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von Inka Grabowsky, 20.01.2025

Der Natur auf der Spur

Der Natur auf der Spur
Karsten Redmann ist nicht nur Literatur-Fan, sondern auch Naturfreund. | © Inka Grabowsky

Unter dem Stichwort «Nature writing» versammeln sich Autor:innen, die über Natur schreiben. Diese Sparte will Karsten Redmann, der neue Programmleiter des Literaturhaus Thurgau, ins Zentrum rücken. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Neuanfang im Literaturhaus Thurgau: Für die nächsten zwei Jahre ist der Literaturvermittler und Kulturjournalist Karsten Redmann aus St. Gallen dafür zuständig, in Gottlieben so viele Menschen wie möglich für das Lesen zu begeistern. «Deshalb habe ich mich um ein sehr vielfältiges Programm bemüht», erklärt der 51-Jährige. Er wolle eine Mischung aus Anspruchsvollem und Gängigem anbieten.  

Zusammen ist man attraktiver

Karsten Redmann ist mit einem Teilzeit-Pensum als Programmleiter in Gottlieben beschäftigt. Er bleibt gleichzeitig Mitarbeiter im Literaturhaus St. Gallen. «Natürlich kann dieser Umstand zu Synergien führen. Manche Autoren, die von weither anreisen, sind froh, wenn sie in einer Region mehrere Lesungen absolvieren können.» 

Tatsächlich hat Redmann mit Sergej Lebedew aus Potsdam (am 22. März), Meike Rötzer aus Berlin (14. März) oder Isabelle Lehn aus Leipzig (27. Februar) Literaturschaffende eingeladen, die grössere Strecken hinter sich bringen, um an den Bodensee zu kommen. «Sie haben jeweils gerne zugesagt. Das Bodmanhaus ist durch seine Lage mit einigen Alleinstellungsmerkmalen ausgestattet. Das Einzugsgebiet ist gross. Und wir zahlen faire Honorare.» 

Monat für Monat bewürben sich mehr Literaturschaffende als er im Programm unterbringen könne. Der Standort sei beliebt. Mit Zora del Buono hat der Programmleiter sogar die aktuelle Trägerin des Schweizer Buchpreises für eine Lesung am 20. Februar gewinnen können. «Zugegeben – als wir das vereinbart haben, war noch nicht klar, dass sie den Preis bekommt», lacht er. 

 

Kommt auch für eine Lesung ins Literaturhaus: Zora del Buono, Schweizer Buchpreisträgerin 2024. Bild: Von Amrei-Marie - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=152174724

 

Das Ziel: Sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen

Rund um das Literaturhaus sind diverse Angebote für Literaturinteressierte entstanden, das «Literaturwochenende am Untersee» etwa oder die Lesungen im «Wy und Kafi» im Mesmerhuus in Ermatingen. Als Bereicherung bezeichnet das Redmann. «Kooperationen können uns allen helfen. Hauptsache ist, dass die Kulturschaffenden nicht vor leeren Reihen lesen, weil wir uns gegenseitig die Zuhörenden abspenstig machen.» 

Die Reihe «Literatur in den Häusern», bei der Ensemble-Mitglieder des Theaters Konstanz zwischen 2002 und 2020 in Privatwohnungen diesseits und jenseits der Grenze gelesen haben, gibt es zwar nicht mehr, doch der frühere Initiant, Frank Lettenewitsch, ist immer noch aktiv. Am 3. April liest er im Literaturhaus unter dem Motto «Dr. Mabuse und der Bodensee» aus den Lebenserinnerungen des Autors Norbert Jacques

Sensibilisieren, ohne zu belehren

Die idyllische Lage am Untersee war es, die Karsten Redmann auf die Idee zu seinem ersten Schwerpunkt-Thema brachte. Am liebsten würde er Gottlieben zu einem Schweizer Hotspot des «Nature Writings» machen und damit Menschen, die über die Natur schreiben, zusammenbringen. 

Zwei der zehn Veranstaltungen zwischen Januar und April widmen sich Werken, die der Natur ihre eigene Erzählstimme zubilligen.  «Vor dem Hintergrund der anhaltenden Naturzerstörung und des sich deutlich zeigenden Klimawandels erscheint es mir wichtig darüber nachzudenken, was Natur ist, und was sie bald vielleicht nicht mehr ist.» 

Er wolle Formen finden, die für den Naturschutz sensibilisieren, ohne mit erhobenem Zeigefinger zu belehren, so Redmann. «Es müssen nicht unbedingt Lesungen sein. Eine Podiumsdiskussion mit einer Autorin wie Judith Schalansky, einem Landwirt oder einem Hummelzüchter könnte ich mir genauso vorstellen, wie literarische Spaziergänge oder Workshops in freier Natur – mit dem Klappstuhl am Ried.» 

Hans Jürgen Balmes wird am 6. Februar als ersten Beitrag zu diesem Schwerpunkt sein erzählendes Sachbuch «Der Rhein – Biographie eines Flusses» präsentieren, quasi im Angesicht des Protagonisten. Der Seerhein fliesst in 200 Metern Entfernung am Literaturhaus vorbei. 

 

Hält die Festrede zum Jubiläum: Peter Stamm. Bild: Anita Affentranger

Tradition und Zukunft: 2025 wird das Literaturhaus 25 Jahre alt

Die Saison endet am 26. April mit einem Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Bodmanhauses. Der Thurgauer Star-Autor Peter Stamm wird die Festrede halten. Seit dem 8. April 2000 erinnert es an den Bodensee-Dichter Emanuel von Bodman und dient gleichzeitig als Treffpunkt für Literaten und ihre Leserschaft. 

«Ich bin froh, dass wir mittlerweile unterscheiden können zwischen dem Bodmanhaus, das es unbedingt zu erhalten gilt, und dem Literaturhaus, das den Menschen zeitgenössische Literatur näherbringt», sagt Karsten Redmann. «Die Umbenennung im Jahr 2019 erweitert für den Literaturbetrieb die Perspektive, ohne die Tradition zu verleugnen.» 

Das vollständige Programm für das erste Quartal 2025 findet sich auf der Website des Literaturhauses.

 

 

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