Seite vorlesen

von Jana Mantel, 19.05.2025

Über die Liebe im Herbst des Lebens

Über die Liebe im Herbst des Lebens
Max (Joe Fenner) und Margot (Cornelia Montani) überlegen, ob sie mit ihren Freunden nach Dubai reisen. | © Regina Jäger

Was wird aus der Liebe, wenn man nicht mehr verliebt ist? Die neue Produktion „Max und Margot verreisen“ zeigt es in der Theaterwerkstatt Gleis 5 auf einfühlsame Weise. (Lesedauer: ca. 4 Minuten)

Ob es wohl vierblättrige Kleeblätter gibt auf den Wiesen rund um die Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld? Wahrscheinlich. Sicherlich. Und ganz bestimmt werden auch sie mit Begeisterung gefunden, gepflückt und vielleicht gepresst und aufgehoben. Steht doch der kleine grüne Klee für Glück und das kann man schliesslich immer gut brauchen. 

Ein Glück ist es auch, wenn man Freunde hat. Sich womöglich zu einem menschlichen Kleeblatt zusammengefunden hat und als Vierer-Clique fast schon für unbesiegbar hält, aber mindestens für glücklich. So empfanden es auch die vier jungen Männer, Max, Rene, Richard und Frank, die Freunde wurden und später gemeinsam mit ihren Frauen Ausflüge unternahmen. 

„Weisst du noch, wie wir mit dem Kanu Touren auf dem Bodensee machten, wir fühlten uns frei und übermütig“, spricht Max seine Frau Margot an, die nickt. „Daraus wurden dann im Laufe der Jahre eher Rommeé Abende und Weinproben.“ Doch nun steht eine gemeinsame Reise mit den Freunden nach Dubai an und beide müssen sich für sich allein und gemeinsam nicht nur für oder gegen diese Reise entscheiden...

Ein Stück so pur wie das echte Leben 

Doch bevor es zur Entscheidung kommt, stellen sich beide im Theaterstück „Max und Margot verreisen“ zunächst vor. Er sei pensionierter Architekt, unterbricht Max die Rede seiner Frau und wird von ihr höflich ermahnt, so dass sie von ihrem eigenen Bistro erzählen kann, das sie seit ein paar Jahren führt. 

Gemeinsam erwähnen sie ihren Hund Bobby, der von Margot aus einer Laune heraus gewünscht und von ihrem Mann, den sie zuweilen „Glücklichmacher“ nennt, besorgt wurde. „Er war der einzige Hund im Tierheim, dem es egal zu sein schien, ob ihn jemand abholt oder nicht. Den mochte ich“, so Max und Margot erinnert sich an ihre erste Reaktion. „Mei, ist der hässlich!“ Dennoch haben er und die vielen Auszeit Gassi Runden wohl auch dazu beigetragen, dass das Paar noch zusammenlebt, dabei meistens glücklich und in der nun schon rund 40jährigen Ehe verbunden ist. 

„Max und Margot verreisen“ ist ein wunderbar leises und ruhiges Stück, es ist eine Liebeserklärung an das Leben, ohne dabei rührselig zu sein. Da spielen zwei Menschen auf einer Bühne das Leben nach, in kleinen Sequenzen, die manchmal heiter und zuweilen traurig sind. Jedoch nie dramatisch oder überzogen. 

 

Max erinnert sich an seine drei Freunde Frank, Richard und Rene, die zusammen wie ein Kleeblatt waren. Bild: Regina Jäger

 

Gemeinsame Geschichte: Das sind die Schauspieler:innen des Stücks

Cornelia Montani wächst im Wallis auf und absolviert nach der Wirtschaftsmatura eine Lehre als Journalistin. Nach dem Besuch der Scuola Teatro Dimitri im Tessin gründet sie 1988 zusammen mit Joe Fenner das "Tandem tinta blu". Während 15 Jahren reisen die beiden mit ihren Geschichten und ihrer Musik durch die Schweiz und ins Ausland. 2003 entsteht Cornelia Montanis Erstlingswerk als Autorin und Solistin. Seither spielt sie ihre Eigenproduktionen in verschiedenen Formationen: Solo, Duo, Trio und Quartett. 2012 arbeitet Cornelia Montani erstmals auch als Regisseurin. Cornelia Montani lebt in Stein am Rhein und wirkt in der Kleinkunstszene als Schauspielerin, Musikerin, Autorin und Regisseurin.

Joe Sebastian Fenner lebt in Winterthur als freischaffender Schauspieler, Regisseur und Dozent. Er besuchte die Scuola Teatro Dimitri in Verscio und ist Mitbegründer der Theatergruppen „Tandem tinta blu“ und „Theaterprojekte FennerRey“ sowie der „Theaterwerkstatt Gleis 5“.  Tournéen führten ihn mit Eigenkreationen durch die ganze Schweiz und ins Ausland. Er ist zudem Gastschauspieler neben anderen am Theater Basel, der Tanzcompagnie Flamencos en route, dem Theater Katerland und dem Freilichttheater „Engel und Dorn“. Joe Fenner unterrichtet an der Scuola Teatro Dimitri (seit 2004) und Accademia dell‘Arte, I-Arezzo (seit 2009) aus. Seine Fachgebiete sind theatralische Improvisation, Lesen und Erzählen sowie Clownerie.

Gemeinsam oder einsam?

