Adrian Bleisch werden Arbeiten von Roland Dostal im Mittelpunkt stehen. Im Februar erfolgt schliesslich der Rückbau der Räumlichkeiten, Ende Februar ist die Galerie endgültig Geschichte. 

Über die Frage, wie schwer ihm diese Entscheidung gefallen sei, muss Bleisch kürz nachdenken: „Zwischendurch war es schwer, aber es ist gut so wie es ist. Ich kann in einem guten Moment aufhören“, so der Galerist. Letztlich gebe er ja auch nur die Räume auf. Die Galerie als Form bleibe erhalten. Die Vernunft habe bei der Entscheidung gesiegt: „Ich will nicht mein eigener Mäzen werden!“, sagt Bleisch.

 

„Ich werde die Kunst nicht ganz aufgeben. Das kann ich gar nicht, dazu hat sie zu viel Suchtpotenzial für mich.“

Adrian Bleisch, Galerist

„Ich werde die Kunst nicht ganz aufgeben. Das kann ich gar nicht, dazu hat sie zu viel Suchtpotenzial für mich“, sagt Bleisch. Vielleicht brauche es auch neue Formen der Kunstvermittlung. Darüber wolle er sich in den nächsten Wochen Gedanken machen. Für ihn sei dieses Ende auch eine Chance auf einen Neuanfang. Für was auch immer. Bleischs Leidenschaft für Kunst reicht jedenfalls weit zurück in die Vergangenheit. 

Noch in der Lehrerausbildung, am Lehrerseminar in Zug, hatte er angefangen Ausstellungen zu organisieren. Das gefiel ihm so gut, dass er beschloss, Kunstgeschichte zu studieren. Aber dann wurde er Vater und entschied sich für den wirtschaftlich sicheren Weg und wurde Lehrer. Bis heute arbeitet er als Pädagoge, inzwischen als Schulleiter in Amriswil. 

Wie der Galerist zur Kunst kam

Die Prägung stammt wohl aus der Kindheit. „Meine Eltern haben manchmal auch Bilder gekauft. Wir haben uns darüber auch kritisch auseinander gesetzt. Ich habe nicht immer verstanden, weshalb sie viel Geld für ein bisschen Farbe auf Leinwand ausgegeben haben“, blickt Adrian Bleisch zurück. Er wollte verstehen, was es auf sich hat mit dieser Kunst und begann sich selbst fortzubilden. Er las über Kunst, Epochen, Stile und einzelne Künstler:innen. „Das hat mich fasziniert“, beschreibt der 56-Jährige seinen Einstieg in die Kunstwelt. Danach liess ihn die Kunst nie wieder los, er hatte immer das Gefühl, dass ohne sie sein Leben ärmer wäre. 

Als sich 1994 die Räume im Arboner Bohlenständerhaus auftaten, ergriff er schliesslich die Chance zur Galeriegründung. 23 Jahre später, 2017, zog er dann um in die heutigen Räume an der Grabenstrasse. Programmatisch war seine Galerie nie festgelegt, aber es gab einen sehr klaren Fokus auf Künstler:innen aus der Ostschweiz. Genau das wird ab März 2025 besonders fehlen. Ein Verlust für das Thurgauer Kulturleben.

 

Die letzte Ausstellung in der Galerie Adrian Bleisch widmet sich dem Werk von Conrad Steiner. Zu sehen noch bis zum 4. Januar. Bild: Peter Leutert

 

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