Seite vorlesen

von Ramona Früh, 23.11.2020

Der Problemlöser

Der Problemlöser
Kümmert sich um die Vereinsarbeit im Thurgau: Der Frauenfelder Coach Hanu Fehr. | © zVg

Vereinsvorstände stehen immer wieder vor Herausforderungen – seien es Nachwuchsprobleme oder aktuelle Fragen wie: Muss unsere Mitgliederversammlung stattfinden trotz Corona? Einer, der sich mit Herzblut für Vereine einsetzt und als Coach und Referent sehr gefragt ist, ist der Frauenfelder Hanu Fehr. Er sprudelt vor Ideen und gibt seine Tipps in Online-Workshops weiter. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Hanu Fehr, Sie haben selber langjährige Erfahrungen als Vorstandsmitglied. Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für Vereine?

Hanu Fehr: Die Mitgliedergewinnung und die Nachfolgeplanung auf Vorstandsebene. Auch die Digitalisierung ist für viele eine Herausforderung. Aber sie ist auch eine Chance. Wenn ich einen Vereinsvorstand frage: Wie macht ihr das Mitgliedermanagement? Im Excel? Dann empfehle ich ein Onlinetool, das sich viel besser eignet. Oder man kann Onlinemedien nutzen für Werbung, zum Beispiel indem ich für den WhatsApp-Status eine Bildvorlage erstelle und diese den Mitgliedern zur Verfügung stelle.

Gibt es Unterschiede in Sport und Kultur? Gibt es im Sport weniger Nachwuchsprobleme als zum Beispiel bei einem Gesangsverein?

Ich behaupte: Nein, auf Vorstandsebene gibt es überall die gleichen Probleme. Auch deswegen sind unsere Kurse so cool, weil sowohl ein Vorstandsmitglied des Bienenzüchtervereins als auch eines des Fussballvereins mitmacht. Die merken dann, sie sind mit ihren Problemen nicht alleine, und es gibt einen Austausch untereinander.

Wer engagiert sich heutzutage noch in einem Verein?

Die Schweiz ist ein Land von Vereinen und dies ist eine wichtige Stütze für unser System. Auch heutzutage wollen sich Junge noch in Vereinen engagieren, aber sie sehen wie die „Alten“ es machen und das schreckt viele ab. Bei der Vereinsversammlung zum Beispiel sitzt der Vorstand vorne an einem langen Tisch. Wieso? Das ist doch Blödsinn. Der Vorstand sollte mittendrin sitzen! Ich sage: Macht junge Strukturen und dann findet ihr genug junge Leute.

«Die Schweiz ist ein Land von Vereinen und dies ist eine wichtige Stütze für unser System.»

Hanu Fehr, Experte für Vereinsfragen (Bild: zVg)

Aber die Jüngeren wollen sich doch nicht mehr zu stark binden?

Das ist genau der Fehler, den jeder Vorstand macht: Man muss sich für vier Jahre wählen lassen. Wieso? Gebt doch den Jungen die Möglichkeit, nur für ein Jahr dabei zu sein! Ich durfte einmal den Appenzeller Chorverband coachen. Einer der dortigen Chöre mit massivem Mitgliederschwund sucht neu nur noch projektbezogen Leute, die mitmachen. Nach Ende des Projekts endet auch das Engagement.

Was raten Sie ehrenamtlich betriebenen Museen und Sammlungen, von denen es im Thurgau zahlreiche gibt, die Nachwuchsprobleme haben?

Das Museum, die Sammlung an sich muss attraktiv für Jüngere oder Familien sein. Erst dann lässt sich das Problem lösen. Der Verein soll sich überlegen, wo er in zehn Jahren stehen will: Stimmt unser Konzept noch oder müssen wir es vielleicht aufpeppen, damit die ehrenamtliche Arbeit wieder Spass macht?

Was lerne ich in den «Impulsworkshops»?

