von Inka Grabowsky, 20.07.2019
Einmal zum Mond und zurück
Das Jubiläum zum 50. Jahrestag der Mondlandung hat sich das Kreuzlinger Planetarium nicht entgehen lassen. Ein Raumfahrt-Experte relativierte die Leistung der Astronauten Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins.
„Heute vor genau fünfzig Jahren waren die drei ersten Mondmänner auf halben Weg“, erzählt Men J. Schmidt. Über mangelndes Interesse kann er sich nicht beklagen, der TKB-Saal des Planetariums ist vollbesetzt. Acht Tage waren die Astronauten insgesamt unterwegs, 22 Stunden blieb die Landefähre auf der Mondoberfläche, 14 Tage Quarantäne musste sie danach über sich ergehen lassen, um lebenslangen Ruhm zu ernten. Nur Collins, der im Servicemodul verbleiben musste, wird gelegentlich vergessen. Der Gossauer Raumfahrt-Spezialist jedoch vergisst niemanden – vor allem nicht jene vielen Männer, die vor der erfolgreichen Mission die Grundsteine gelegt haben.
Nazi-Deutschland hatte zum Ende des Zweiten Weltkriegs versucht, mit Hilfe der Raketen V1 und V2 den Sieg noch zu erzwingen. Hundert Exemplare der V2 erbeuteten die Alliierten. Noch wichtiger jedoch war das Know-How des deutschen Raketen-Experten Wernher von Braun, der sich mit seinem Team den Amerikanern andiente. «Er war ein Opportunist», sagt Men J. Schmidt. «Sein Ziel war der Weltraum – und nur die Armee hatte das Geld für seine Raketen.» Die Nachkriegszeit war geprägt vom Kalten Krieg, dem Wettkampf der Systeme zwischen der kapitalistischen und der sozialistischen Welt. «Es waren schallende Ohrfeigen für die Amerikaner, als erst der Sputnik und dann Juri Gagarin um die Erde kreisten.» Auf den Sputnik 2 von 1957 mit der Hündin Laika an Bord antworteten die USA 1959 mit Suborbital-Flügen mit Affen an Bord. Das Totenkopfäffchen «Miss Baker» überlebte anders als die russische Hündin die Versuche und blieb 25 Jahre lang beliebter Teil der Raumfahrt-Ausstellung im U.S. Space & Rocket Center in Huntsville. „Die Besucher legen heute noch Bananen auf ihr Grab“, erzählt Schmidt.
Die Generalprobe ging schief
1961 hatte US-Präsident John F. Kennedy das Ziel formuliert, bis zum Ende des Jahrzehnts einen Menschen zum Mond und wieder zurück zu bringen. «Doch das war ein steiniger Weg», erklärt Schmidt. Technisch galt es grosse Herausforderungen zu bewältigen: „Stellen Sie sich vor, ein Kirchturm, der wie bei uns vielleicht fünfzig Meter hoch ist, wird mit Treibstoff gefüllt und hebt dann ab. Und der ist nicht mal halb so hoch wie die Saturn 5 Rakete.“ Politisch und menschlich gab es 1967 den schlimmsten Rückschlag. Zur Vorbereitung der Mission Apollo 1 hätten die Astronauten White, Grissom und Chaffee in die Erdumlaufbahn geschossen werden sollen, um das neue Servicemodul zu testen. Doch bei einer Trockenübung erstickten alle drei. Ein Kurzschluss hatte die reine Sauerstoffatmosphäre in ihrer Kapsel entzündet. Das Modul musste gründlich überarbeitet werden, bis schliesslich mit Apollo 7 Schirra, Eisele und Cunninghamm elf Tage die Erde umkreisen konnte. Sie brachten die ersten Fotos aus dem All mit, was naturgemäss ideales Material für die PR Kampagnen bot. Im kalten Krieg ging es schliesslich auch immer um spektakuläre Erfolgsmeldungen.
Apollo 8 macht den Unterschied
In Anspielung auf Armstrongs bekanntes Zitat «That’s one small step for (a) man, one giant leap for mankind» hatte Schmidt seinen Vortrag unter das Motto gestellt: „Ein grosser Sprung für die Menschheit – war er das?“ Er bleibt die Antwort nicht schuldig. Er favorisiert nämlich ein Zitat des Astronauten William Anders vom Dezember 1968. Eigentlich hatte der bei Apollo 8 die Aufgabe, das Mond-Modul zu steuern, doch die Mission sollte den Mond nur probehalber umkreisen, nicht landen. Er hatte also Zeit zu fotografieren – und ihm gelang das spektakuläre erste Bild des Erdaufgangs über dem Mond. Bewegt von dem Anblick des Heimatplaneten prägte Anders die Worte: „We came all this way to explore the Moon, and the most important thing is that we discovered the Earth". Schmidt redet sich bei dem Thema heute noch in Rage: „Die Erde ist ein Raumschiff mit bald acht Milliarden Astronauten und begrenzten Ressourcen. Wir sägen täglich den Ast ab, auf dem wir sitzen. Und das weiss man seit 1968.“ Die Erkenntnis, dass die Welt klein und zerbrechlich ist, sei der wahrhaft grosse Sprung für die Menschheit gewesen.
Ausstellung mit Erinnerungsstücken
Die astronomische Vereinigung Kreuzlingen hatte rechtzeitig vor dem Jubiläum ihre Fans um persönliche Erinnerungen an die Mondlandung gebeten. In einer kleinen Wechselausstellung sind sie neben originalen Zeitungsseiten vom Ostschweizerischen Tagblatt nachzulesen und spiegeln die damalige Begeisterung wider. Nun kann jeder Besucher selbst überlegen, wie er die Landung am 21. Juli 1969 erlebt hat und an was man sich heute noch erinnert. Das Faktum, dass die Helden von damals Windeln in ihren Raumanzügen trugen, dürften viele wohl verdrängt haben.
Weitere Termine: Im Ortmuseum Andwill gibt es eine Ausstellung von Sammlerstücken von Men J. Schmidt ab 20. Juli. Im Naturmuseum St. Gallen stellt er ebenfalls aus. Mehr dazu gibt es hier.
Videos zu 50 Jahre Mondlandung
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