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von Brigitta Hochuli, 12.03.2015

Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen
Vom Bernhardiner auf Drietrichs Hunde gekommen | © Brigitta Hochuli aus den angegebenen Quellen

Brigitta Hochuli

Es war einmal ein Hund, dem war es ebenso langweilig wie Monti. Den tierischen Hauptdarsteller eines Kinderstücks hatte die Enkelin kürzlich in der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld kennengelernt. Die neue Bekanntschaft war ein Bernhardiner aus einem Kinderbuch, der sein Herrchen arg auf die Geduldsprobe stellte. Am liebsten jagte er Hühner. Beides - die Langeweile wie die Jagd! - überforderte das Verständnis der Zweijährigen.

Aber Hunde gehören zum Alltag, dachte die Omama und griff zu einem Trick. Hunde ohne Ambitionen gibt es beim Maler Adolf Dietrich. Zum Beispiel den Niederlaufhund. Er sitzt so komisch auf dem Gras, als wäre es ein Luftkissen; hinter ihm spiegelglatt der Untersee. „Wiä heisst er denn?“ fragte die Kleine. Wie so oft, war die Grossmutter ratlos und musste recherchieren. Der Niederlaufhund, gemalt 1929, hat wie der Bernhardiner keinen Namen. „Wäm ghört er denn?“, bohrt das KInd. „Me weiss es nöd“. Dietrich habe nie einen Hund besessen, weiss dafür Markus Landert, der Museumsdirektor der Kartause, dafür viele andere und einmal sogar ein zahmes Reh. Zu Vögeln oder Meerschweinchen und Mäusen habe er ein „komplexes“ Verhältnis gehabt. „Marder und Iltisse waren Motive und hin und wieder auch Katzen. So oder so: es ist eine ganze Menagerie...“

Der Niederlaufhund war in Wahrheit eine Hündin. Das Bild war ein Auftragswerk, das dem Auftraggeber nicht gefiel, weil die Dame nicht sitze wie ein richtiger Hund. Das erzählt Dorothee Messmer, die in Ittingen den Nachlass des Malers aufgearbeitet hat und nun als Direktorin des Kunstmuseums Olten eine neue Ausstellung vorbereitet. Ab 9. Mai zeigt sie so viele Dietrich-Bilder wie noch nie, die sie mit Vallotton, Stoecklin, Amiet und anderen Zeitgenossen ergänzt.

Von Markus Landert angestachelt, schauen sich Omama und Enkelin nun in Bildbänden die Menagerie sämtlicher Dietrich-Tiere an. Bis sie auf den zweiten wichtigen Hund kommen. Er ist schwarz und liegt in Dietrichs Stube. „Was macht er do?“ Omama erzählt eine Geschichte und meint, dieser Hund sei eitel und wolle sich gespiegelt sehen. „Hät er au kein Namä?“ Doch! Er hiess Balbo, gehörte dem Käser von Fruthwilen, war ein Berner Sennenhund und ist weltberühmt. Wie die Niederlaufhündin setzte Dietrich auch Balbo auf eine Wiese. Dieses Arrangement gefiel ihm so gut, dass es nicht zu kaufen war. Zum Glück, denn, obwohl Balbo längst gestorben ist, im Museum lebt er heute noch...

***

Quellen:
- Adolf Dietrich, Die Gemälde, Heinrich Ammann und Christoph Vögele, Verlag Wolfau-Druck, Weinfelden, 1994
- Adolf Dietrich, Rudolf Koella, Benteli, 2011
Ich bin der kleine Hund, Ravensburger

Hinweis: Dietrich für Kinder

 

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