von Barbara Camenzind, 27.07.2022
«Wir brauchen wieder junges Publikum.»
Der Thurgauer Perkussionist Fabian Ziegler tourt als Solist über den ganzen Globus. In diesem Jahr erhält er einen der Förderbeiträge des Kantons Thurgau. Anlass genug mit ihm über seine Arbeit zwischen den Welten zu reden. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Lieber Fabian, gratuliere zum Förderpreis. Wie hast du vor, ihn einzusetzen?
Erst einmal ist es sehr schön, dass der Kanton ein Bewusstsein für diese Instrumentengruppe entwickelt hat, das ehrt mich sehr. Vor der Pandemie hatte ich schon viele Projekte im In- und Ausland geplant, jetzt kann ich sie damit natürlich leichter umsetzen. Mir ist es ein Anliegen, auch regional aktiv zu sein.
Kannst du das etwas näher beschreiben?
Einerseits kennt man mich, ich bin ja aus Matzingen. Andererseits bin ich international unterwegs, das macht auch im regionalen Kontext etwas aus. Ende Juni habe ich mit dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns im Rahmen der Konzerte des Swiss Artist Circles in der Kirche Wängi gastiert. Ein Konzert für Kinder, mit der Sprecherin Delia Mayer, die die Texte von Loriot dazu liest. Solche Konzerte sind so wichtig. Mir liegt das junge, auch ganz junge Publikum am Herzen. Ich sehe mich als Türöffner und setze meine Möglichkeiten ein, damit auch Leute ins Konzert kommen, die sonst nicht so leicht den Zugang zu Konzerten dieser Art finden.
«Mich interessiert die Musik, die einen Bezug zur Filmmusik oder zur Elektronik, zum Clubbing hat. Oder mit visuellen Elementen arbeitet, weil so Menschen abgeholt werden können, für die der Gang in den Konzertsaal eine Hürde darstellen kann.»
Fabian Ziegler, Schlagzeuger
Stichwort Türöffner: Du bist sehr viel mit Zeitgenössischer Musik unterwegs, die aus dem angelsächsischen Kontext stammt. Erzähl doch mal darüber.
Ja, das stimmt, die Kompositionen, die ich in Auftrag gebe, oder als Solist spiele, haben weniger mit der seriellen Musik oder der Avantgarde zu tun. Mich interessiert die Musik, die einen Bezug zur Filmmusik oder zur Elektronik, zum Clubbing hat. Oder mit visuellen Elementen arbeitet, weil so Menschen abgeholt werden können, für die der Gang in den Konzertsaal eine Hürde darstellen kann. Wir brauchen wieder junges Publikum. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Neue Musik mehr die abholt, die sie selber spielen, als die, die zuhören. Es braucht Hörerfahrung und einen guten Einstieg. Ich habe grossen Respekt vor Musikerinnen und Musikern, die mit Avantgarde unterwegs sind und diese verbreiten.
Zum Beispiel?
Die Projekte der Pianistin Simone Keller verfolge ich mit grossem Interesse. Es ist beeindruckend, was sie in ihrem Bereich macht, wie sie auf die Menschen zugeht. Sie ist auf ihre Weise auch eine super Türöffnerin für diese ganz spezielle Form der Musik. Der Kanton Thurgau kann stolz sein, was sie vor Ort und international alles leistet.
«Der Kanton Thurgau kann stolz sein, was Simone Keller vor Ort und international alles leistet.»
Fabian Ziegler, Schlagzeuger
Du und dein Instrument, besser gesagt, deine Instrumente: Was ist dir dabei wichtig?
Die Vielfalt ist genial, die Klänge, die Ausdrucksmöglichkeiten, die ich von keiner anderen Instrumentengruppe kenne. Ich bin klar in der symphonischen Perkussion zuhause, als Solist, wie auch als Kammermusiker. Das ist was ganz anderes, aber auch sehr spannend. Mit meiner Musik setze ich mich immer gerne vermittelnd ein. Über die Genregrenzen hinweg, aber in diesem Rahmen. Wenn ich vor allem in Clubs als Schlagzeuger auftreten würde, ginge das nicht so leicht.
Für die Konzertlandschaft des Kantons Thurgau: Was würdest du dir da wünschen?
Schön wäre es, wenn wir im Kanton einen eigenen Konzertsaal hätten, um auch grössere Projekte zu realisieren. Aber zuerst einmal ist es einfach wundervoll, dass der Kanton mich so gewürdigt hat. Die Musik und ihre Vielfalt ist hier wichtig und wird geschätzt.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
«Mit meiner Musik setze ich mich immer gerne vermittelnd ein.»
Fabian Ziegler, Musiker
Zieglers Tournee Tagebuch
Fabian Ziegler schreibt für thurgaukultur.ch regelmässig Kolumnen von seinen Konzertreisen. Zuletzt aus Neuseeland. Alle bisher erschienen Beiträge der Serie sind gebündelt im Themendossier.
Die Porträtserie zu den Förderbeiträgen des Kantons Thurgau
In einer neuen Serie stellen wir alle Gewinner:innen der diesjährigen Förderbeiträge des Kantons vor. Alle Beiträge werden im Themendossier zu den Förderbeiträgen gebündelt. Dort finden sich auch Porträts über frühere Gewinner:innen dieser Förderbeiträge.
Die Preisträger:innen 2022 sind: Hannes Brunner, (bildender Künstler, Zürich), Lea Frei, (Autorin und Illustratorin, St. Gallen), Michael Frei, (Filmemacher, Zürich), Sonja Lippuner, (bildende Künstlerin, Basel), Thi My Lien Nguyen, (bildende Künstlerin, Winterthur) und Fabian Ziegler (Musiker, Matzingen). Zu drei der sechs ausgezeichneten Künstler:innen sind in den vergangenen Jahren bereits Porträts erschienen. Diese Texte verlinken wir hier: Sonja Lippuner, Thi My Lien Nguyen und Fabian Ziegler.
Einmal im Jahr vergibt der Kanton die mit jeweils 25'000 Franken dotierten Förderbeiträge. Sie werden von einer Jury vergeben, die sich aus den Fachreferentinnen und -referenten des Kulturamts und externen Fachpersonen zusammensetzt. Auch in diesem Jahr sei die Anzahl und Qualität der eingegangenen Bewerbungen hoch gewesen, heisst es in einer Medienmitteilung des Kulturamts. Die Jury habe Künstlerinnen und Künstler aus vier verschiedenen Sparten ausgewählt und damit ein breites künstlerisches Schaffen im Kanton und darüber hinaus gewürdigt, heisst es weiter.
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