von Stefan Böker, 15.04.2024
Raus aus der Komfortzone
Die „Kulturbühne 2024“ bietet grosse Vielfalt: Die Wiler Kulturtage stehen vor der Tür, mit Veranstaltungen aus allen möglichen Sparten sowie Ausstellungen, Aktionen, Kursen, offenen Ateliers und Proben. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)
Die erste Durchführung der «Kulturbühne» fand 2018 statt. Damals wollten die Veranstalter:innen einen Beweis antreten. Was ihnen erfolgreich gelang. Sie machten klar, dass die Ostschweiz höchstens für Banausen eine «Kulturwüste» darstellt. Beim zweiten Anlauf, das war 2021, ging die Organisation dieses Mammut-Events bereits routinierter vonstatten.
Als grösste Feinde stellten sich weniger Nörgler als die Pandemie und ihre damit verbundenen Einschränkungen heraus. Erst die Kickoff-Veranstaltung, dann die eher publikumsintensiven Anlässe mussten abgesagt werden. Für viele Veranstaltungen galt Zertifikatspflicht. Trotz diesen Erschwernissen wurde die «Kulturbühne» wieder ein grosser Erfolg, von dem die ganze Region profitierte.
Mal die «Range» öffnen
Ab 26. April also die dritte «Kulturbühne». Die Vorfreude darauf ist gross, und die Ankündigungen hören sich selbstbewusst an: «Gemeinsam vielfältig» lautet das Motto in diesem Jahr erneut. Dieses Mal gilt es unter anderem, Kulturfreund:innen aus ihrer Komfortzone zu holen.
Die Gäste sollen sich auf eine kulturelle Entdeckungsreise begeben und unbekannte Orte, neue Kunstformen und interessante Künstlerinnen und Künstler kennenlernen und erleben. Attraktive, kreative und durchaus auch gewagte Darbietungen und Events, die durch Kooperationen von Kulturschaffenden aus unterschiedlichen Feldern entstehen, wurden gesucht und gefunden.
Das nun vorliegende Programm kann sich sehen lassen. Alle 22 dem Verein ThurKultur angeschlossenen Gemeinden beteiligen sich. Insgesamt sind rund 100 Veranstaltungen in 10 Tagen geplant, deren Bandbreite gross ist.
«Gluscht» auf Kultur wecken
Im Gespräch mit thurgaukultur.ch definiert OK-Präsident Mike Sarbach das Ziel in seinen eigenen Worten: «Wir wollen Lust auf Kultur machen. Mich würde freuen, wenn unser Programm kulturfremde Menschen an Veranstaltungen lockt, die sie sonst nicht besuchen würden. Und kulturaffine Menschen dazu bringt, mal etwas Neues zu versuchen.»
Trotz Erschwernissen 2021 sei die «Kulturbühne» zu einem Fixpunkt geworden. «Ich bin froh, dass wir es durchgezogen haben.» Jetzt, da ist er sich sicher, wollen es alle Beteiligten so richtig wissen und Gas geben, ohne Beschränkungen. «Darauf haben wir uns alle gefreut.» Am grössten kulturellen Anlass der Region sind, wenn man alle Helfer:innen mitzählt, etwa 1000 Menschen involviert.
«Auf keinen Fall verpassen möchte ich das Freilufttheater «FAHR.WERK.ö!» am 26 und 27. April in Wil, die A Capella Gesangsgruppe Tuningforks am 3. Mai im Restaurant Schuel Au in Au-Fischingen, das Jahreskonzert der Stadtharmonie Wil am 4. Mai sowie die Zuzwiler Facetten im Gemeindehaus Zuzwil am 5. Mai.»
Was ist neu in diesem Jahr?
Im Grunde greifen die Veranstalter:innen auf das bewährte Konzept der ersten Kulturbühne zurück, verfolgen die Grundidee weiter. Ziel bleibt weiterhin, Identität und Zusammenhalt unter den Kulturschaffenden zu stärken, sichtbar zu machen, sowie die Gemeinden zu motivieren, ihre örtliche Kulturszene zu unterstützen und niederschwellig zu präsentieren.
Niederschwellig ist sowieso ein wichtiges Stichwort. Mike Sarbach, der als Betriebsleiter im Gare de Lion arbeitet, führt «Wil rockt» ins Spiel. Zwei Abende, Bands verschiedener Genres sowie DJs, das alles bei freiem Eintritt. «Niederschwelliger geht nicht», meint er. Schön sei, wenn es zudem gelingt, Kulturfreunde auf Entdeckungsreise in die Dörfer zu schicken.
«Wir wollen vom Fokus auf Wil ablenken. Schliesslich gibt es Kultur in Hülle und Fülle nicht nur im Zentrum. Ob uns das gelingt, wird sich zeigen.»
