von Inka Grabowsky, 26.10.2015
Halloween auf der Bühne
Seit drei Jahren tourt das Theater „Klima“ durch die Thurgauer Kulturlandschaft. In ihrer dritten Produktion beschäftigt die Gruppe sich passend zur dunklen Jahreszeit mit Schauergeschichten.
„Böse Nacht Geschichten“ lesen Eveline Ketterer und Tobis Stumpp in ihrem abendfüllenden Programm. Klassiker von Roald Dahl (Die Lammkeule) und Edgar Allen Poe (Der Rabe) sind ebenso dabei wie Unbekanntes vom britischen Fantasy-Guru Clive Barker.
Dazu hat Regisseur Dietmar Paul noch zwei eigene Geschichten extra für diese Produktion geschrieben. „Das war eigentlich gar nicht geplant, aber wir haben bei der Suche nach passenden Geschichten nicht so viele ideale Texte gefunden. Sie mussten eine bestimmt Länge aufweisen und sollten ordentlich gespenstisch sein.“
Eveline Ketterer und Tobias Stumpp spielen mit dem Schatten. (Fotos: Inka Grabowsky)
Letzteres kann Paul mit seinen „Killergartenzwergen“ auf jeden Fall gewährleisten. Er lässt kein Versatzstück aus, das zum Gruseln dazu gehört: ein mysteriöser Todesfall, die regnerische Nacht im Sumpf, die kaputte Taschenlampe, das Handy ohne Strom, die gekappte Telefonleitung, ein verbotenes Buch und eine tragische Liebesgeschichte. Man kennt diese Zutaten, trotzdem kommt Spannung auf.
In seiner zweiten Arbeit, „Die besonderen Kinder“, nehmen der lockere Tonfall und der lakonische Erzählduktus dem beängstigenden Inhalt einen Teil der Schärfe. „Die erste Geschichte ergänzt genau das, was uns thematisch noch fehlte“, so der Autor. „Die andere ist mir einfach so eingefallen – sie ist eher skurril und humorvoll.“
Szenische Lesung mit Gastronomie-Pausen
Grossen Anteil an der Wirkung der Texte hat selbstverständlich ihre Präsentation. Ketterer und Stumpp lesen nicht einfach nur vor, sondern spielen die Dialoge lebendig nach. „Man fühlt sich genauso ein wie in eine konventionelle Rolle“, sagt Eveline Ketterer. „Nur die Bewegungen fehlen. Wir gestalten mit unseren Stimmen und der Sprache. Diese Konzentration auf das Wesentliche ist für mich sehr aufschlussreich.“
Passend zum amerikanischen Halloween-Fest wurden Kürbisse zu Vogelscheuchen umfunktioniert.
Der Theaterabend ist als Begleitung für einen Restaurant-Besuch konzipiert. Zwar geht es in den Geschichten durchaus eklig zu, aber davon muss sich das Publikum ja nicht den Appetit verderben lassen. Durch die Menü-Folge dauert die Vorstellung mindestens 3 ½ Stunden. Ein wenig Sitzfleisch sollte das Publikum also mitbringen.
Klima - das Theater
Eveline Ketterer hat ihr Theater gleich nach der Schauspielschule gegründet: „Ich wollte immer unabhängig sein“, so die Kreuzlingerin. „Ausserdem macht es einfach mehr Spass – allerdings auch mehr Arbeit.“ Die 37-Jährige ist nicht nur Schauspielerin, sondern als Produktionsleiterin auch zuständig für Requisiten, Bühnenbild und die Organisation. Die Tournee zu sechs Spielorten noch bis Mitte November musste genau geplant werden.
Grusel-Deko vom Kreuzlinger Künstler Ecro Innky.
Vor der kreativen Arbeit stand die Besetzungsliste: Auf die Ausschreibung hatten sie rund zwei Dutzend Schauspieler für die Rolle des männlichen Sprechers beworben. Unverzichtbar auch die Suche nach Sponsoren. „Unter anderem haben uns dankenswerterweise die Stadt Kreuzlingen, Kultursee, das Migros Kulturprozent und die Thurgauer Kantonalbank unterstützt. Nur von den Eintrittsgeldern allein könnten wir unser Projekt nicht finanzieren.“
„Klima - das Theater“ lebt auch von Freiwilligenarbeit. In Hintergrund steht ein kleiner Verein, der bei Bedarf Helfer stellt.
Von Inka Grabowsky
Weitere Beiträge von Inka Grabowsky
- Wann ist ein Mensch ein Mensch? (12.11.2024)
- Wissen macht glücklich (11.11.2024)
- Wirklichkeit ist, was du daraus machst! (07.11.2024)
- «Ich will auch nicht immer in den Abgrund schauen.» (23.10.2024)
- Auf den Spuren des Verbrechens (07.10.2024)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Bühne
Kommt vor in diesen Interessen
- Schauspiel
Kulturplatz-Einträge
Ähnliche Beiträge
Herr Fässler besiegt die Angst
Therapeutin trifft auf Zyniker: In der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld ist mit „Herr Fässler und die Stürme der Liebe“ zu erleben, wie sich eine Puppe von ihrer Puppenspielerin emanzipiert. mehr
Problemfamilie mit Wiedererkennungswert
Die Eigenproduktion „Familienidylle“ des theagovia theater zeigt eine Familie im Ausnahmezustand, der vielleicht gar nicht so ungewöhnlich ist. mehr
«Ich will auch nicht immer in den Abgrund schauen.»
Die Schauspielerin und Produzentin Susanne Odermatt hat sich in den vergangenen Jahren als Spezialistin für Dramen einen Namen gemacht. Jetzt bringt sie eine Komödie auf die Bühne. mehr