von Niculin Janett, 14.02.2018
Minua in Romanshorn: So müsste Weisheit klingen
Ihre Musik versprüht eine Weisheit, eine Ruhe, welche auch in den Worten aus dem Munde einer 102-jährigen Dorfältesten schwingen könnte. Die aussergewöhnliche Band Minua war zu Gast in der Reihe "Klangreich" Romanshorn
Von Niculin Janett
Viel zu oft wird ein Konzert oder ein sonstiges musikalisches Ereignis mit dem Erlebnis einer „Reise“ verglichen. Es ist ein einfacher Vergleich, denn die „Reise“ ist ein sehr weiter Begriff, welcher viele Assoziationen zulässt. Eine Gegenüberstellung also, die mit Vorsicht zu geniessen ist. Und trotzdem, vielleicht gerade deshalb, kann ein Konzert der Band Minua als eine Reise beschrieben werden. Eine Reise in all ihren Farben, Facetten und Eigenheiten.
Minua, das Trio bestehend aus den beiden Gitarristen Kristinn Smári Kristinsson und Luca Aaron sowie dem Bassklarinettisten Fabian Willmann, spielte an einem grauen, unwirtlichen Sonntagabend in der Alten Kirche in Romanshorn. Eine doch eher ungewöhnliche Formation die einen, wenn man sich vorher nicht bereits in ihre Musik vertieft hat, nicht wissen lässt, was man klanglich erwarten soll.
In der Tiefe schlummert eine enorme Kraft
Und doch fühlt es sich gleich mit den ersten Tönen an, als ob man eine Band vor sich hat, welche man schon lange kennt. Wie bei einem Gespräch mit einem uralten, erfahrenen Menschen. Die Musik versprüht eine Weisheit, eine Ruhe, welche auch in den Worten aus dem Munde einer 102-jährigen Dorfältesten schwingen könnten. Während man sich wohlig warm aufgehoben fühlt in den Klängen (Sätzen) der Musiker (der Greisin) ahnt man doch, dass da in der Tiefe eine enorme Kraft schlummert, deren Ausmass man erst erahnen kann.
Video: So klangen Minua in Romanshorn live
Und so begibt man sich beim Zuhören tatsächlich auf eine Art Reise durch Klang, Raum und Zeit. In Minuas Musik, schwebend und doch konkret, schwingen gleichermassen Elemente aus Renaissance, Pop, Klassik, Minimal, Avantgarde und nordischer Folklore mit.
Fliessend gleitet ein kompositorisches Element ins andere über, immer eingebettet in eine erstaunlich homogene Klangwolke erzeugt von den drei Instrumentalisten. Improvisierte Abschnitte zerfliessen mit klar ausstrukturierten Passagen und erzeugen eine angenehme Spannung, jedoch immer begleitet von einer grossen, stillen Ruhe. Der Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln ist dabei so subtil in seiner Virtuosität, dass gar nicht wirklich auffällt, wie oft die beiden Gitarristen mit Volume Pedal, Delay, Reverb und anderen elektronischen Effekten arbeiten.
Erinnerungen an Björk und Bon Iver werden wach
Der eine oder andere Zuhörer könnte sich an die Musik von Björk oder Bon Iver erinnert fühlen, einfach ohne deren ausdrucksstarke Gesangsstimmen, versteht sich. Denn auch deren kongeniale Musik arbeitet viel mit diesen langbögigen Klangflächen, welche einen buchstäblich in der Musik versinken lassen. So verschmelzen die drei Instrumente klanglich zeitweise so stark miteinander, dass es in der Kirche beinahe schwierig wird, die verschiedenen Sound-Quellen akustisch zu lokalisieren.
Sowieso scheint ein Ziel der Band zu sein, ein möglichst homogenes, beinahe hypnotisches Klangbild zu erzeugen, welches immer wieder geschickt durch sensible und doch auffällige „Störungen“ verzerrt wird. Wie zum Beispiel eingespielte Soundaufnahmen, von einer Zeit der Band in China stammend.
Video: Minua live in der Alten Kirche Romanshorn
Minua spielt eine Musik, welche viel Aufmerksamkeit fürs Detail verlangt. Diejenigen, die sich auf diese Anforderung einlassen können, werden aber mit einem spannenden, überraschenden und doch merkwürdig heimeligen Klangerlebnis belohnt. Eine Reise in die Ferne, welche aber immer vom warmen Gefühl des Zuhause-Seins begleitet wird.
Weiterlesen:
Zwischen den Welten: Die Konzertreihe „Klangreich“ ist in ihrer 11. Saison. Die ungewöhnlichen Ideen des Programm-Chefs Christian Brühwiler haben die Reihe längst über Romanshorn hinaus bekannt gemacht. Mehr zum Programm der gesamten Reihe "Klangreich" können Sie hier nachlesen: http://www.thurgaukultur.ch/magazin/3358/
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