von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 23.07.2019
Ab ins Rampenlicht
Der Anteil von Frauen in Bands ist bislang gering. Mit einem neuen YouTube-Kanal will die im Thurgau aufgewachsene Jasmin Albash das jetzt ändern und Frauen im Musikgeschäft mehr Sichtbarkeit verleihen.
10 Prozent. Als Jasmin Albash diese Zahl in einer Studie gelesen hatte, entschloss sie, dass es jetzt Zeit wäre zu handeln. Wenn nur 10 Prozent der Basler Musikschaffenden weiblich sind, dann müsste man versuchen das zu ändern, fand sie. Erst recht, da vermutlich landesweit die Quoten nicht gravierend anders sind. „Ich habe mich gefragt, was kann ich tun, wo kann ich mich für andere Frauen engagieren und was braucht es, um Gleichgewicht herzustellen“, sagt die im Thurgau aufgewachsene und heute in Basel lebende Sängerin Jasmin Albash im Gespräch mit thurgaukultur.ch.
Die Antworten darauf hat sie sich dann selbst gegeben: „Wir brauchen mehr weibliche Vorbilder, mehr gegenseitigen Support und wir müssen mehr Sichtbarkeit schaffen für weibliche Musikerinnen“, so Albash. Sie wollte aber nicht nur darüber reden, sondern tatsächlich etwas machen. Also entwickelte sie einen YouTube-Kanal in dem sie Schweizer Künstlerinnen ab diesem Herbst in 10 Folgen vorstellen will. Der Name des Projektes lautet „Sijada Sessions“. Was das bedeutet? «Sijada bedeutet Teppich auf arabisch, denn unser Kernelement der mobilen Bühne ist ein weisser flauschiger Teppich, ein weisses Blatt welches immer wieder mit neuer Musik beschrieben und beschallt wird», erklärt die Sängerin.
„Wir hoffen, dass über den Kanal hinaus, Kollaborationen und Netzwerke entstehen.“
Jasmin Albash, Sängerin und Stimmbildnerin
In den einzelnen Folgen der Serie will Jasmin Albash mit den Musikerinnen entweder einen neuen Song komponieren oder sie covern gemeinsam einen bereits bestehenden Song. „Die Zusammenarbeit, der künstlerische Austausch, sowie das Schaffen des jeweiligen Gastes sollen in den etwa sechs- bis achtminütigen Videos im Vordergrund stehen. Über drei Jahre soll der Kanal sukzessive aufgebaut werden und letztlich auch eine Plattform für junge, aufstrebende Künstlerinnen werden. Wohl auch deshalb unterstützt die Kulturstiftung des Kantons Thurgau das Projekt mit 5000 Franken. Jasmin Albashs Hoffnung ist, dass es am Ende nicht allen bei dem YouTube-Kanal bleibt: „Damit fangen wir jetzt mal an, aber wir wünschen uns, dass daraus auch über die einzelne Folge hinaus, Kollaborationen und Netzwerke entstehen“, erläutert die Sängerin.
Dabei will Albash „Sijada Sessions“ nicht ausschliesslich als feministisches Projekt verstehen. Es gehe ihr auch darum, die Arbeit von Musikern und Musikerinnen insgesamt bewusster und transparenter zu machen. „Wir möchten zeigen, was es bedeutet, einen Song zu schreiben. Die ganze Arbeit, die darin liegt, soll sichtbar werden“, erklärt die 36-Jährige.
Video: Jasmin Albash alias The RK
Die grosse Lust an ungewöhnlichen Projekten
Aufgewachsen ist die Musikerin und ausgebildete Primarlehrerin in Altnau am Bodensee. „Die Umgebung war nicht sehr inspirierend und für Bandproben oder Konzerte bedeutete es vor allem Kilometer abzuspulen.“ Sie ging nach Winterthur und studierte am Institut für aktuelle Musik, danach gründete sie in Basel ihre eigene Gesangsschule „Sing out loud!“ Dort gibt sie heute nach wie vor Einzelcoachings, Gruppenworkshops und leitet Chöre. Um sich dem Phänomen stimme noch weiter anzunähern studierte sie schliesslich noch drei Jahre am Complete Vocal Institute in Kopenhagen.
Dann ist da noch das Projekt The RK. Unter diesem Namen tritt Albash selbst auf. RK steht dabei für den Namen Richard Kingston. Kein Idol von Albash, so hiess ein Mann, den sie auf einer Reise durch Kolumbien getroffen hat. „Mir gefiel der Klang dieses Namens, deshalb habe ich ihn für die Band ausgesucht“, erklärt die Sängerin.
Dass sie ein Faible für aussergewöhnliche Projekte hat, erkennt man auch an der Band Kallemi, die aus einem Austauschprojekt der Kaserne Basel entstand: Hier stehen zwei Schweizer Musikerinnen mit zwei Palästinenser Musikerinnen auf der Bühne. In diesem Jahr tourte die Band in Palästina, Israel, Deutschland, Schweiz und Kanada. „Eine grossartige Erfahrung“, sagt Jasmin Albash. Die Arbeit mit Kallemi hat sie auch zu ihrem YouTube-Projekt inspiriert: „Die Arbeit bei Kallemi war überaus anregend und eine ganz neue Erfahrung, die mich als Künstlerin wechsen liess und mein Vertrauen in meine Fähigkeiten stärkte“, so die 36-Jährige.
Video: Jasmin Albash und die Band Kallemi
Mit ihrem YouTube-Format „Sijada Sessions“ will sie auch eine Vernetzungsplattform werden. Die ersten Zusagen hat sie bereits. In den ersten Folgen werden so unterschiedliche Musikerinnen wie die Rapperin La Nefera, die Komponistin Joana Aderi von der Zürcher Band Sissy Fox und die Soul- und Popmusikerin Annie Goodchild. Die erste Ausgabe soll spätestens ab Oktober dieses Jahres auf YouTube zu sehen sein. Danach soll jeden Monat eine weitere Folge erscheinen. thurgaukultur.ch wird fortlaufend über das Projekt berichten.
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