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von Brigitta Hochuli, 17.05.2016

Mein liebstes Stück

Mein liebstes Stück
Markus Landerts liebstes Stück in der Kartause Ittingen ist im Moment die "Baraque de Chantier" von Olaf Nicolai, an der sich noch viele offenen Fragen kristallisierten. | © Kunstmuseum Thurgau

Zum Internationalen Museumstag am Sonntag, 22. Mai, haben wir Thurgauer Direktorinnen und Direktoren nach dem Alleinstellungsmerkmal ihrer Häuser und ihrem liebsten Stück gefragt. Eine Rund- und Innenschau.

Brigitta Hochuli

Napoleonmuseum: elegant

Beginnen wir mit einem Hauch von Eleganz. Das Napoleonmuseum auf dem Arenenberg besuchen wir, „weil es das anerkannt schönste Schloss am Bodensee“ ist. Sagt zumindest Direktor Dominik Gügel. Momentan präsentiert er Pariser Haute Couture aus der Zeit von Königin Hortense, was alle Besucher bisher begeistert habe. Ob der Pariser Kleiderchic auch bei Gügels privat das liebste Stück im Schrank darstellt, entzieht sich unserer Kenntnis.

Nathalie Harran (li), "kaiserliche Hofputzmacherin" aus Paris, und Christina Egli (re), stellvertrende Museumsdirektorin, präsentieren zwei Kleider aus der aktuellen Ausstellung. Bild: Katja Angermaier

Und hier das detaillierte Programm des Museumstags auf dem Arenenberg

Seemuseum: eines von drei

In einem ebenfalls schönsten Gebäude am Bodensee ist das Kreuzlinger Seemuseum untergebracht, allerdings weniger feudal als die Napoleon-Epigonen nur im Kornhaus einer Burg. Museumsleiterin Ursula Steinhauser mag nicht nur ein liebstes Stück, sondern gleich das ganze erste Obergeschoss. „Die originalen Oldtimer-Segelboote verleihen diesem Raum einen einzigartigen Charakter und laden zum Staunen und Erkunden ein“, sagt sie und macht sich damit vor dem Museumstag hoffentlich nicht über alle Meere auf und davon.

Ursula Steinhauser, Leiterin Seemuseum Kreuzlingen: Selfie mit Lacustre.

Besonderheit in Kreuzlingen: Die Museen Rosenegg, Planetarium und Seemuseum spannen am Museumstag zusammen - mit einer Eintrittskarte für drei.

 

Historisches Museum: machtvoll

Das Historische Museum Thurgau in Frauenfeld übertifft die beiden zuvor beschriebenen, indem es deren Gebäudevorzüge gleichsam verdoppelt: die feudale Eleganz wie die stolze Burghaftigkeit. „Das 700 Jahre alte Schloss Frauenfeld mit seiner machtvollen, einzigartigen Bauweise ist das Hauptobjekt des Historischen Museums Thurgau. Veranstaltungen wie der Mittelaltersonntag umspielen das imposante Bauwerk und die historischen Mauern beherbergen eine modern-elegante, multimediale Schlossausstellung zum Zeitalter der Ritter und Burgen“, schreibt Cornelia Tannheimer, verantwortlich für Marketing und Kommunikation.

Das liebste Stück der Besatzung des Historischen Museums ist - wie könnte es anders sein? - die Hülle. Bild: pd

Den Museumstag begeht das Historische Museum als Mittelaltertag.

Museum für Archäologie: essen und trinken

Sozusagen von der Schlossmauer geworfen geht‘s nun tief ins Archäologische. Entsprechend wirbt Museumsleiter Urs Leuzinger: "Wer hat aus meinem Becherchen getrunken? Das älteste Goldgefäss der Schweiz kann im Museum für Archäologie Thurgau in Frauenfeld bewundert werden. Der internationale Museumstag steht bei uns ganz im Zeichen von Essen und Trinken durch die Jahrtausende. Kommen Sie in unser Lieblingsmuseum!"

Privatdozent Urs Leuzinger hatte durchaus jugendhafte Lust auf ein Selfie und erfreut uns passend zum Motto seines Museumstags mit einem goldenen Becherchen.

Der Museumstag des Museums für Archäolgie ist kulinarisch.

