von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 14.03.2022
Unter der Oberfläche
Regionale Kulturpools sollen Kultur und Veranstaltungen in den Gemeinden unterstützen. Eigentlich ein gutes Förderinstrument. Aber die Vergabe der Gelder ist nicht überall gleich transparent, wie eine Recherche von thurgaukultur.ch zeigt. (Lesedauer: ca. 8 Minuten)
Fast 900’000 Franken fliessen im Schnitt jedes Jahr aus den regionalen Kulturpools in Kulturprojekte und Veranstaltungen in die Gemeinden im Thurgau. Im Kanton gibt es acht verschiedene Kulturpools, die sich in Grösse, Budget und Sichtbarkeit deutlich unterscheiden.
Aber wie werden die Gelder eigentlich verteilt? Was passiert mit dem Geld, das während der Corona-Pandemie nicht ausgeschüttet werden konnte? Und wie kommt man als Kulturschaffender an diese Förderung heran? Wir haben uns die Bilanzen der einzelnen Kulturpools genauer angesehen mit den Verantwortlichen vor Ort gesprochen und beantworten hier die wichtigsten acht Fragen zum Thema.
1. Was machen die Kulturpools überhaupt?
Die ersten Kulturpools im Thurgau sind 2009 in Kreuzlingen und Diessenhofen entstanden. Inzwischen gibt es acht Kulturpools im Thurgau (siehe Karte) Ziele sind die Stärkung der regionalen Kultur, die Schaffung einer Plattform für den Dialog zwischen Kulturveranstaltern und Gemeinden sowie die Vereinfachung der administrativen Abläufe von Kulturförderung.
Der Gedanke hinter der Gründung war auch, dass die Menschen vor Ort am besten darüber entscheiden können, welche Kulturprojekte für ihre Region förderungswürdig sind. Die Kulturpools sind also zuständig für die Förderung von Einzelveranstaltungen und Veranstaltungsreihen mit lokaler beziehungsweiser regionaler Ausrichtung.
Mitglieder der Kulturpools sind in erster Linie Gemeinden aus der jeweiligen Region. Sie zahlen pro Einwohner einen Beitrag zwischen 1 und 2 Franken (unterscheidet sich je nach Pool) in den Topf des Kulturpools. Dieser Betrag wird vom Kanton aus Mitteln des Lotteriefonds schliesslich verdoppelt. Daneben können in einzelnen Kulturpools auch kunst- und kulturnahe Organisationen sowie private Einzelpersonen Mitglieder werden. Sie zahlen dann meistens einen Jahresbeitrag von 300 Franken.
2. Wie viel Geld verteilen die Kulturpools?
Insgesamt fliessen im Schnitt aus den Kulturpools rund 900’000 Franken pro Jahr in regionale Kulturprojekte. Dabei sind die Budgets in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich: Während das Budget im Kulturpool Untersee-Rhein bei 27’000 Franken liegt, verfügt der Kulturpool Thurkultur über ein Budget von 245’000 Franken. Das liegt daran, dass Thurkultur viel mehr Mitglieder hat als der Kulturpool Untersee-Rhein: 23 zu 4. Das heisst: Je mehr Gemeinden sich beteiligen in einer Region, umso mehr Geld steht zur Verfügung.
Das Prinzip: Je mehr Gemeinden sich beteiligen, um so mehr Geld steht zur Verfügung
Der Kulturpool Thurkultur ist ohnehin ein Sonderfall - er agiert kantonsübergreifend im Thurgau und St. Gallen: Von den 23 Mitgliedsgemeinden kommen 14 aus dem Thurgau, 9 aus St. Gallen. Deshalb liegen die Gesuchssummen hier auch höher - bis zu 10’000 Franken können hier pro Gesuch vergeben werden. Bei den meisten anderen Kulturpools liegt die Höchstsumme bei 5’000 Franken.
Aber auch hier gibt es Abweichungen. Der Kulturpool Regio Frauenfeld zum Beispiel nimmt auch höhere Gesuche an. Christof Stillhard, Leiter des Frauenfelder Kulturamts und Geschäftsführer des Kulturpools, schreibt auf Nachfrage: „Die Fördersummengrenze von 5'000 Franken gilt beim Kulturpool Regio Frauenfeld nicht, da wir als Regio um die Kantonshauptstadt neben vielen kleinen Projekten auch einzelne grosse fördern, die auf eine breit abgestütze Finanzierung angewiesen sind. So wird beispielsweise die Theaterwerkstatt Gleis 5 sowohl vom Kanton, als auch von der Stadt Frauenfeld und vom Kulturpool Regio Frauenfeld unterstützt.“ Das Jahresbudget im Frauenfelder Kulturpool liegt bei rund 160’000 Franken.
