von Inka Grabowsky, 10.01.2023
Bildschöne Bühni
Ein unverzichtbares Ritual zum Jahresbeginn ist für viele ein Besuch der Bühni Wyfelde. Hier spielen Laien und Profis gemeinsam unter fast professionellen Bedingungen. Ein perfektes Bühnenbild gehört dazu. Hinter den Kulissen des Theaterhauses Thurgau in Weinfelden sieht man, wie es entsteht.
Peter Affentranger installiert gerade noch eine Kleiderstange in einem Wandschrank, dann kann eine der Proben der Bühni Wyfelde beginnen. Das Stück «Ausser Kontrolle» verspricht wieder einen unbeschwerten Theaterabend, jedenfalls für das Publikum im Theaterhaus Thurgau in Weinfelden. Der lockere Witz jedoch braucht minutiöse Vorbereitung: «Shakespeare könnte ich auch ohne Kulissen inszenieren», sagt Regisseur Jean Grädel, «aber eine Farce von Ray Cooney braucht ein Bühnenbild, das funktioniert.» Das Stück lebe davon, dass der falsche Mann im falschen Augenblick zur falschen Tür hereinkommt. «Wir haben anfangs nach den Sommerferien natürlich ohne Bühnenbild probiert», ergänzt Schauspieler Peter Wenk. «Da merkt man dann, wie wichtig es für das Timing ist.»
Karriere mit vielen Höhepunkten
Schon seit vielen Jahren ist Peter Affentranger dafür zuständig, die Bühni Wyfelde in Szene zu setzen. Seinen Stil beschriebt er als «eher pragmatisch»: «Ich habe nicht Szenografie studiert wie die jungen Leute heute, sondern Konstruktionsschlosser gelernt. Von da kam ich zum Mitmachzirkus Pipistrello und als technischer Leiter zu Karls Kühner Gassenschau, weil ich nicht wieder zurück an eine Werkbank in einer Fabrik wollte.» 2000 eröffnete er seine eigene Werkstatt, seit 2013 ist sein «Affentheater» eine veritable GmbH. Die Bühni Wyfelde ist nur eine von diversen Stammkundinnen. Die Schlossfestspiele in Hagenwil greifen ebenfalls gern auf seine Dienste zurück. Und dann gibt es noch Künstler, die Unterstützung brauchen: «Gerade war ich Christoph Rütimann bei seiner Installation im Kunstmuseum Winterthur behilflich. Und Roman Signer hat mich auch schon engagiert. Aber ich helfe einer noch unbekannten Sängerin genauso gern beim perfekten Auftritt. Immer nur Kulissen bauen wäre ja langweilig.»
Das Bühnenbild als Qualitätsmerkmal
«Uns ist das Bühnenbild wichtig», sagt Marta Wechsler, die Präsidentin des Theatervereins und gleichzeitig Produktionsleiterin von «Ausser Kontrolle». «Dabei geht es um unseren Anspruch, Nicht-Profis unter professionellen Bedingungen auf die Bühne zu bringen. Deshalb engagieren wir auch einen erfahrenen Regisseur.» Das Niveau der Spielerinnen und Spieler sei hoch, das Bühnenbild dementsprechend genauso hochwertig. «Wir lassen es uns traditionell etwas kosten. Die Rückmeldungen unserer Zuschauer zeigen, dass das sehr geschätzt wird.»
Allerdings hat Peter Affentranger keine «Carte blanche»: «In meinen 25 Jahren als Bühnenbildner ist es nur ein einziges Mal vorgekommen, dass jemand sagte: wir machen das - koste es, was es wolle.» Dieses Mal durfte er zum Beispiel in eine Récamière mit türkis-farbenem Samtbezug investieren. «Die wollte ich haben», sagt Regisseur Jean Grädel. «Wir wollen die Atmosphäre eines englischen Luxushotels schaffen.» Nach der letzten Vorstellung wird sie zunächst einmal ins grosse Requisitenlager wandern und einige Zeit auf einen erneuten Einsatz warten. Dem Chéminee-Vorsatz rechts am Bühnenrand ist das bereits vergönnt. «Den haben wir schon das eine oder andere Mal eingesetzt», so Affentranger.
Harte Arbeit für die leichte Muse
Drei Wochen Arbeit steckten in den Kulissen, vom ersten Papp-Modell, das sich Jean Grädel vorlegen liess, bis zum betretbaren Raum. Die Kreativität Affentrangers war diesmal nicht zu sehr gefordert. Das Stück verlangt ein Schiebefenster (mit Blick auf Big Ben und das Parlament zur Verortung im Londoner Regierungsviertel), zwei Türen für auf- und Abtritte sowie eine in einen Wandschrank. Es sind die Details, die Arbeit machen.
Die Hauptfigur - Staatsminister Willey, verkörpert von Thomas Götz - muss beim heimlichen Rendezvous eine vermeintliche Leiche verschwinden lassen. Ein Rollbrett, angebracht auf der Innenseite der Schranktür, hilft dabei ungemein. Und dann sind da die Türen, die sich diesmal zur Bühne hin öffnen: Hinter den Kulissen schafft das willkommenen Bewegungsspielraum, aber gleichzeitig eröffnen sich dadurch Blicke vom Zuschauerraum in den Bühnenhintergrund. «Ich bringe gleich noch schwarze Vorhänge an», sagt der Theater-Handwerker und schwingt den Akku-Schrauber.
Zum Stück "Ausser Kontrolle"
Peter Wenk und Thomas Götz bei den Proben. Bild: zvg
Der Autor Ray Cooney ist ein Meister der akribisch genau konstruierten Katastrophe – in atemberaubenden Tempo jagt er seine Figuren von einem Unglück ins nächste - sehr zur Freude des Publikums.
Spiel: Simona Altwegg, Jörg Ammann, Kim Ammann, Pascal Aubry, Madeleine Cavegn, Thomas Götz, Nathalie Hefti, Yves Vaucher, Peter Wenk
Regie: Jean Grädel
Weitere Termine
Die Bühni Wyfelde spielt «Ausser Kontrolle» im Theaterhaus Thurgau am Bahnhof in Weinfelden noch am 13., 14., 15., 18., 20., 21., 22. 25., 26., 27. und 28. Januar 2023.
Online gibt es hier Tickets.
Alle Informationen in unserer Agenda.
Von Inka Grabowsky
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