von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 15.01.2020
Gepflegte Grübeleien
Nach der „Gepflegten Langeweile“ kommt die „Absolute Perfektion“: Am Samstagabend stellt der Kabarettist Jan Rutishauser sein neues Programm im Kreuzlinger Theater an der Grenze vor.
Nein, man kann nicht sagen, dass Jan Rutishauser mutlos wäre. Vielmehr ist der aus Güttingen stammende Kabarettist sogar ausgesprochen mutig mit seinem Faible für gewagte Titel. Vor zwei Jahren stellte er sein Programm unter das Motto „Gepflegte Langeweile“, jetzt kommt sein drittes Solostück auf die Bühne. Der Titel: „Absolute Perfektion“. Beides gewichtige Titel, die beim Publikum zahlreiche Assoziationen und Erwartungen wecken dürften. Dem muss man auf der Bühne dann auch erstmal gerecht werden.
Jan Rutishauser nimmt diese Herausforderung an. „Ich freue mich jetzt schon sehr auf die Premiere. Von meinen drei Programmen, die ich bislang gespielt habe, ist das neue dasjenige mit dem ich mich so kurz vor der Premiere am wohlsten fühle“, sagt der Comedian im Gespräch mit thurgaukultur.ch Am Samstag, 18. Januar, spielt er die „Absolute Perfektion“ zum ersten Mal im Theater an der Grenze in Kreuzlingen. Seit ein paar Tagen ist die Vorstellung ausverkauft. Ein gutes Gefühl? „Klar. Es ist immer schöner vor ausverkauftem Haus zu spielen als vor dünn besetzten Rängen“, sagt Rutishauser.
„Ich will Alltägliches zeigen, aber das aus neuer Perspektive.“
Jan Rutishauser, Kabarettist
Thema des neuen Programms ist ein sehr persönliches: Es ist die grosse Beziehungs-Frage des Zusammenziehens und welche Ängste das mit sich bringt. Einerseits. Es soll aber auch eine Geschichte darüber werden, wie es ist mit jemandem zusammen zu leben, der zum Perfektionismus neigt. Und ob man so etwas einem anderen Menschen überhaupt zumuten sollte.
Jan Rutishauser weiss, worüber er spricht: Seine Freundin hat ihn vor zwei Jahren gefragt, ob sie nicht zusammenzieen wollen und er bezeichnet sich selbst als Perfektionisten. „So wurde die Arbeit an dem Programm auch eine Auseinandersetzung mit meinem eigenen Perfektionismus“, erklärt der Kabarettist. Die Richtung ist klar: Politkabarett darf man von Jan Rutishauser nicht erwarten, er will näher ran an die Menschen. Es gehe ihm eher darum, Alltägliches zu zeigen, „aber das aus einer neuen Perspektive“, sagt er.
Video: Ausschnitt aus dem Programm «Gepflegte Langeweile»
Die Idee hinter dem Stück: Mehr Theater als Comedy
Anders als in anderen Comedy-Programmen will Rutishauser hier aber keine Aneinanderreihung von 5-Minuten-Nummern, sondern eine ganze Geschichte erzählen. Es beginnt mit der Frage nach dem Zusammenziehen und das Stück beschreibt dann all die Gedanken, Zweifel und Irritationen mit denen sich die Bühnenfigur bis zum Einzug in die neue Wohnung auseinandersetzt. „Das Publikum wird den Wandel der Figur beobachten können: Der Anfangs-Jan unterscheidet sich von dem Jan am Ende des Stücks“, erklärt der Kabarettist.
Mehr als zwei Jahre habe er an dem Programm geschrieben. „Ich habe mir bewusst Zeit gelassen, vieles ausprobiert“, sagt Rutishauser. Jetzt fühle sich alles richtig an. Genau der richtige Moment, um das Stück auf die Bühne zu bringen. Und dass das mit dem Zusammenziehen auch gar nicht so dramatisch ist, weiss er inzwischen auch aus eigener Erfahrung. Seit zwei Jahren lebt er mit seiner Freundin in St. Gallen zusammen. Es scheint gut zu laufen: An ein Stück über das Ausziehen habe er seither jedenfalls nicht gedacht.
Premiere von „Absolute Perfektion“ ist am Samstag, 18. Januar, im Theater an der Grenze in Kreuzlingen (ausverkauft!). Weiterer Termin: Am 27. Mai spielt Jan Rutishauser das Programm auch in der Kellerbühne St. Gallen.
Das vierte Programm ist auch schon fertig
Beim Wortlaut St. Gallen zeigt Jan Rutishauser Ende März ein weiteres Programm, das er in den vergangenen Monaten geschrieben hat: Ein 60-Minuten-Stück über das Lesen. „Ich habe dafür eine Nummer aus einem alten Programm ausgebaut, weil mir das Thema Lesen so wichtig ist und ich die Nummer so gerne gespielt habe“, sagt Rutishauser. Angelegt sei es wie ein „witziger TED-Talk“, beschreibt der Kabarettist sein viertes Programm.
Die Anfänge: Jan Rutishauser ist aufgewachsen in Güttingen am Bodensee, in Romanshorn hat er die Kantonsschule besucht, der Thurgau blieb immer seine Heimat. Und das obwohl er schon in jungen Jahren rumgekommen ist: Locarno, Paris, London. Überall hat er sich weiter entwickelt und am Ende stand die Entscheidung, es als Zauberer versuchen zu wollen.
Die erste Zaubershow: Er erarbeitet seine eigene Strassenzaubershow namens „Der Hasenflüsterer“, merkt aber irgendwann, dass das doch nichts für ihn ist. „Als Zauberer machst du meistens Tricks, die andere auch schon gemacht haben. Dann lieber etwas von Grund auf Eigenes.“, sagt Rutishauser. Das ist auch der Moment in dem er sich für das gesprochene Wort auf der Bühne entscheidet.
Sein erstes abendfüllendes Programm hiess „Burn Out“. 2013 erhält er den Preis der Oltener Kabaretttage, 2014 steht er im Finale der Schweizer Poetry-Slam-Meisterschaften, 2015 gewinnt er bei dem Wettbewerb „Die Krönung“ in Burgdorf.
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