In den weiteren Thurgauer Kulturpools steht so viel Geld zur Verfügung: Aach-Sitter-Thur (40’000 Franken), Region Diessenhofen (30’000 Franken), Mittelthurgau (92’000 Franken), Oberthurgau (195’720 Franken), Kultursee Kreuzlingen (80’000 Franken).
Einen weiteren Unterschied gibt es in der Art der Förderung: Während die grösseren Kulturpools wie Thurkultur oder Regio Frauenfeld auch Jahresbeiträge an etablierte Einrichtungen vergeben, berücksichtigen kleinere Pools nur Einzelveranstaltungen oder Veranstaltungsreihen. Dabei ergibt die Umstellung auf Jahresbeiträge bei regelmässig aktiven Kulturakteuren durchaus Sinn - es ist administrativ für alle Beteiligten ein geringerer Aufwand und gibt den Kulturschaffenden eine sichere Perspektive und Planbarkeit.
3. Wer kann sich auf Gelder aus dem Topf der Pools bewerben? Und wie genau geht das?
Wichtigstes Kriterium in allen Kulturpools ist der Bezug des Projektes zur jeweiligen Region. Entweder stammt der/die Künstler:in aus der Gegend oder aber die geplante Veranstaltung findet in der jeweiligen Region statt. Alle Kulturpools haben auf ihren Internetseiten öffentlich einsehbare Richtlinien für die Vergabe ihrer Mittel.
Viele davon klingen identisch, manche sind ausführlich, andere aber auch kürzer gefasst. Insgesamt zeigt sich aber, dass neben dem regionalen Bezug dies die wichtigsten Kriterien sind: Professionalität, Qualität, Innovation, Relevanz sowie ein nachvollziehbares Budget.
Einige Kulturpools haben bestimmte Einreichungsfristen, bei anderen kann man ganzjährig Gesuche einreichen. Wie genau das jeweils geht, ist auf den einzelnen Websites hinterlegt:
Untersee-Rhein: https://www.kulturpool-untersee-rhein.ch/deutsch/formulare/
Region Frauenfeld: https://www.kulturpool-regio-frauenfeld.ch/Home
Aach-Sitter-Thur: https://www.kulthurpool.ch/
Region Diessenhofen: https://www.diessenhofen.ch/staedtlileben/kultur-gesellschaft/kulturfoerderung.html/131
Mittelthurgau: http://www.kulturpool-mittelthurgau.ch/
Oberthurgau http://www.kulturpool-oberthurgau.ch/
Kreuzlingen: https://www.kultursee.ch/
Münchwilen/Wil: https://www.thurkultur.ch/
4. Wer entscheidet über die Vergabe der Mittel?
In fast allen Kulturpools entscheidet am Ende der Vorstand des jeweiligen Kulturpools über die einzelnen Gesuche. In diesen Vorständen sitzen in der Regel Vertreter aus den jeweiligen Gemeinden des Kulturpools. In vielen Satzungen der Kulturpools findet sich zudem der Passus, dass eine externe Beratung durch Fachpersonen möglich ist. Unsere Recherche ergab: Diese Möglichkeit wird kaum genutzt.
Einzig in Frauenfeld, Aach-Sitter-Thur und im Kreuzlinger Kultursee wurden externe Fachpersonen gelegentlich hinzugezogen. Wobei die Bezeichnung „externe Beratung“ hier eher weich formuliert ist. In Kreuzlingen zählt beispielsweise die Beratung durch die städtische Kulturkommission als externe Fachberatung. Tatsächlich gibt es hier aber auch personelle Überschneidungen zwischen Kulturpool und Kulturkommission (dazu unter Frage 6 mehr).