Naturmuseum: Erlebnis für Kinder

Das Thema Gebäudehülle werden wir in dieser Umfrage nicht los. Im gleichen Haus wie das goldene Becherchen findet nämlich auch der Biber Unterschlupf. Hannes Geisser, Direktor des Naturmuseums, schwärmt: „Eines meiner Lieblingsobjekte in unserer Dauerausstellung ist der Nachbau eines Biberbaus samt Ufer. Der Nachbau ist in dieser Form einzigartig in der Schweiz und gibt sowohl über wie unter Wasser Einblick in die uns sonst verborgene Lebensweise des Bibers.“ Das Naturmuseum Thurgau sei immer einen Besuch wert. Die mit dem Prix Expo ausgezeichnete Dauerausstellung zeige mit über 1000 Tier- und Pflanzenpräparaten die ganze Vielfalt der Thurgauer Natur und biete besonders für Kinder viel zum Endecken und Erleben.

Biberbau im Naturmuseum. Bild: Daniel Steiner

Am Museumstag gibt‘s im Naturmuseum Tiergeschichten für Kinder.

 

Schulmuseum: wie anno dazumal

Alte Zeiten ehrt auch das Schulmuseum Mühlebach in Amriswil. „Wer die Gegenwart verstehen will, muss die Vergangenheit kennen; das gilt auch für die Schule!“, meint Geschäftsleitungspräsident Hans Weber. Auch für ihn ist ein Raum das liebste Stück. „Es ist das historische Schulzimmer, und zwar weil es genau so aussieht wie mein Primarschulzimmer in Herten bei Frauenfeld (1946-1951).“

Richard Hunziker (1927-2013), langjähriger Primarlehrer im Thurgau und nach der Eröffnung des Schulmuseums bis kurz vor seinem Tod ehrenamtlich im Betriebsteam tätig. Auf dem Bild ist er im Einsatz mit einer Schulklasse, die das Museum besucht. Bild: zVg

Am Museumstag ist im Schulmuseum unter anderem eine Schreibstube in Betrieb.

 

Ittinger Museen: ganze Universen

Mit „ganzen Universen“ topt Markus Landert alles Bisherige. Das Kunstmuseum Thurgau sei derentwegen immer einen Besuch wert, findet der Direktor. „Einzigartige Kunstwerke eröffnen ganze Universen an faszinierenden Erfahrungen und Erkenntnissen. Die Möglichkeiten sind fast grenzenlos: Auf dem Ittingen Walk von Janet Cardiff lässt sich beim Durchstreifen des Klosters die Verwischung von Fiktion und Realität erleben. Wer sich in Michael Golz' Athosland verirrt, erfährt, dass die Welt eine Konstruktion ist. Beim Entziffern der Texte auf Jenny Holzers Bänken ist es unausweichlich, sich Gedanken über die Beziehung von Medien und Moral zu machen.“

Bei der Erkundung dieser Universen verbänden sich immer intuitives Erkennen und vertieftes Reflektieren, Fühlen und Denken zu einem unteilbaren, zwingenden Ganzen. „Bis uns der Donner von Christoph Rütimanns Blechwand wieder aus der Erstarrung der Erkenntnis löst und wir befreit lachen können!“

Zum Aufsichtsbereich von Markus Landert gehört auch das Ittinger Museum. Es öffne immer wieder neue Blicke auf die Vergangenheit. Das Leben der Kartäuser, ihr Schweigen, ihre Konzentration und ihre zielgerichtete Suche nach Gott stehe in einem totalen Widerspruch zu unserem eigenen Leben, das bestimmt sei durch Konsum, Kommunikation und Bewegung. „Am Gemäuer des Klosters zeigt sich, dass auch ein anderer Lebensentwurf lebbar ist.“

Markus Landerts liebstes Stück in der Kartause Ittingen ist im Moment die "Baraque de Chantier" von Olaf Nicolai, an der sich noch viele offenen Fragen kristallisierten. Siehe Bild ganz oben.

Am Museumstag weihen die Ittinger Museen um 11 Uhr eine neue Atelierklause ein. Regierungsräting Monika Knill stellt zudem ihr Lieblingswerk im Museum vor. Das weitere Programm ist unten angehängt.

 

www.museums.ch

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