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von Jana Mantel, 04.08.2025

In 39 Stufen zur Prinzessin

In 39 Stufen zur Prinzessin
Richard Hannay ist auf der Jagd nach dem wahren Mörder (Bruno Riedl, Bigna Körner) | © Reto Martin

Agenten für Erwachsene, Adlige für Kinder: Am Mittwoch starten die Schlossfestspiele Hagenwil mit einer komischen Mörderjagd. Aber auch für Kinder gibt es wieder märchenhaftes Programm. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Ob auf dem Wasserschloss Hagenwil wohl wirklich mal ein Prinz oder eine Prinzessin gelebt haben? Oder gar ein König mit Königin samt höfischem Gefolge? Vorstellbar wäre es, denn mit dem Wassergraben ringsum das Schloss wirkt dieses fast ein wenig wie aus der Zeit gefallen, aber auf eine gute Art. Käme einem jetzt der Hofnarr entgegen oder würden einem Wachen den Eintritt verwehren, man würde sich überhaupt nicht wundern. 

So betritt man das kleine Schlösschen ehrfürchtig über die schmale Holzbrücke und geht, nein schreitet, eine winzige Spur aufrechter als normal durch das Tor, nur um dann im Innenhof sofort von der allumfassend präsenten Theateratmosphäre gefangen genommen zu werden. Der Grund: die Schlossfestspiele Hagenwil starten am Mittwoch, 6. August, unter der Leitung von Florian Rexer (Tickets gibt es hier). 

 

Florian Rexer bei der Probenarbeit (Foto entstand bei den Proben zu den Schlossfestspielen Hagenwil 2020). Bild: Sascha Erni

Ein Comedy Thriller von John Buchan und Alfred Hitchcock

Auf dem Spielplan steht ein Kinder- und ein Erwachsenenstück. Mit „Die Prinzessin auf der Erbse“ und „39 Stufen“ lockt Rexer theateraffine Menschen rund um den Bodensee an diesen besonderen Ort. Rexer selbst ist Mitgründer der Festspiele und hatte überhaupt erst die Idee dazu. 2010 zeigte er seine erste Inszenierung: «Cyrano de Bergerac in Hagenwil» und beweist seitdem, dass man auch mit wenig viel machen kann. 

Dieses Jahr darf man sich also auf „39 Stufen“ freuen, einen Comedy Thriller von John Buchan und Alfred Hitchcock bearbeitet von Patrick Barlow nach einem Originalkonzept von Simon Corble und Nobby Dimonin in einer deutschen Fassung von Bernd Weitmar. „Dieses Stück hatte ich schon länger im Hinterkopf“, erzählt Florian Rexer und begründet direkt warum. „Es ist ein ansprechender Klassiker und die Geschichte passt hier gut an den Ort“, so Rexer, der das Stück mit vier Personen auf die Bühne bringt. 

 

In der Inszenierung "39 Stufen" schlüpfen vier Schauspieler in viele Rollen. Bild: Reto Martin

Kurz und knackig soll es sein

Für die kleinen Besucher gibt es die „Prinzessin auf der Erbse“ zu sehen, in einer Drei-Personen-Besetzung. „Alte Märchen neu erzählt“, kommentiert er seine Entscheidung und schiebt hinterher, „Kurz und knackig müssen die Bühnenstücke für Kinder sein, wenn ein Märchenstück auf der Bühne für Kinder zwei Stunden dauert, dann ist das eindeutig zu lang.“

Von „Die Prinzessin auf der Erbse“ von Hans Christian Andersen hat sicherlich jeder schon einmal gehört oder gelesen. Jedoch ob eine Prinzessin wahrhaftig eine Erbse spürt, wenn diese unter einer ihrer Matratzen liegt, beantwortet das Stück nicht. Denn, wie so oft in Florian Rexers Märchenadaptionen auf der Bühne der Schlossfestspiele Hagenwil, gibt es die ein oder andere interessante Wendung in der Handlung. 

