von Inka Grabowsky, 13.03.2019
Mit den Augen einer Katze
Das Naturmuseum Thurgau hat gemeinsam mit dem Naturmuseum Olten eine Wanderausstellung zur Hauskatze gestaltet. „Unser wildes Haustier“ ist bis Ende Oktober in Frauenfeld zu sehen.
„Ein Leben ohne Katze ist möglich, aber sinnlos“, sagt Museumsdirektor Hannes Geisser frei nach Loriot. Er muss es wissen, denn er ist selbst ein Katzenliebhaber. Sein Kater Capo ist es, der für das Ausstellungsplakat Modell gesessen hat. „Ich bin ebenso wie unser Oltener Ausstellungs-Partner Peter Flückiger hin und her gerissen zwischen der wissenschaftlichen Betrachtung der Katzen als Biologe und der emotionalen Bindung, die wohl jeder Katzenhalter kennt.“ Eine Stunde lang haben sich die beiden Wissenschaftler vor der Kamera über ihre beiden Tiere ausgetauscht. Elf Minuten davon sind als unterhaltsames Video in der Ausstellung zu sehen.
In 15 Modulen informiert die neue Schau „Unser wildes Haustier“ über die Familie der Felidae, ihre faszinierenden körperlichen Eigenschaften und über ihre Lebensweise. Eröffnung ist am Donnerstag, 14. März. Tierpräparate, die zum Teil über 150 Jahre alt sind und extra restauriert wurden, holen die Protagonisten in Lebensgrösse in die beiden Räume im Obergeschoss des Museums. Sie stehen auf stabilen Bühnen, deren Rückwände die Frauenfelder Illustratorin Rina Jost gestaltet hat. „Man kann dort wie in einem Wimmelbild Katzen in ihren unterschiedlichen Lebensräumen entdecken“, so Hannes Geisser. 27 Stubentiger seien zu entdecken.
Räuber mit Familienanschluss
Ins Schwärmen gerät der Museumsdirektor bei einem riesigen Modell eines Katzenkopfes: „Die nach vorne gerichtet Augen ermöglichen drei-dimensionales Sehen. Weil sie eine reflektierende Schicht an der Netzhaut haben, können sie gut im Dunklen sehen. Die Ohren sind hochsensibel und ermöglichen Richtungshören. Und die Schnurrhaare sind Tastorgane, die Katzen erlauben sich zurechtzufinden, selbst wenn sie nichts sehen können – etwa, weil ein Beutetier im Maul ihnen die Sicht versperrt.
Die Katze sei das beliebteste Haustier der Schweiz, so Geisser. „Gleichzeitig hassen oder fürchten aber rund zwanzig Prozent der Bevölkerung das Tier“. Gründe dafür gibt es in der Ausstellung auch zu sehen. Katzen töten Kleinsäuger, Vögel, Insekten, Fische und Reptilen. „Sie jagen alles, was sich bewegt. Die Rote Liste der bedrohten Tierarten ist ihnen egal.“ Welche Auswirkung das auf die Beutetiere habe, sei wissenschaftlich nicht genau nachgewiesen. Eine Studie belege immerhin, dass Katzen in einem bestimmten Gebiet zwar rund zehn Prozent der Population des Hausrotschwanzes gefressen hätten, die Population der Vogelart dort aber trotzdem gewachsen sei. „Das Jagdverhalten bleibt ein sehr emotional diskutiertes Thema.“ Da Katzen aber hyperkarnivor seien – also ausschliesslich auf fleischliche Nahrung angewiesen - könne man sich nicht aus moralischen Gründen vegan ernähren. Unter anderem diese Eigenschaft haben alle Katzen vom Haustier bis zum Tiger gemeinsam. „Die Hauskatze ist quasi ein Schrebergartenleu“.
