von Inka Grabowsky, 20.11.2017
Humor-Nahkampf in Sommeri
Sie haben in diesem Jahr den Schweizer Kleinkunstpreis gewonnen. Jetzt brachte das Kabarett-Duo „Schön und Gut“ das Publikum In der Löwenarena Sommeri zum Lachen - und zum Nachdenken über Integration und Migration.
Von Inka Grabowsky
Der Saal war voll: Über 130 Zuschauer überzeugten sich davon, dass „Schön und Gut“ dieses Jahr wirklich zu Recht den Schweizer Kleinkunstpreis gewonnen haben. Die Zuschauer nahmen vorweg, was ihnen Herr Schön alias Ralf Schlatter am Ende des Abends rät: „Geniessen Sie diesen schönen Ort – machen Sie eine Masseneinwanderung nach Sommeri“. Zunächst aber genossen sie die fünfte Folge der Soap-Opera aus dem Emmental mit dem Titel „Mary“, die die Geschichte der beiden Protagonisten Georg Schön und Katharina Gut weitererzählt. Dummerweise scheint ihre Liebesgeschichte einmal mehr auf ein trauriges Ende zuzulaufen, denn Herr Schön will endgültig auswandern. Während er die Emigration plant, soll die Immigrantin Agneta endlich eingebürgert werden. Beide scheitern – wahlweise an der Initiative von Frau Gut oder der Gemeinheit des Gemeindepräsidenten Kellenberger.
Viel Sprachwitz
Der Einbürgerungstest, dem sich Agneta unterziehen will, gibt den Kabarettisten Steilvorlagen für ihre Spässe. Winkelried sagt eben nicht „Freude herrscht“ als er sich bei der Schlacht von Sempach für die Eidgenossen opfert. Und panaschieren bedeutet nicht, ein Panaché nach dem anderen zu kippen, bis man mit einer Strassenlaterne kumuliert. Erst Agnetas Verwirrung macht den Zuschauern klar, dass der Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ auch auf Verstorbene hinweisen könnte. Von „too big to fail“ kommen Schön und Gut schnell zu „too small to save“ – sehr zur Freude des Publikums. Grosse Lacher erntete aber auch eine Wespe, die sich in die Scheinwerfer verirrt. Die beiden Profis auf der Bühne sind nur kurz irritiert, dann bauen sie das aggressive Insekt kurzerhand in die Show ein. „Ist wohl Saison“, sagt Gut. „Im November?“, fragt Schön. „Ja, wegen Klimawandel.“
Hohe Schauspielkunst
Der Merchandise-Tisch am Eingang des Saals bietet Erinnerungsstücke an den denkwürdigen Auftritt – und zugegeben: die Wortspiele wäre es wert, noch einmal nachgelesen oder nachgehört zu werden. Wohlmöglich hat man die eine oder andere Pointe ja verpasst. Doch dabei entgeht einem ein gewichtiger Teil der Kunst von Anna-Katharina Rickert und Ralf Schlatter: Sie wechseln virtuos in Sekundenschnelle die Rolle. Rund ein Dutzend Figuren werden am Ende des Abends die Bühne bevölkert haben. Der Pfarrer entsteht vor unseren Augen, weil Schön die Anzugjacke falschherum trägt und somit plötzlich den typischen Stehkragen hat. Doch es ist letztendlich nicht das umgebundene Kopftuch, dass den Schweizer Schöngeist in die lettische Haushälterin verwandelt. Gestik, Mimik und Sprache hätten die Figuren auch ohne Accessoires erkennen lassen.
Einen Nachteil hat die Charade ohne Requisiten: Rechte Patrioten wie der Gemeindepräsident Kellenberger sind selbstverständlich immer hässlich, dumm und von zweifelhaftem Benehmen, damit man sie leicht wiedererkennt. Wenn Rickert oder Schlatter sich in Kellenberger verwandeln, wird der Bauch herausgestreckt, das Kinn wird vorgeschoben, Eloquenz weicht gestammelten Parolen und die Hand kratzt im Schritt. Schade, dass Extremisten in Wirklichkeit auch mal wohlerzogen, gutaussehend und gebildet erscheinen. So oder so: Die abendliche „Masseneinwanderung“ nach Sommeri hat sich gelohnt.
Video: Das sagen "schön & gut" zum Kleinkunstpreis
Video: Beitrag von arttv.ch über das Duo
Mehr Bilder vom Auftritt in Sommeri (alle Fotos von Inka Grabowsky):
Anna-Katharina Rickert und Ralf Schlatte wechseln virtuos in Sekundenschnelle die Rolle.
Jackett gedreht: Schon ist der Pfarrer fertig. Ralf Schlatter vom Duo "Schön & gut" ist wandlungsfähig.
Anna-Katharina Rickert vom Kleinkunst-Duo "schön und gut" bei ihrem Auftritt in der Löwenarena Sommeri.
Termin: Nächste Vorstellung in der Löwenarena
2. Dezember, 20.30 Uhr: Kimm Trio : „Freigeisttour“
Von Inka Grabowsky
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