von Inka Grabowsky, 07.09.2015
Flatterhaftes Sujet

Im Rahmen der siebten Ausstellung des Fotoforums Kreuzlingen zeigt derzeit Heinz Erismann im Veranstaltungszentrum Dreispitz poetisch verfeinerte Schmetterlingsbilder.
Heinz Erismann ist selbständiger Fotograf aus Rorschach. Vor sieben Jahren hat er sich selbst einen Auftrag gegeben: er wollte Schmetterlinge so fotografieren, wie es vorher noch niemand getan hat. „Gereizt hat mich die Herausforderung, ein so beliebtes Sujet anders darzustellen als üblich“, sagt er.
Forster und Erismann vor einem der Schmetterlingswerke. (Bilder: Inka Grabowsky)
Die Aufgabe erwies sich als anspruchsvoll. Schmetterlinge seien quicklebendige Tiere, so Erismann. „Ich habe gelernt, geduldig zu bleiben, abzuwarten, wohin sich der Schmetterling bewegt und mich ihm nur vorsichtig zu nähern.“ Seine Motive fand er auf Reisen in Thailand, den USA, Italien oder Frankreich. Auch das Schmetterlingshaus der Mainau war für ihn hilfreich.
„Natürlich ist es dort leichter, die Tiere zu finden. Sie kommen ja zu den Futterstellen und sind zahlreich. Gleichzeitig sind aber auch immer viele andere Menschen da, die ein Bild stören können. Und wenn man vier Stunden in dem feucht-warmen Klima zugebracht hat, freut man sich über Kleider zum Wechseln und viel zu trinken.“
„Die Natur ist der Künstler“
Kurator Peter Forster hat die Ausstellung für das Fotoforum Kreuzlingen mit Unterstützung der Stadt organisiert: „Ich kenne Heinz Erismann seit Jahren. Und da wir die Aufgabe haben, professionelle Fotografie aus der Region zu zeigen, passt er ideal in unser Konzept.“ Das Fotoforum wolle sich explizit von Galerien distanzieren, die mit Fotokunst viel Geld machten. „Fotografie ist für mich eher ein Kunsthandwerk als Kunst“, so Forster, der selbst renommierter Fotograf ist. Heinz Erismann stimmt zu: „Die Natur ist der Künstler.“
Das holometabole Insekt
Der Respekt vor der Natur ist ganz im Sinn von Professor Axel Meyer von der Uni Konstanz, der bei der Vernissage zu den „Schmetterlings Poesien“ die Laudatio hält. Der Evolutionsbiologe will Verständnis für die Schmetterlinge wecken. Die Insekten seien durch ihren Lebenszyklus vom Ei über die Raupe und Puppe bis zum erwachsenen Tier zum Symbol für die Wiederauferstehung geworden.
„Der Gestaltwandel – die Holometabolie – wird seit dem 17. Jahrhundert erforscht“, erklärt er. „Früher glaubte man, die Raupe stürbe in der Puppe und würde als Schmetterling wieder zum Leben erweckt.“ Heute könne man sogar nachweisen, dass sich der Schmetterling an Ereignisse aus seinem Leben als Raupe erinnern könne.
Professor Axel Meyer von der Universität Konstanz gab interessante Einblicke ins Leben der Schmetterlinge.
„Wie das möglich ist, ist noch unklar“, so der Professor. Ebenso unklar sei noch, wie sich Schmetterlinge auf ihren zum Teil tausend Kilometer langen Wanderungen orientieren. Das Magnetfeld der Erde sei ebenso in der Diskussion wie eine Art Sonnenkompass. „Wir wissen, dass die Farben der Schmetterlinge zum grössten Teil nicht durch Pigmente, sondern durch Lichtbrechung entstehen.
Wir haben das Gen identifiziert, das für die Muster verantwortlich ist und wir haben verstanden, dass die Farben dazu dienen, Fressfeinde abzuschrecken.“ Trotz aller Forschung gebe es aber noch viele Fragen. „Die Poesie der Schmetterlinge liegt für einen Biologen nicht nur in der Schönheit, sondern auch in den Geheimnissen, die noch verborgen sind.“
Infos
Die Ausstellung im Dreispitz Kreuzlingen ist donnerstags und freitags jeweils von 17 – 20 Uhr geöffnet, samstags von 11 – 14 Uhr. Finissage ist am Samstag, 19. September um 11 Uhr. Heinz Erismann steht dann noch einmal für Fragen zur Verfügung. Die Bilder sind für 250 – 2800 Franken zu kaufen.

Von Inka Grabowsky
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