von Inka Grabowsky, 12.02.2024
Politik als Show
Zeit für Ergötzliches: Am 15. und 16. Februar werden die Thurgauer und Thurgauerinnen wieder ins Theaterhaus in Weinfelden strömen, um sich vom Kabarettisten Thomas Götz die Welt erklären zu lassen. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
«Das ist das Set. Das machen wir mit der Totale. Jetzt müssen wir es nur noch ausleuchten und dich mit dem Mikro verdrahten, dann geht es los.» Filmemacher Daniel Felix ist in seinem Element. Das Foyer des Theaterhauses Thurgau ist zum Filmstudio geworden. Entstehen soll ein Video zur Grossrats-Wahl im April. «Als Thomas Götz gebe ich ein Seminar für angehende Kantonsräte», lacht der Satiriker und Schauspieler. «Es ist quasi ein neues Berufsfeld für mich, aber es passt: Politiker spielen auch nur ihre Rolle.»
Götz hat das Drehbuch geschrieben, sich die Figuren mit ihren jeweiligen Ticks und modischen Vorlieben ausgedacht. Nun spielt er auch alle Charaktere selbst. Fünfmal also wechselt er die Rolle. Fünfmal trägt er ein anderes Kostüm - ausgewählt aus dem eigenen Kleiderschrank - und gewöhnt sich eine andere Mimik und Gestik an. Das erfordert höchste Konzentration. «Verflixt – ich habe vergessen zu blinzeln. Den Herrn Wirz müssen wir noch mal machen», sagt er dann auch folgerichtig.
Um die nächste Wiederholung bittet Daniel Felix, der drei Kameras gleichzeitig bedient. «Dani ist halt Perfektionist», meint Marta Wechsler, die Lebensgefährtin von Thomas Götz, die heute als Licht- und Ansprechdouble fungiert und bei den Aufführungen die Kassiererin und Garderobiere gibt.
Präzise Detailarbeit
Unverzichtbar auch ihre Aufgabe als erste Zuschauerin. Soll es farbige Scheinwerfer im Hintergrund geben? «Klar», sagt Thomas Götz. «Nein», sagt Marta Wechsel: «Wir stellen doch einen Seminarraum dar. Der muss kahl und langweilig aussehen.» Recht hat sie. Rot und grün werden durch neonweiss ersetzt. Gut drei Stunden dauern heute Abend die Dreharbeiten, im Anschluss muss Daniel Felix noch mindestens einen Tag im Studio investieren, um die Takes zu schneiden, die Spuren übereinanderzulegen und die Anschlüsse zu glätten. Dann erst sind fünf Minuten Unterhaltung fertig.
Da es pro Show drei bis sechs Film-Einspieler gibt, kann man den Arbeitsaufwand ungefähr ermessen. Immerhin kann man die Filme anders als die live vorgetragene Sequenzen auf der Homepage wieder und wieder anschauen. Insofern ist die Arbeit nachhaltig und wendet sich nicht nur an die zweimal hundert Personen, die höchstens ins Theaterhaus passen.
Vier bis fünf Wochen bereitet Götz seinen Doppel-Abend jeweils vor. Die letzten drei Wochen dienen der Produktion. Damit alles aktuell ist, werden die Filme erst zehn Tage vor der Premiere gedreht. «Und Redaktionsschluss für die Live-Texte ist 10 Minuten vor der Aufführung», so Marta Wechsler.
Einige Neuerungen
Die AHV, die Wölfe, die Steuerhöhung und der Hefenhofen-Prozess: An Themen, über die man sich aufregen könnte, mangelt es Götz nicht. «An die Informationen komme ich durchs Zeitunglesen», so der Kabarettist. «Sie umzusetzen ist dann etwas anderes. Wichtig ist aber, dass ich für ein informiertes Publikum schreiben kann, das über Sachen nachdenken will, deren Grundzüge schon bekannt sind.»
Als Bühnenkünstler sei er immer auf der Suche nach neuen Elementen. Die Musik, für die Daniel Steger engagiert wurde, soll zum Beispiel ein grösseres Gewicht bekommen. «Früher diente sie doch vorrangig als Pausenfüller, während ich mich umziehe. Jetzt hat sie eine dramaturgische Funktion wie Filmmusik.» Allerdings werde es vorerst bei einer gemeinsamen Gesangsnummer pro Abend bleiben.
Ausnahmsweise gibt es bei der kommenden Ausgabe keine Gäste. «Das liegt nur am Thema. Sobald es passt, lade ich wieder jemanden ein.» Wegen der Themen gibt es diesmal auch andere Figuren. Fans der Paraderollen kann Thomas Götz aber eine Sorge nehmen: «Die Weltlage erfordert es diesmal eindeutig, dass Napoleon auftritt.»
Termine und Tickets
Karten für «Ergötzliches» am 15. und 16. Februar, 20.15 Uhr im Theaterhaus Thurgau gibt es hier. Sie kosten 38 Franken. Am 18. und 19. April sowie am 19. und 20. September gibt es weitere Ausgaben der Show.
Von Inka Grabowsky
Weitere Beiträge von Inka Grabowsky
- Wann ist ein Mensch ein Mensch? (12.11.2024)
- Wissen macht glücklich (11.11.2024)
- Wirklichkeit ist, was du daraus machst! (07.11.2024)
- «Ich will auch nicht immer in den Abgrund schauen.» (23.10.2024)
- Auf den Spuren des Verbrechens (07.10.2024)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Bühne
Kommt vor in diesen Interessen
- Vorschau
- Schauspiel
- Gesellschaft
- Kabarett
- Comedy
Kulturplatz-Einträge
Ähnliche Beiträge
Herr Fässler besiegt die Angst
Therapeutin trifft auf Zyniker: In der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld ist mit „Herr Fässler und die Stürme der Liebe“ zu erleben, wie sich eine Puppe von ihrer Puppenspielerin emanzipiert. mehr
Problemfamilie mit Wiedererkennungswert
Die Eigenproduktion „Familienidylle“ des theagovia theater zeigt eine Familie im Ausnahmezustand, der vielleicht gar nicht so ungewöhnlich ist. mehr
«Ich will auch nicht immer in den Abgrund schauen.»
Die Schauspielerin und Produzentin Susanne Odermatt hat sich in den vergangenen Jahren als Spezialistin für Dramen einen Namen gemacht. Jetzt bringt sie eine Komödie auf die Bühne. mehr