von Inka Grabowsky, 07.10.2021
Bachlauf des Lebens
Sowohl Seemuseum als auch das Museum Rosenegg in Kreuzlingen widmen sich dem Lebensraum Bach. Die Fotografin Claudia Peyer liefert dazu einmal eine naturwissenschaftliche und einmal eine künstlerische Perspektive. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
«Zwei Seelen wohnen in meiner Fotografen-Brust», sagt Claudia Peyer. «Ich will zeigen, wie es wirklich unter Wasser aussieht, und ich möchte mit dem Licht und dem Blickwinkel spielen.» Ihre beiden Leidenschaften würden nun perfekt durch die zwei Ausstellungen in Seemuseum und Museum Rosenegg abgedeckt.
Peyer taucht seit 1999. Um besorgten Freunden zu zeigen, dass unter Wasser nicht nur Gefahren lauern, sondern auch Schönheiten zu sehen sind, nahm sie eine Kamera mit auf die Tauchgänge. «Seit 2008 nutze ich Profi-Equipment», erklärt sie. «Ich habe mir autodidaktisch alles selbst beigebracht.» Die Fotografin hat zwar bereits einige ihrer Bilder öffentlich präsentiert, verdient aber ihren Lebensunterhalt eigentlich als Schulverwalterin der PMS Kreuzlingen.
Bereits vor drei Jahren sei Dorena Raggenbass auf sie zugegangen. Die Stadt wollte zum 75-jährigen Jubiläum 2022 die drei Bäche auf dem Stadtgebiet ins Bewusstsein rücken, denn sie dürften für die Besiedlung seit der Bronzezeit und die spätere Stadtentwicklung massgeblich gewesen sein. «Im Laufe der Zeit hat sich der Fokus der Ausstellung auf den künstlerischen Aspekt verschoben», sagt die Leiterin den Museums Rosenegg, Yvonne Istas. «Die Stadtgeschichte werden wir im Mai kommenden Jahres extra aufgreifen.»
Bilderstrecke: Einblicke in die Ausstellungen
Seemuseum will aufklären
28 künstlerische Fotos von Peyer werden ab 10. Oktober unter dem Titel «Am Bach» in der Rosenegg gezeigt. Rund vierzig weitere Fotos bilden zeitgleich den Hintergrund der Ausstellung „Am Bach – Die unbekannte Natur von nebenan“ im Seemuseum. Zum Teil raumhoch vergrössert erlauben sie ein Eintauchen in die verborgene Welt des zwanzig Kilometer grossen Bachnetzes der Stadt.
In fünf Kapiteln erläutern die Ausstellungsmacher, wer in welchem Abschnitt des Bachlaufs zuhause ist. Jeweils ein Tier wird als Botschafter herausgestellt. Die Larven der Libelle «Quelljungfer» leben natürlich an der Quelle. Der Salamander braucht den Bach als Kinderstube. Die Ratte erzählt vom Abtauchen der Wasserläufe in den Untergrund, der Biber vom Wiederauftauchen. Der Fischreiher steht für die Mündung des Bachs in den Bodensee. Normalerweise jagt er dort neben Fischen auch Amphibien.
Im Keller des Seemuseums wird er für einmal von einer riesigen Kröte im Hintergrund belauert. Claudia Peyer hatte das Tier eingegraben im Sediment entdeckt. Nur die gelben Augen sind sichtbar.
Multimediale Erlebnisse in den Ausstellungen
Zur Einstimmung läuft im Foyer des Museums ein Film von Patrick Eich. Innerhalb der Ausstellung können die Besucher einen Audioguide von Judith Zwick hören. Die Autorin der Theaterwerkstatt Gleis 5 hat nach dem Hörspaziergang «Baumgeflüster» ein neues Radiofeature geschaffen.
In rund einer Stunde lässt sie Experten zu Wort kommen, unterhält aber auch mit fiktiven Gesprächen von Bachbewohnern. 16 Tracks gibt es. «Wir wollten die Ausstellung nicht durch Texttafeln oder Hörstationen überfrachten», sagt der Leiter des Seemuseums Christian Hunziker. «Sie funktioniert auch ohne Kopfhörer, aber man sollte sich das Feature nicht entgehen lassen.»
Poetische Schönheit in der Rosenegg
Im Museum Rosenegg sind kleinere Formate von 90 mal 120 Zentimeter zu sehen. Die 28 Bilder sind auf gutes Fotopapier gedruckt, auf Aluminium aufgezogen und hinter Acryl gebracht. «Das Glas dient nicht nur dem Schutz der Bilder, sondern symbolisiert durch den Spiegeleffekt auch das Wasser», sagt Claudia Peyer. Alle Motive sind in einer Auflage von nur drei Stück für je 1100 Franken zu kaufen.
Peyer verwendete für die künstlerischen Aufnahmen ein Fisheye-Objektiv, das Licht über und unter Wasser einfängt. «Unten und oben verquicken sich», so Yvonne Istas. «Mit dem richtigen Winkel spiegelt sich der Grund an der Wasseroberfläche», erklärt Peyer.
Sie habe die Arbeit in den vergangenen drei Jahren sehr genossen. Sie ging zu allen Jahreszeiten auf Fotosafari und besuchte dabei Chogen-, Sau- und Schoderbach mit den jeweiligen Zuflüssen. «Ich habe Ecken gefunden, die ich nicht kannte und Tiere gesehen, auf die ich niemals vorher geachtet hatte.»
Froh sei sie gewesen, dass sie Bachflohkrebse habe ablichten können, denn wo sie vorkommen, sei die Wasserqualität in Ordnung. «Und ich werde nie den Anblick vergessen, wie eine Ringelnatter einen Frosch gefressen hat.» Dieses Bild hängt im Seemuseum.
Pädagogisches Konzept auch im Rahmenprogramm
«Man schützt nur, was man kennt», sagt Julian Fitze, Verantwortlicher für Bildung und Vermittlung im Seemuseum. «Deshalb versuchen wir auch im Rahmenprogramm Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen. Wir wollen den Besuchern und Besucherinnen wie auch den Schulklassen schützenwerte Tiere näherbringen.»
Eröffnung und Begleitprogramm
Nach der Doppelvernissage am 8. Oktober um 17.15 Uhr in der Rosenegg und um 19 Uhr im Seemuseum wird es bis Mitte April 2022 im Seemuseum immer wieder Angebote geben. Im kommenden Frühjahr sind diverse Exkursionen geplant, unter anderem am 5. März zur kantonalen Fischbrutanstalt, am 23. März zum aufgewerteten Saubach und am 1. April zum Sanierungsprojekt Mellgenten-Deponie, die derzeit noch den Chogenbach belastet. Näheres auf der Website des Seemuseums.
Die Ausstellung in der Rosenegg endet am 2. Januar, die Veranstaltungen hier unter: https://www.museumrosenegg.ch/veranstaltungen
Von Inka Grabowsky
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