Moderne, zukunftsorientierte Vereinsarbeit. Vorstandsmitglieder lernen, auch strategisch zu denken und zum Beispiel Nachfolgeprobleme früh anzugehen. Im Kurs «Krise als Chance» ist der Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmenden wertvoll. Bei «Vereinsversammlung 2.0» sind zudem aktuelle Fragen wegen Corona ein Thema: Soll unsere Mitgliederversammlung online oder schriftlich stattfinden oder dürfen wir sie verschieben? Zudem schauen wir, wie langweilig Mitgliederversammlungen immer wieder sind. Man soll nicht jedes Mal im Restaurant Rössli den Jahresbericht verlesen und die Jahresrechnung durchkauen. Bei der Turnfabrik Frauenfeld machen wir für den Jahresbericht stattdessen ein Online-Quiz mit Kahoot. Diese Idee hat sich in ganz Frauenfeld herumgesprochen. Solche Tipps und noch viele mehr vermitteln wir.

Vereinsarbeit macht Spass: Auch das kann man in den Kursen von Hanu Fehr lernen. Bild: zVg

 

Vereinscoaching: Das sind die aktuellen Termine

Diese und nächste Woche finden die Online-Kurse «Krise im Verein als Chance» und «Vereinsversammlung 2.0» statt, für die man sich noch anmelden kann: https://www.benevol.ch/de/thurgau/bildung.html

 

Die «Vereinsschmiede» organisiert der Kanton Thurgau zusammen mit dem Gewerblichen Bildungszentrum Weinfelden und Benevol Thurgau. Die Kurse für Vorstandsmitglieder vermitteln Grundlagen des modernen Vereinsmanagements mit vielen Anregungen und praxisbezogenen Beispielen.

 

Die Impulsworkshops wurden 2019 von Hanu Fehr initiiert und sind sehr beliebt. Hanu Fehr ist als Referent für vereinscoaching.ch tätig und arbeitet beim Sportamt des Kantons Thurgau. Er blickt auf 30 Jahre Vorstandstätigkeiten in verschiedenen Vereinen zurück, war und ist in diversen Organisationskomitees.

 

 

 

 

 

Kommentare werden geladen...

Weitere Beiträge von Ramona Früh

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Wissen

Kommt vor in diesen Interessen

  • Interview
  • Digital

Werbung

Fünf Dinge, die den Kulturjournalismus besser machen!

Unser Plädoyer für einen neuen Kulturjournalismus.

„Der Thurgau ist ein hartes Pflaster!“

Wie ist es im Kanton für junge Musiker:innen? Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen!

Eine verschleierte Königin

Einblicke ins Leben der Künstlerin Eva Wipf: Hier geht's zu unserer Besprechung der aktuellen Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau.

Was bedeutet es heute Künstler:in zu sein?

In unserer Serie «Mein Leben als Künstler:in» geben dir acht Thurgauer Kulturschaffende vielfältige Einblicke!

Unsere neue Serie: «Wie wir arbeiten»

Unsere Autor:innen erklären nach welchen Grundsätzen und Kriterien sie arbeiten!

#Kultursplitter im November/Dezember

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

15 Jahre Kulturkompass

Jubiläumsstimmen und Informationen rund um unseren Geburtstag.

«Kultur trifft Politik» N°I

Weg, von der klassischen Podiumsdiskussion, hin zum Austausch und zur Begegnung. Bei der ersten Ausgabe am Mittwoch, 27. November geht es um das Thema "Räume".

Kultur für Klein & Gross #22

Unser Newsletter mit den kulturellen Angeboten für Kinder und Familien im Thurgau und den angrenzenden Regionen bis Ende Januar 2025.

"Movie Day": jetzt für 2025 bewerben!

Filme für das 12. Jugendfilm Festival können ab sofort angemeldet werden. Einsendeschluss der Kurzfilme für beide Kategorien ist der 31.01.2025

Ähnliche Beiträge

Wissen

«Es gibt keinen anderen Weg!»

Seit Mai ist Noemi Bearth Direktorin im Historischen Museum Thurgau. Welche Pläne hat sie? Ein Interview über Baustellen, Kinder im Museum und die grosse Frage, was man aus Geschichte lernen kann. mehr

Wissen

Der Sog der Stadt

Von Utopie zu Dystopie ist es manchmal nur ein kleiner Schritt: In der Ausstellung „Youtopia“ im Konstanzer Turm zur Katz können Besucher:innen ihre eigene Traumstadt entwerfen. mehr

Wissen

Wie Flechten den Klimawandel erklären können

Das Naturmuseum Thurgau digitalisiert seine Flechtensammlung, damit sie der Forschung zugänglich wird. Das kann auch dabei helfen, offene Fragen zur Klimakrise zu beantworten. mehr