von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 17.09.2017
Was mich entsetzt hat
Die Art und Weise, wie wir mit- und übereinander reden, prägt die Gesellschaft. Vielleicht hätte das mal jemand Nationalrat und Rorschacher Stadtpräsidenten Thomas Müller vor seinem unsäglichen Interview über Islam und Rassismus sagen sollen
Politiker, so dachte ich bislang, sind geübt darin, differenziert zu denken. Dann las ich das Interview, das der Rorschacher Stadtpräsident und Nationalrat Thomas Müller (SVP) dem "Tagblatt" in der vergangenen Woche gegeben hatte. Und ich war plötzlich nicht mehr so sicher in meiner bisherigen Auffassung. Ehrlich gesagt war ich entsetzt über die unreflektierten, pauschalen, hetzerischen und insgesamt unsäglichen Urteile und Thesen, die Müller in dem Gespräch aufstellte. Dass Brasilien sich seine Zuwanderer aussuche, nannte er "gesunden Rassismus", Islam und Islamismus setzte er fortlaufend gleich, Menschen die anderer Meinung sind als er, sind für ihn nur Blockierer und Journalisten warf er vor, dass sie doch nur gegenseitig alles voneinander abschrieben. Wäre es nur die Medienschelte könnte man noch sagen - ach, komm, vergessen wir das, die Behauptung ist so unoriginell wie falsch.
Wer so redet, gefährdet den sozialen Frieden
Ist das eine nur respektlos, so sind die weiteren Thesen Müllers gefährlich. Im Begehren darum, ein Tabu zu brechen und sich selbst als möglichst harten Hund darzustellen, opfert der Nationalrat die Humanität. Wer in dieser Art und Weise über andere spricht, der trägt entschieden zur Verrohung der Gesellschaft bei. Denn Sprache prägt Gesellschaft und Menschen. Wenn ein Nationalrat und Stadtpräsident so herabsetzend über andere Menschen spricht, dann bleibt das nicht ohne Folgen. Natürlich gibt es viele wie mich, die sich darüber aufregen. Aber es gibt auch viele, die sich durch solche Thesen bestätigt fühlen. Was als unsagbar galt, wird plötzlich sagbar. Zorn, Hass und Verachtung werden so zur neuen Normalität. Es ist wie schleichendes Gift, das sich allmählich immer weiter verbreitet und den gesellschaftlichen Diskurs verrohen lässt. Es macht neue Unterschiede zwischen Menschen auf, zersetzt Gemeinsamkeiten. Kurzum - derlei Gerede gefährdet den sozialen Frieden unserer Gesellschaft.
Deshalb muss man aufstehen dagegen. Klare Haltung einnehmen und sagen: Diskussionen auf diesem Niveau wollen und können wir nicht akzeptieren. Nein zum Hass, Nein zur sprachlichen Verrohung, Nein zur Hetze gegen Andere. Bei allem Respekt Herr Nationalrat Müller: Wer so redet, ist des Amtes nicht würdig.
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