Worum es in dem Kinderstück in diesem Jahr geht

„Die eigentliche Idee, die in dem Märchen erzählt wird, ist nicht so wahnsinnig komplex, aber genau das hat mich an der Geschichte gereizt“, sagt Rexer, „Ich habe mich gefragt, was macht einen Prinzen oder eine Prinzessin denn eigentlich überhaupt aus? Sicherlich nicht, ob sie spürt, dass unter ihrer Matratze eine Erbse liegt.“ 

Viel mehr thematisiert er mit viel Augenzwinkern Charaktereigenschaften, die auch Menschen ohne royalen Hintergrund innehaben und das Kopfkino startet sofort einen Film, bei dem europäische Königshäuser nicht in Summe gut wegkommen. Neben Neid und eigenen Ängsten geht es im Stück vor allem um Freundschaft und Vertrauen, und das alles auf eine leichte, lockere sympathische Art, die bereits beim Probepublikum gut ankam. 

 

Die Prinzessin auf der Erbse Guschti (Michael Löwenberg trifft zufällig auf Julia (Jeanine Amacher). Bild: Reto Martin

Der Prinz will keine „schnöselige Trulla“

Eine gute Stunde dauert das Kinderstück der Schlossfestspiele und fühlt sich deutlich kürzer an. Kurzweilig wird die Geschichte des Prinzen erzählt, der keine Lust hat, eine Prinzessin zu heiraten. „Die sind ja alle eh nur schnöselige Trullas, mit denen man nichts anfangen kann“, so Guschti (gespielt von Mischa Löwenberg) Höchste Zeit also für seine Tante Hulda (Anja Brühlmann) da nachzuhelfen, denn sonst geriete ihr Anspruch auf den Thron in Gefahr. 

Doch keine ihrer Vorschläge von heiratswilligen Prinzessinnen, unter ihnen eine, die seit drei Jahren keine Zähne geputzt hat, findet Zuspruch beim Thronerben, der lieber ausbüxt und im Wald auf Julia (Jeanine Amacher) trifft. Die ist ein Mädchen nach seinem Geschmack und als sie sich als Prinzessin herausstellt, eine Bedrohung für Huldas Pläne. Das am Ende alles gut ausgeht, versteht sich von selbst und glücklich darf am Schluss auch das Publikum in ein Geburtstagsständchen für Guschti einstimmen.

 

Die Prinzessin auf der Erbse Tante Hulda (Anja Brühlmann) hat eigene Pläne für das Königreich. Bild: Reto Martin

Ein Mord nach einem Theaterbesuch

Ein gutes Ende wünscht man sich auch für den Londoner Junggesellen Richard Hannay (Bruno Riedl), der die zentrale Figur im Stück „39 Stufen“ ist. (Weitere Besetzungen: Alexandre Pelichet, Bigna Körner, Marcus Coenen) Nach einem Theaterbesuch gerät er in eine internationale Spionageaffäre, und zwar völlig ahnungslos und zufällig. Auf der Suche nach dem wahren Verbrecher flieht er vor der Polizei und ist gewillt den wahren Mörder des Agenten zu finden, der in seiner Wohnung getötet wurde. 

Lustiges und unterhaltsames, aber zugleich anspruchsvolles und niveauvolles Theater möchte er bei den Schlosshofspielen Hagenwil bieten, sagt Rexer. Dabei sei ihm auch ganz besonders ein gutes Miteinander im Ensemble wichtig. „Ich bin als Regisseur nur der Möglichmacher“, sagt er und gibt zu, dass es ihn durchaus zwischendurch schon auch mal juckt, selbst wieder auf der Bühne zu stehen. 

Mit Herz und Seele dabei

„Ich wusste schon im Alter von sechs Jahren ziemlich genau, dass ich Schauspieler werden möchte“, so Rexer, der sich selbst als einer mit Herz und Seele bezeichnet. Lange Jahre war er Ensemblemitglied im St. Gallener Stadttheater und traf zufällig bei einer Vorstellung auf das Schloss Hagenwil, auf dem er auch in diesem Jahr die Schlossfestspiele veranstaltet. 

 

Richard Hannay (Bruno Riedl) gerät in eine krmininelle Situation. Bild: Reto Martin

 

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