von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 25.03.2024
«Das neue Museum in Arbon muss priorisiert angegangen werden»
Grossratswahl 2024: Die Parteien im Kulturcheck. Die FDP sieht aber auch Handlungsbedarf beim Kunstmuseum. Sie will die Vielfalt der Thurgauer Kulturlandschaft erhalten. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Welches sind die aus ihrer Sicht wichtigsten Kultur-Projekte der neuen Legislatur?
Der Erhalt der Vielfalt. Die Thurgauer Museumslandschaft ist mit den kantonalen Museen und der klugen Zusammenarbeit mit privaten Trägern (Beispiel Schulmuseum Amriswil, wo mit den Verantwortlichen des Kantons spannende und nachhaltige Projekte entwickelt werden, zum Beispiel die Digitalisierung des umfassenden Bestandes) vielfältig und spricht die unterschiedlichsten Interessen an. Das ist wichtig. Es braucht kantonale Leuchttürme, aber es braucht eben auch lokales und regionales kulturpolitisches Engagement. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Sanierung und Optimierung des Kunstmuseums in der Kartause Ittingen und die Weiterentwicklung vom Werk 2 in Arbon.
Welche Schwerpunkte wollen Sie in der Kulturpolitik in der neuen Legislatur setzen? Was ist Ihnen besonders wichtig?
Das kantonale Kulturamt macht eine hervorragende Arbeit, die es zu unterstützen gilt. Neben dem Erhalt der Vielfalt, unter anderem in der Museumslandschaft, soll sich der Thurgau als Kanton mit einem qualitativ ansprechenden und eigenständigen Kulturangebot zeigen. Die Inhalte zählen.
Sollen Kunstmuseum und Ittinger Museum wie geplant saniert und erweitert werden?
Ja. Das ist dringend nötig. Vierzig Jahr wurde nicht saniert. Zudem ist eine geringfügige Optimierung wichtig. Dies sollte dann wieder für viele Jahre gelten. Das Kunstmuseum hat schweizweit ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt kein Kunstmuseum, welches in solch eine Anlage eingebettet ist. Dies ermöglicht inhaltlich neue Zugänge. Der Sammlungsschwerpunkt «Aussenseiterkunst» wird nur von sehr wenigen Museen gepflegt. Auch hier gilt es, die Einzigartigkeit zu bewahren. Kunstmuseen gibt es viele, unser Kunstmuseum ist einmalig und passt zu unserem Kanton. Es ist ein Juwel.
«Kunstmuseen gibt es viele, unser Kunstmuseum ist einmalig und passt zu unserem Kanton. Es ist ein Juwel.»
FDP Thurgau
Ist der Neubau des Historischen Museums in Arbon immer noch richtig?
Ja. Es ist das neue historische Museum. Das historische Museum Frauenfeld bleibt. Der «Neubau» eines Museums für die jüngere Vergangenheit unseres Kantons eröffnet einmalige Möglichkeiten, das Erbe unserer jüngeren Vergangenheit mit zeitgemässen, modernen, spannenden Mitteln erleben, erfahren, wertschätzen zu können. Die Geschichte in Frage stellen zu dürfen, Schlüsse für die Gegenwart und Zukunft ziehen zu können. So stellen wir uns dieses neue Museum vor. Es ist eine wichtige Ergänzung zum bestehenden Angebot in Frauenfeld.
Kann der Kanton die geplanten Ausgaben bei der Sanierung und Erweiterung der verschiedenen kantonalen Museen stemmen?
In den letzten acht Jahre wurden jeweils die Investitionsziele nicht erreicht hat, was wesentlich zum «Investitionsstau» beiträgt, den wir heute haben. Nun wird es nur mit einer breit abgestützten und priorisierenden Planung möglich sein, alle Investitionen – auch jene für die Museen - anzugehen. Wichtig sind konsensuale Lösungen und das gemeinsame Verständnis, dass Investitionen nicht gestrichen, aber zeitlich neu geplant werden müssen.
Ist eine weitere Etappierung der einzelnen Massnahmen notwendig? Falls ja, welches Projekt würden Sie priorisieren: Kunstmuseum & Ittinger Museum? Historisches Museum in Arbon (Museum werk zwei)?, Sanierung Schloss Frauenfeld? Napoleonmuseum am Arenenberg?
Die Frage kann noch nicht beantwortet werden. Es braucht dazu eine umfassende Auslegeordnung der Regierung, die alle Investitionen umfasst. Wir sind als Politiker der Legislative und somit Vertreter der Thurgauer Bevölkerung dafür verantwortlich, die Interessen aller zu berücksichtigen und einzuordnen. Beim Historischen Museum in Arbon handelt es sich allerdings um eine Neuentwicklung, die aus unserer Sicht aus diesem Grunde priorisiert angegangen werden müsste.
Angesichts der finanziellen Haushaltsentwicklungen: Befürworten Sie in der kommenden Legislaturperiode Kürzungen im kantonalen Kulturbudget? Falls ja - in welchem Bereich?
Es wäre unlauter, diese Frage einfach mit ja oder nein zu beantworten. Generelle Budgetkürzungen in der laufenden Rechnung über alle Bereiche sind eher abzulehnen. Es geht vielmehr darum, die verschiedenen Ansprüche wie Bildung, Kultur, Sport, Soziales usw. nicht gegeneinander auszuspielen, sondern faire Lösungen zu finden. Was die Kultur betrifft, so verfügt sie bereits über ein verhältnismässig kleines Budget. Kultur - ob aktiv gestaltet, zum Beispiel in Vereinen, oder passiv erlebt - ist für den Zusammenhalt der Menschen zentral.
