von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 31.05.2017
Die Macht des Lichts

Die junge Künstlerin Esther Mathis zeigt ab 3. Juni neue Arbeiten in der Kunsthalle Arbon. Im Interview spricht sie über Ideen, Inspirationen und was sie tut, wenn der Kopf mal leer ist
Interview: Michael Lünstroth
Frau Mathis, was genau zeigen Sie in der Kunsthalle Arbon?
Ich zeige drei Arbeiten auf den drei verschiedenen Ebenen der Halle: Im Hauptraum habe ich die Decke und den Boden mit Spiegelplatten belegt, die wie eine Art Garten angeordnet sind. Die Position der Spiegelplatten ist dem Lauf der Sonne während den Öffnungszeiten der Halle angepasst. Je nach dem um welche Uhrzeit und in welchen Wetterkonditionen man die Ausstellung besucht, sieht man eine andere abstrakte Lichtzeichnung an der Wand. Am besten ist es, wenn man etwas Zeit in der Installation verbringt - sich hinsetzt und zuschaut wie sich die Erdumdrehung an der Wand abzeichnet. Es geht um Licht, um Zeit, und vor allem um die Unmöglichkeit, das Licht zu zügeln oder zu kontrollieren wie man es sonst in musealen Ausstellungsräumen versucht.
Aufbaufoto des neuen Werks von Esther Mathis in der Kunsthalle Arbon.
Im kleinen Raum im Obergeschoss zeige ich eine Videoprojektion. Hier kann man schon mal einen Ausschnitt sehen.
Der Video dauert insgesamt 57 Minuten und zeigt den verborgenen Lichtraum im Kunsthaus Zürich oberhalb des Hodlerraumes, welcher das Tageslicht filtert und kontrolliert, um es so schattenlos und brilliant wie möglich zu machen. Ich habe den Lichtraum von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gefilmt um all die verschiedenen Schattierungen des Tageslichtes zu erfassen, die ins Museum eindringen. Im Keller zeige ich "Isolated Systems Vol.1" (siehe Bilder unten). Es ist eine Installation aus circa 140 Kartoffelbatterien. Jedes LED-Lämpchen wird durch Zink und Kupferplättchen in 7 Kartoffeln angetrieben. Das Licht wird während der Ausstellungsdauer immer weniger intensiv, bis es am Ende langsam ausglüht.
"Isolated Systems Vol.1". Eine Installation von Esther Mathis aus circa 140 Kartoffelbatterien. Zu sehen in der Kunsthalle Arbon. Bild: Esther Mathis
Wie sind Sie auf die Idee für die Hauptarbeit gekommen?
Ich arbeite seit fast zwei Jahren an den Musealen Oberlichtsaal-Arbeit. Als ich zum ersten Mal die Kunsthalle anschauen kam, ist mir die Fensterdecke gleich aufgefallen. Ich wollte etwas Ortspezifisches machen, die Kunsthalle hat eine sehr "laute" Ästhetik, ich wollte sie aufgreifen und zum Mittelpunkt machen, ohne eine andere Arbeit hineinzusetzten.
Wie sehr hat der Ort der Kunsthalle die Arbeit geprägt?
Sehr! Der Hauptteil der Ausstellung ist in einem anderen Ort gar nicht möglich, ausser es ist eine ähnliche Architektur mit Oberlicht. Aber auch in diesem Falle müssten alle Teile angepasst werden. Sie ist massgeschneidert auf die Halle, ohne sie existiert sie nicht. Nach der Ausstellung wird die Arbeit verschwinden, und nur die Dokumentation wird bleiben.
Was inspiriert Sie grundsätzlich bei Ihrer Arbeit?
Meistens sind es kleine Details die ich in meinem Alltag beobachte und welchen ich nachgehe. Viel hat mit Neugier und Materialproben zu tun.
Und was tun Sie, wenn Sie mal nicht mehr weiterkommen bei einem Projekt?
Gute Frage! Ich suche Wasser. bewegtes Wasser. Ein Fluss ist am besten. Wenn ich lange genug ins Wasser schaue, habe ich das Gefühl, das mein Kopf innen gewaschen wird. Es ist so ein kühles Gefühl hinter den Schläfen. Danach fällt es mir leichter die Arbeit wieder mit frischen Augen zu betrachten.
Vernissage:
Die Ausstellung wird am Samstag, 3. Juni, 16 Uhr, eröffnet.
Sie ist bis zum 9. Juli jeweils freitags von 17 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr in der Kunsthalle Arbon zu sehen.
Eine öffentliche Führung durch die Ausstellung gibt es am Samstag, 17. Juni, ab 16 Uhr.
Mehr: www.kunsthallearbon.ch
Weiterlesen:
Einen Text zur Arbeit "Isolated Systems Vol.1" von Esther Mathis gibt es hier: http://www.esthermathis.com/115

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