von Brigitte Elsner-Heller, 11.10.2019
Wie die Kultur in die Schulen kommt

Hinter dem Online-Portal „kklick“ steht seit fünf Jahren eine Ostschweizer Initiative von Kulturämtern, um Schulen und Kulturschaffende zu verbinden und Angebote sichtbar zu machen. Netzwerken wird dabei gross geschrieben.
Das hätte sich vor hundert Jahren nicht einmal einer wie Jules Verne träumen lassen, dass uns heute die Reise um die Erde nur wenige Klicks kosten könnte. Das magische „Klick“-Geräusch, das die Welt ein wenig grösser macht, hat sich auch ein Online-Portal auf die Fahnen geschrieben, das sich für die Vernetzung von Kulturvermittlungsangeboten in der Ostschweiz stark macht, konkret: um die Vernetzung zwischen Anbietern und Schulen. Unter www.kklick.ch finden sich seit nunmehr fünf Jahren umfassende Informationen für Lehrende, wo welche Kulturvermittlungsangebote zu finden sind, die in den Lehrplan eingebunden werden können.
Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass hier vier Kantone zusammen arbeiten: „kklick“ ist ein Kooperationsprojekt der Ämter für Kultur der Kantone Appenzell Ausserrhoden, Glarus, St. Gallen und Thurgau – wobei der Kanton Glarus aktuell in diesem Sommer dazugestossen ist. „Als kantonsübergreifendes Netzwerk von Kulturschaffenden, Institutionen, Lehrpersonen, Behörden, Fachstellen und Schulen ist „kklick“ schweizweit einzigartig“, kann man heute stolz verkünden.
„Im Grunde geht es bei der Kulturvermittlung immer um Chancengleichheit.“
Stefanie Kasper, Geschäftsführerin «kklick» im Kanton Thurgau
Martha Monstein, seit 2014 Leiterin des Kulturamts Thurgau, blickt zurück: Bereits bei ihrer Amtsübernahme habe es entsprechende Kontakte zwischen den Kulturämtern der Kantone St. Gallen und Thurgau gegeben. Für das Projekt „kklick“ habe man sich dann zusammengeschlossen, nicht nur der Kosten wegen. Martha Monstein bezeichnet „kklick“ heute als „massgeschneiderte Lösung“ für diese Dienstleistung, die auch in Absprache mit den Schulämtern der Kantone erbracht wird.
Ziel ist es, dass Kulturprojekte selbstverständlich in den Schulalltag integriert werden. Zusätzlich zur Website verbreitet sich „kklick“ auch über einen Newsletter sowie zweimal jährlich über eine gedruckte Broschüre, wobei zurzeit rund 300 Kulturvermittlungsangebote der Sparten Kunst, Baukultur, Literatur, Brauchtum & Geschichte, Musik, Theater, Tanz, Film & Multimedia sowie Natur & Umwelt zu finden sind.
Zielgruppen im Blick
Was die Anbieterseite angeht, sind Qualitätsstandards vorgegeben. Denn wer sich mit seinem Kulturvermittlungsangebot vorstellen möchte (das können Institutionen oder freie Kulturschaffende sein), muss professionell arbeiten und dabei seine jeweiligen Zielgruppen im Blick haben und didaktisch sowie methodisch darauf ausgerichtet sein. Wert gelegt wird darauf, dass die Kinder und Jugendlichen aktiv mit einbezogen werden und so nicht nur zu Konsumenten von Kultur werden. „Interaktiv“, „partizipativ“ und „kollaborativ“ heissen die entsprechenden Zauberwörter.
Wie man zusammen kommt
Das weitere grosse Versprechen heisst „Netzwerken“. In diesem Zusammenhang gibt es sogenannte „Kulturverantwortliche“, das sind Ansprechpartner in Schulen in Sachen Kulturvermittlung. 600 sollen es unterdessen in allen vier Kantonen zusammen sein. Zweimal jährlich werden diese Lehrerinnen und Lehrer dann auf kantonaler Ebene zu Netzwerktreffen eingeladen, wo ein zentraler Austausch möglich ist.
Gerade hat dieses Netzwerktreffen der Thurgauer Kulturverantwortlichen mit mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Seemuseum Kreuzlingen stattgefunden – bisher die grösste Resonanz. Anlass, dass sich auch beim ergänzenden „Marktplatz“ einzelne Gruppen und Institutionen vorstellen konnten. Nicht für alle potenziellen Anbieter ist es allerdings einfach, entsprechende Kulturvermittlungsangebote zu konzipieren. So sagt beispielsweise Richard Tisserand, Leiter Kunstraum Kreuzlingen, dass es schwierig sei, wenn Ausstellungen nur relativ kurze Zeit dauerten, die Planungen für die Schulen dagegen einen längeren Vorlauf erforderten. Hier, beim Netzwerktreffen, hofft er daher auf neue Anstösse.
Chancengleichheit beim Zugang zu Kultur
Womit im Rahmen des Netzwerkens nebenbei auch der Begriff des „Kulturagenten“ noch ins Spiel kommt. Das von „kklick“ unabhängige Projekt „Kulturagent.innen für kreative Schulen“ wurde initiiert und gefördert von der Stiftung Mercator Schweiz in Zusammenarbeit mit den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Bern, Freiburg, St. Gallen, Thurgau, Wallis und Zürich.
Das über vier Jahre laufende Projekt wurde in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen und Thurgau im Sommer 2019 gestartet. Die neuen Kulturagentinnen vorzustellen, ist für „kklick“ Ehrensache, und Bettina Eberhard, die nun an zwei Schulen in Kreuzlingen (Sekundarschule Remisberg sowie Kantonsschule Kreuzlingen) die kulturelle Schulentwicklung begleitet, war folglich auch beim Netzwerktreffen anwesend.
Das Engagement in den Schulen ist gestiegen
„Wir begleiten das, aber nicht in tragender Funktion“, erklärt Stefanie Kasper, Geschäftsführerin von „kklick“ im Kanton Thurgau. Das personelle Netzwerken ist für sie ohnehin das bedeutendste Moment des Projekts „kklick“. So sei das Engagement der Kulturverantwortlichen im Thurgau seit Gründung von „kklick“ vor fünf Jahren von etwa 30 auf 90 Personen gestiegen, und es seien deutlich mehr Förderanträge von Schulen beim Kulturamt eingegangen (siehe unten auch „KOMET: Nach Hause fliehen“). Für Stefanie Kasper geht es im Grunde bei der Kulturvermittlung an Schulen immer um Chancengleichheit – um die von Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen Elternhäusern, die man sonst so nicht erreichen könne. „Es geht darum zu zeigen, dass es diese Welt auch gibt“.
Weiterlesen: thurgaukultur.ch berichtete über das Projekt „Nach Hause fliehen“, das im Rahmen des Wettbewerbs KOMET unter anderem vom Kanton Thurgau gefördert wurde.

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