Wie Kaffeepulver gegen Katzenkot helfen kann
Unbeliebt machen sich Katzen auch, wenn sie die Gärten der Nachbarn als Katzenklo nutzen. In einem Video erklärt der Katzenexperte Dennis Turner, was möglicherweise dagegen hilft. Man sammelt Kaffeesatz und verteilt ihn über das Beet, das immer wieder missbraucht wird. Die Katze hat das Kaffeemehl dann automatisch an den Pfoten und hat später – wenn sie sich sauberleckt – den bitteren Geschmack im Mund. Nach mehreren Tagen, bei dem immer neuer Kaffeesatz verteilt wird, koppelt sie das Beet mit einer negativen Empfindung. «Man nennt es Garcia-Effekt», erklärt der Museumsdirektor. «Aber noch sicherer wirkt, sich selbst eine eigene Katze anzuschaffen, die das Revier besetzt.»
21 000 Franken zahlt man schätzungsgemäss binnen 15 Jahren für seine Katze, aussergewöhnliche Behandlungen beim Tierarzt nicht eingerechnet. Warum so viele Menschen das gerne tun, ist ebenfalls Gegenstand der Ausstellung. «Katzen eignen sich eigentlich gar nicht als Haustier», befindet der Katzenhalter Geisser. «Meine hat mich erst gestern wieder gekratzt. Oft sehe ich sie gar nicht, weil sie draussen herumstreunt. Oder sie schläft einfach den halben Tag über. Aber gerade weil ihr Verhalten so wechselhaft ist, interpretieren wir wohl viel ihr sie hinein.» Ausserdem hat die Katze zwei Geheimwaffen, mit denen sie fast jeden Menschen um die Pfote wickeln kann: Der runde Kopf mit den grossen Augen passt ideal ins Kindchen-Schema. «Da fliessen die Hormone», so der Biologe. «Und wenn die Tiere dann auch noch schnurren, schmilzt man dahin wie Glacé in der Sonne.» Dass die kurze Schnauze für einen besonders starken Beissdruck beim Tötungsbiss sorgt und dass das Schnurren möglicherweise als eine Art Ganzkörpermassage zur Muskelentspannung dient, wollen wir Menschen lieber gar nicht wissen. «Das ist ohnehin eine gewagte These», sagt Hannes Geisser.
Die Ausstellung ist bis Ende Oktober im Naturmuseum Thurgau in Frauenfeld zu sehen.
Das Rahmenprogramm zur Ausstellung
Eröffnung
Donnerstag, 14. März, 18 Uhr
Seelentröster oder Vogelmörder? Der Versuch einer Erklärung
Führung um 10.30 Uhr: 17. März, 26. Juli, 8. September, 27. Oktober,
am 25. April um 17.30 Uhr
Von Katern und Miezen
Eine Geschichtenstunde für Erwachsene, 9. Juli, 19.30 Uhr
Der Schauspieler Markus Keller liest und erzählt hintergründig-abgründige Katzengeschichten. Fr. 10.–
Schönes Fell und scharfe Krallen. Kinderführung
5. Mai, 7. August und 16. Oktober, 10.30–12 Uhr
Anmeldung erforderlich, Fr. 7.–
Vortrag
PD Dr. Dennis C. Turner:Katzenverhalten und die Katze- Mensch-Beziehung – eine Zusammenfassung bisheriger und neuer Erkenntnisse
3. April, 19.30 Uhr, in der Aula der Kantonsschule Frauenfeld. Eintritt frei
Tischgespräche in der Museumslaube
mit Dr. Madeleine Geiger
Vogelmörder, Neobiota, Klimasünder – eine ökologische Betrachtung des Stubentigers
21. Mai, 19.30 Uhr
mit Dr. med. vet. Rahel Fürer
Katzenglück und Katzenleid –
die Hauskatze im Alltag einer Tierärztin
19. Juni, 19.30 Uhr
mit Dr. Beatrice Nussberger
Wildkater trifft auf Hauskätzin – und dann?
1. Oktober, 19.30 Uhr
Von Inka Grabowsky
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