von Judith Schuck, 12.03.2025
Wie Theaterblitze den eigenen Horizont erhellen

Theater hat die Fähigkeit, uns das Alltägliche und Bekannte aus ganz neuen Blickwinkeln vorzuführen. Das Theater Bilitz hat eine Stückauswahl für Kinder ab 3 und Jugendliche ab 13 Jahren erstellt. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Es geht um banale Alltagsthemen wie Aufräumen, die tägliche Frage nach dem Wetter, Shakespeare Klassiker oder bekannte Grimm-Märchen und um eine vermisste Teenagerin. Mit den Theaterblitzen bringt das Theater Bilitz jedes Jahr ausgewählte Stücke und Eigenproduktionen für die Kleinen, die Mittleren und für die Oberstufe auf die Bühne.
Bereits im Februar starteten die diesjährigen Theater Blitze mit der Premiere einer hauseigenen Produktion in die Saison: „Romeo und Julia“, mal ganz anders. Die Bearbeitung des Shakespeare Klassikers von Magrit Bischof, Werner Bodinek und Ueli Blum stand im Bilitz schon lange auf der Wunschliste.
„Diese Fassung ist eigentlich für zwei alte Schauspielende und einen Musiker“, erklärt Theaterleiter und Regisseur Roland Lötscher. Und weil er im nächsten Sommer seinen Leitungsposten abgibt und die Darstellenden Agnes Caduff und Simon Gisler auch schon eine ganz Weile mit dabei sind, dachten sie sich: „Wir Alten machen das jetzt.“

Romeo und Julia in Flaschenform
Aber sie brauchten einen Grund, um auf der Bühne zu stehen. Darum erfanden sie die Figuren des Kellners Alex (Simon Gisler) und der Köchin Maria (Agnes Caduff), die von ihrer Pause auf dem Hinterhof aus eine Hochzeit im Saal beoachten. Sie machen sich so ihre Gedanken über die Liebe und das Heiraten, Rivalitäten und Streitereien und spielen die Geschichte von Romeo (als Weinflasche) und Julia (als Olivenölflasche) nach.
„Wir wollten den Kindern damit eine sehr spielerische Annäherung an den Klassiker geben“, erklärt Roland Lötscher, der mit der Premiere am 16. Februar voll und ganz zufrieden war. Das Stück ab 7 Jahren konnte im Februar und Anfang März als Schulvorstellung gebucht werden.
Das Ensemble des Zürcher Familientheaters Fallalpha widmet sich mit seiner neuesten Produktion „Ufrume“ einer allseits unbeliebten Tätigkeit. Eigentlich war am Anfang ja alles noch ganz ordentlich. Aber die drei Performer:innen Oriana Schrage, Romeo Meyer und Andi Peter haben je eine ganz andere Vorstellung von Ordnung – und verursachen im Verlauf des 60-minütigen Stücks ein totales Chaos.
„Ufrume“ erhielt im 2024 den Prix Assitej, der Theater für junges Publikum auszeichnet. Das Bilitz war ebenfalls nominiert. „Es ist ein lebendiges Spiel mit Requisiten“, begründet Roland Lötscher seine Wahl. „Wer sagt, wann es genug ist mit dem Aufräumen?“. Ufrume kann als Schulvorstellung gebucht werden und es gibt auch noch freie Termine Ende März.
Video: Trailer zu „Ufrume“
Vorsicht: Lachmuskelkater
Rotkäppchen kennen wirklich alle. Aber so, wie Daniel Wagner vom Theater Zitadelle das Märchen aus der Perspektive des Jägers erzählt, hat es noch nie jemand gehört oder gesehen. „Es ist sehr unterhaltsam und fantasievoll“, verspricht Roland Lötscher. Der Comedian Wagner gibt dabei nicht nur eine Kindervorstellung ab 4 Jahren, sondern zusätzlich eine nur für Erwachsene am 13. Juni im Eisenwerk Frauenfeld.
Mithilfe von seinen Puppen bringt er einen unbekannten Twist in die Geschichte. „Wer keinen Lach-Muskelkater will, soll weniger lachen“, heisst es im Beschrieb. Die öffentlichen Vorstellungen finden am 27. April im Theaterhaus Thurgau Weinfelden, am 11. Mai im Kult-X Kreuzlingen und am 14. Juni im Eisenwerk Frauenfeld statt.
Video: Trailer zu Rotkäppchen
„Wo ist A?“ ist das dritte Stück einer selbstentwickelten Serie von Christina Benz, Sonia Diaz und Roland Lötscher. Die Bilitz-Produktion richtet sich an die Oberstufenschüler:innen ab 13 Jahren. Ein Mädchen wird vermisst. Ihr Verschwinden wirft in ihrem Umfeld unterschiedliche Fragen auf aus Unverständnis, Sorge und Angst. „Wo ist A?“ soll die Jugendlichen zum eigenständigen Denken anregen
„Wir haben das Stück noch einmal aufgenommen, um ihm eine würdige Dernière zu geben“, sagt Roland Lötscher, der im Stück auch mitspielt. Regie führt seine Kollegin Agnes Caduff. Eine öffentliche Vorstellung am 16. Mai im Theaterhaus Thurgau bietet die letzte Chance, die Eigenproduktion zu besuchen.

Bezauberndes Wettermachen
Für „Was macht ds Wätter?“ muss extra ein wasserdichter Boden auf der Bühne eingebaut werden, denn dort wird richtig Wetter gemacht, mit viel Regen, aber auch Sonnenschein. Moritz Alfons ist Wetterwart. Jeden Tag muss er zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, so wie es im Wetterbericht vorausgesagt wird.
Die spielwillige Sonne pumpt er auf, die Wolken wollen aufgehängt werden und auch das Wasser kommt nicht zu knapp und wird in Gummistiefeln hin und her geschüttet. Unter Regie von Emily Magorrian und Luzius Engel entsteht ein reicher Wetterkosmos aus einfachen Mitteln und mit raffiniertem Lichteinsatz. Öffentliche Vorstellung ab 5 Jahren gibt es am 17. Mai im Eisenwerk und am 25. Mai in Weinfelden.
Video: Trailer zu „Was macht ds Wätter?“
Nachdem die Theater Blitze 2024 einen Nachfrage-Tiefpunkt erlebten, ist Roland Lötscher dieses Jahr mit den Buchungen zufrieden. Einige optionale Vorstellungen werden nicht stattfindet, aber es gibt auch ausverkaufte Termine. Ob die Stücke für Schulvorstellungen gebucht werden, hinge sehr vom Interesse der Lehrerschaft ab, sagt der Schauspieler und Bilitz-Gründer Lötscher. Mit seinem Team versuche er den Schulen möglichst wenig Arbeit bereiten. „Die Bilitz-Produktionen sind sehr unaufwendig für die Schulen. Zudem können Gelder vom Kanton beantragt werden.“
Damit die Theatervorstellungen von überall im Thurgau gut erreichbar sind, werden sie in Weinfelden, Kreuzlingen und Frauenfeld aufgeführt. Lötscher betont, dass der Besuch eines realen Theaters enorm wichtig ist als Pendant zur digitalen Medienlandschaft. Beides habe seine Berechtigung in der heutigen Zeit, aber Theater – vor allem im Klassenverband – sei ein wertvolles Erlebnis für die Kinder und Jugendlichen. „Das Schultheater ermöglicht allen Kindern – unabhängig vom Elternhaus – mit Theater in Kontakt zu kommen.“
Alle Termine für die öffentlichen und Schulvorstellungen sind im Programm aufgeführt.

Von Judith Schuck
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