Mike Sarbach, OK-Präsident
Das Spezielle an der «Kulturbühne» ist eben, keine Veranstaltung wie viele andere zu sein. Sie lebt von der Vielfalt, von den Beiträgen in den beteiligten Gemeinden über 10 Tage hinweg, und bietet etliche Gelegenheiten, mal ausserhalb des Zentrums Wil zu wildern. Ein Beispiel ist die Eröffnungsfeier und die dort gezeigte Ausstellung mit breitem Rahmenprogramm in Kirchberg.
Die offizielle Eröffnungsfeier der «Kulturbühne» für geladenen Gäste findet am Freitag, 26. April, 18 Uhr, im Gewerbehaus in Kirchberg statt. Die dortige Ausstellung eröffnet am Samstag, 27. April, 11 Uhr, und trägt das Motto «Ki keri KI». 14 Künstlerinnen und Künstler stellen aus. Das Rahmenprogramm bietet viel Musikalisches, aber auch Zauberei und Lyrik.
Dass viele Gemeinden relativ selbstständig etwas auf die Beine stellen, konterkariert die gemeinsame Idee nicht, findet Mike Sarbach. Im Gegenteil. «Für die Innovationen sorgen die Künstlerinnen und Künstler, wir geben der Geschichte ein Gesicht», erklärt er die Aufgabe der «Kulturbühne. Das Label soll vereinen und die Botschaft unter die Leute bringen.
An der Front, in direktem Kontakt mit Kunstschaffenden wie auch den bespielten Orten, steht Projektkoordinator Pascal Mettler. Zu Anfangs informierte und motivierte er zur Teilnahme. «Man muss sehr viel Zeit haben und früh anfangen», antwortet er auf die Frage, wie das funktioniert. Dabei ist er in der glücklichen Situation, bei der Organisation auf zahlreiche Kontakte des Vereins ThurKultur zurückgreifen zu können.
Von den eingegangenen Bewerbungen habe das OK keine abgelehnt, sagt er. «Dazu hätte es schon ein rein auf Kommerz aufgerichteter Event sein müssen oder so etwas.» Dass man so in Gefahr laufe, auch Lückenfüller zu präsentieren, denkt Pascal Mettler nicht. Der Kulturbegriff der Kulturbühne ist weit gefasst, da passt auch mal die Guggenmusik hinein, die auf der Strasse ein Ständchen spielt und hinterher zum Instrumente Probieren einlädt.
Menschen zusammenbringen
Pascal Mettler sieht sich als Vermittler. Wer seine Kunst zeigen will, aber keinen geeigneten Ort dafür findet, bekommt von ihm den passenden Tipp. «Menschen zusammenbringen, mein Netzwerk spielen lassen, das kann ich.» So freut ihn beispielsweise besonders, dass er die Band «Doubleneck» am Tag der offenen Tür im Rock- und Pop-Museum in Niederbüren unterbringen konnte.
Dort können sich Interessierte auf eine spannende und emotionale Reise durch populäre Musik entführen lassen, plus Livemusik mit Oldies und Evegreens. Auch dem Plakatmuseum in Schwarzenbach/ Jonschwil konnte er einen musikalischen Beitrag vermitteln. Gesangsschülerinnen und Gesangsschüler der Sängerin Monica Quinter von der Musikschule «musiclife» bringen wunderschöne Musical-und Popsongs zu Gehör.
«Ich will die Lesung von Luc Peier in der Villa Sutter am 2. Mai nicht verpassen. Seine allererste Lesung an einem wunderschönen Ort und zudem eine Kooperation, die ich vermitteln durfte.»
Für Gross und Klein
Von Anfang haben die Organisator:innen ein spezielles Augenmerk auf generationenübergreifende Projekte gelegt. Im Programm schlägt sich das nun durch mehrere Veranstaltungen nieder, die sich auch oder sogar ausschliesslich an Kinder richten, viele Workshops etwa, Lesungen, aber auch Darbietungen wie das Freilufttheater «FAHR.WERK.ö!» oder die Show «Putzfrau Luise macht Zoff im Zoo».
Die «Kulturbühne» ist die Gesamtschau einer Region, für alle, für Gross und Klein. So schliesst Mike Sarbach mit der Hoffnung: «Wer sich mit dem Programm auseinandersetzt, sollte mindestens zwei, drei ansprechende Sachen finden. Ob die Person diese dann auch besucht, wird sich zeigen.»
Mehr zum Programm
Das Programmheft bietet einen Überblick über alle Veranstaltungen im Rahmen der Kulturbühne 2024. Zum Download auf www.kulturbuehne2024.ch
Von Stefan Böker
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