Die Bühne besteht lediglich aus einem Tisch und zwei Stühlen. Keine zusätzlichen Requisiten, keine Musik, keine Lichtexperimente, so wie das echte Leben auch oft keinen zusätzlichen Schnickschnack bereithält, sondern oft gnadenlos pur daherkommt. 

Max, gespielt von Joe Fenner und Margot, gespielt von Cornelia Montani, brauchen auch nicht mehr als sich selbst auf dieser Bühne. Es ist ihre Sprache und ihre Präsenz, die über 80 Minuten lang ausreicht, um das Publikum spannend zu unterhalten. Dabei springen beide in der gemeinsamen Vergangenheit hin und her und geben uns wortreich sowohl Einblicke in ihr gemeinsames Leben als auch in ihre innersten Gedanken und Gefühle. 

Bin das ich? Wie das Stück dem Publikum den Spiegel vorhält

Zusätzlich halten sie zuweilen dem Publikum den Spiegel vor, indem sie typische Paardynamiken vorleben. „Jetzt lass uns noch ein letztes Mal mit unseren Freunden einen gemeinsamen Ausflug machen“, fordert Margot, obwohl sie selbst keine Lust auf Indoor-Skifahren und 75 Stockwerke hat. Max antwortet, dass für ihn Dubai ein Albtraum und keine Stadt sei, „es reicht mir schon, was ich auf google maps sehe“. 

Doch würde er ihr zuliebe den Irrsinn mitmachen. Beide sind sich schliesslich einig, dass sie eigentlich alt genug seien, um richtige Entscheidungen zu treffen. Das Schlussbild mit einer Umarmung der beiden klingt danach, wobei offenbleibt, wofür oder wogegen sie sich schlussendlich entschieden haben.  

 

Margot hat vor Jahren die Mutprobe gemacht und ein eigenes Bistro eröffnet. Bild: Regina Jäger

Das Männerkleeblatt und die Mutprobe

Dabei ist der Ausgang der Geschichte ohnehin zweitrangig, das Stück lebt von kleinen Sequenzen, die eingestreut werden. Wie zum Beispiel, als Margot französische Chansons anstimmt, in die Max gern einstimmen würde, oder wie Max und Margot das sich ständig streitende Freundes-Pärchen Rene und Rita imitieren oder sich an ihre eigenen Sehnsüchte und kurze Verliebtheiten erinnern im festen Glauben, dass der andere davon keine Ahnung hat; was nicht stimmt. 

Das Männerkleeblatt hat vor ein paar Jahren ein Pärchen, Frank und dessen Frau, durch einen sinnlosen Autounfall verloren. Ein weiterer Freund, Richard, hat seine Frau gegen eine jüngere ausgetauscht. Damit verlor sich scheinbar auch das Glück, das sie in der ursprünglichen Gemeinschaft als Viererfreunde spürten und will sich in der neuen Konstellation nicht mehr so recht einstellen. 

Aus einer Mutprobe entstand einst Margots Bistro, nun stehen neue an. Welche das sind, kann man am nächsten Wochenende in der Theaterwerkstatt Gleis 5 erleben. Dabei lachen und mitfühlen, unter anderem beim Versuch einander Komplimente zu machen. „Ich fühle mich mittlerweile wie ein altes, plumpes Nilpferd“, sagt Margot mehr zu sich selbst und Max kommentiert, „Naja, alt bist du nicht!“ 

Die nächsten Aufführungstermine

Max und Margot Eine Liebesgeschichte. Ohne Ende.

Ort: ​Theaterwerkstatt Gleis 5

Spieldaten:​ Freitag, 23. Mai, 20 Uhr, Samstag, 24. Mai, 20 Uhr, Sonntag, 25. Mai, 17 Uhr

​Preise: Fr. 35.—, Mitglieder: Fr. 30.—, In Ausbildung / KulturLegi: Fr. 25.—

​​Dauer: ca. 80 Minuten ohne Pause

 

Mehr dazu auf der Internetseite des Theaters.

 

Kommentare werden geladen...

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Bühne

Kommt vor in diesen Interessen

  • Kritik
  • Schauspiel

Werbung

Der Kulturpool: Highlights aus den Regionen

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

Offene Stelle Kult-X Kreuzlingen

Das Kult-X Kreuzlingen sucht ab sofort ein Teammitglied (30-40%) für den Admin/Koordinationssupport. Zum Stellenbeschrieb geht es hier:

Dazugehörende Veranstaltungen

Bühne

Max & Margot verreisen

Frauenfeld, Theaterwerkstatt Gleis 5

Kulturplatz-Einträge

Kulturorte

Theaterwerkstatt Gleis 5

8500 Frauenfeld

Ähnliche Beiträge

Bühne

Fortschritte mit Fragezeichen

Ein erstaunliches Stück Theater: Das Momoll Jugendtheater Wil spielt die Uraufführung von Bettina Scheiflingers „Dureschloh“ und stellt spannende Fragen. mehr

Bühne

Junge Schauspieltalente gesucht!

Regisseur Florian Rexer sucht für das Theaterprojekt «Die drei Musketiere» jugendliche Schauspielerinnen und Schauspieler. 14 bis 22-jährige können sich jetzt für das Casting bewerben. mehr

Bühne

Der Garten als Bühne

Das „Festival der Vorgärten“ bringt im Mai Kultur und überraschende Performances in drei verschiedene Thurgauer Quartiere. Los geht es am 10. Mai in Arbon. mehr