«Es wäre unlauter, diese Frage einfach mit ja oder nein zu beantworten.»
FDP Thurgau zur Frage, ob sie Kürzungen im kantonalen Kulturbudget befürwortet
Nach Zahlen des Bundesamt für Statistik aus dem Jahr 2019 liegt der Thurgau mit rund 28 Millionen Franken (Staatshaushalt plus Lotteriefonds) nur auf Platz 14 im kantonalen Vergleich bei den Kulturausgaben. Investiert der Kanton ausreichend Geld in die kulturelle Infrastruktur und das kulturelle Leben im Kanton?
Betrachtet man die anstehenden Aufgaben und erfüllt der Kanton diese auch, so kann diese Frage mit Ja beantwortet werden.
Jahr für Jahr fliessen mehr Mittel in den kantonalen Lotteriefonds als daraus für kulturelle oder gemeinnützige Zwecke genutzt werden. Aktuell liegen rund 52 Millionen Franken im Lotteriefonds. Muss die Vergabe der Mittel aus dem Lotteriefonds reformiert werden?
Die Reform wurde bereits realisiert. Neu werden auch Beiträge an Infrastruktur und bauliche Massnahmen geleistet. Es werden in der nächsten Zeit wohl etliche Gesuche um grosse Beiträge gestellt. Bauliche Massnahmen übertreffen die Projektbeiträge um ein Vielfaches. Auch werden für professionelle Künstlerinnen und Künstler reelle Löhne und Sozialleistungen bezahlt. Das fordert das Kulturamt. Selbstausbeutung darf nicht passieren. Die ganze Gesellschaft profitiert von der künstlerischen Arbeit in Form von Anregung, Inspiration, Gemeinschaftserlebnis, Identität.
Welchen Stellenwert räumen Sie der Kulturpolitik in ihrer politischen Arbeit ein?
Die FDP.Die Liberalen räumen der Kulturpolitik einen hohen Stellenwert ein. Diverse Exponenten engagieren sich beruflich und privat in Gremien und Vereinen für die kulturelle Vielfalt im Thurgau.
SP: «Wir setzen uns ein für eine sozial gerechte Behandlung von Kulturschaffenden»
Grünliberale: «Im Verteilkampf das grosse Ganze nicht aus den Augen verlieren.»
FDP: «Das neue Museum in Arbon muss priorisiert angegangen werden»
SVP: „Neuer Standort für das Kunstmuseum in urbanem Raum“
Die Mitte/EVP-Fraktion: „Mehr Förderung für Kulturvermittlung an Schulen“
Grüne: «Der Kanton muss sich das leisten können!»
Die EDU hat auf unsere Anfrage trotz mehrfachen Nachfragens nicht reagiert.
Wen wählen? Eine Zusammenfassung und Analyse aller Antworten findest Du hier.
So entstand der Kulturcheck
Der Kulturcheck: Wir wollten im Hinblick auf die Kantonsratswahl am 7. April von den bereits im Rat vertretenen Fraktionen wissen, wie sie es mit der Kultur halten. Um ihre Haltung zu verschiedenen Themen abzufragen, haben wir einen Fragebogen entwickelt. In diesem stellten wir zehn konkrete Fragen (beispielsweise zur Zukunft der kantonalen Museen und des Lotteriefonds), aber auch allgemeine Fragen zur Bedeutung von Kulturpolitik und der finanziellen Lage von Künstlerinnen und Künstlern. Drei Wochen hatten alle Fraktionen Zeit, die Fragen zu beantworten.
Wir haben den Fraktionen überlassen, ob sie eine Fraktionsmeinung abgeben oder einzelne Kandidatinnen und Kandidaten zu Wort kommen lassen. Sechs der sieben im Rat vertretenen Fraktionen haben sich die Zeit genommen, auf unsere Fragen zu antworten. Lediglich die EDU antwortete trotz mehrfachen Nachfragens nicht auf unsere Anfrage.
Die Wahl: Am Sonntag, 7. April, wird nicht nur der Grosse Rat neu gewählt, sondern auch die Mitglieder des Regierungsrats stehen zur Wahl. In unserem „Kulturcheck“ konzentrieren wir uns allerdings auf die Parlamentswahl.
Niedrige Wahlbeteiligung 2020: Insgesamt haben sich 55’633 Thurgauerinnen und Thurgauer an den Grossratswahlen 2020 beteiligt. Das sind 32,6 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung. Damit ist die Wahlbeteiligung gegenüber den letzten beiden Wahlen wieder leicht gestiegen. Verglichen mit den Nationalratswahlen im Herbst 2019 (42,4 Prozent) bleibt sie aber auf tiefem Niveau. Am fleissigsten zur Urne gingen die Wahlberechtigten des Bezirks Kreuzlingen (34,6 Prozent). Die tiefste Wahlbeteiligung verzeichnete der Bezirk Münchwilen mit 29,7 Prozent. (Quelle: Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau)
Die Machtverhältnisse im Grossen Rat: Aktuell zählt der Grosse Rat 130 Mitglieder. Die Sitzverteilung lautet derzeit wie folgt: Die SVP hält 45 Sitze, Die Mitte 18, FDP 18, SP 13, Grüne Partei 15, GLP 8, EVP 6, EDU 5, parteilos 1.
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