Darüber hinaus gibt es ein paar regionale Besonderheiten: Im Kulturpool Oberthurgau wird beispielsweise in einem abgestuften Verfahren entschieden: „Die Gesuche werden zuerst in der Gemeinde behandelt, dann vom Vorstand des Kulturpools Oberthurgau. Je nach Gemeinde sind es unterschiedliche Gremien, die die Gesuche behandeln. In Romanshorn sind das beispielsweise der Kulturbeauftragte in Zusammenarbeit mit dem Stadtpräsidenten, in Amriswil, Arbon und Egnach sind dies die zuständigen Kulturkommissionen. In Hefenhofen, Salmsach und Uttwil sind es die Gemeindepräsidenten respektive der zuständige Gemeinderat oder der ganze Gemeinderat“, schreibt Andreas Müller, Kulturbeauftragter der Stadt Amriswil auf Nachfrage.
Je kleiner die Gemeinde, umso mehr Entscheidungsmacht liegt in wenigen Händen
Das bedeutet: Je kleiner die Gemeinde, umso mehr Entscheidungsmacht liegt in wenigen Händen bei politischen Vertreter:innen.
Bei thurkultur entscheidet der Vorstand unterschieden nach zwei Gesuchsgruppen: einzelne Projektbeiträge und Jahresbeiträge. In Frauenfeld entscheidet der Kulturpool-Vorstand unter Leitung des Frauenfelder Stadtpräsidenten Anders Stokholm, die Geschäftsstelle (Geschäftsführer ist der Frauenfelder Kulturamtsleiter Christof Stillhard) entscheidet über Beiträge unter 1000 Franken selbstständig und steht ansonsten beratend zur Seite. In Diessenhofen entscheiden die Gemeindepräsident:innen der Kulturpoolgemeinden nach Vorbereitung durch die städtische Kulturbeauftragte Lucia Angela Cavegn und Stadtschreiberin Sabrina Gohl.
Beim Kulturpool Mittelthurgau rund um Weinfelden gibt es zwei Entscheidungsebenen: die jeweiligen Gemeinden entscheiden über eine Hälfte des Kontos autonom, über den anderen entscheidet der Vorstand des Pools. Für die Stadt Weinfelden übernimmt die städtische Kulturkommission diese Aufgabe.
In einigen Kulturpools ist das Stimmrecht zudem an die Einwohner:innenzahl geknüpft: Beim Kulturpool Aach-Sitter-Thur gibt es pro 1000 Einwohner:in eine Stimme. In der Regio Frauenfeld ist es folgendermassen gestaffelt: 1 Stimme (1000 Einwohner:innen), 2 Stimmen (bis 3000 Einwohner:innen), 3 Stimmen (bis 10’000), 4 Stimmen (über 10’000). Die Mitglieder, die keine Gemeinde vertreten erhalten jeweils eine Stimme. Beim Kultursee Kreuzlingen ist die Regelung identisch, auch im Kulturpool Untersee-Rhein ist das Stimmrecht nach Einwohner:innenzahl gestaffelt (1 Stimme: 1000 Einwohner:innen; 2 Stimmen: bis zu 3000 Einwohner:innen; 3 Stimmen für über 3000 Einwohner:innen)
5. Wie transparent ist die Vergabe der Mittel bei den Kulturpools?
Hier gibt es grosse Unterschiede. Während alle Kulturpools transparent über ihre Richtlinien und Förderkriterien informieren, ist die Kommunikation über die detaillierte Vergabe der Gelder nicht immer gleich transparent. Vorreiter in Sachen Offenheit sind die grossen Kulturpools von thurkultur und Frauenfeld: Sie veröffentlichen auf ihren Websites in Form von Jahresberichten oder Statistiken, welche Kulturprojekte wie viel in welchem Jahr bekommen haben.
Andere sind da verschlossener. Der Kulturpool Oberthurgau publiziert aus Prinzip weder die einzelnen Gesuche noch die Unterstützungssumme. Warum nicht? Dazu Andreas Müller, Geschäftsstellenleiter des Oberthurgauer Kulturpools und Kulturbeauftragter der Stadt Amriswil: „Die Entscheide im Vorstand des Kulturpools Oberthurgau werden analysiert und diskutiert. Da gibt es Komponenten, die nicht einfach auf eine Zahl schliessen lassen. So kann ein Konzert mit 4 Musikern einmal mit dem Betrag x und ein anderes Konzert am selben Ort mit 4 Musikern mit dem Betrag y unterstützt werden. Der Grund dafür kann vielfältig sein und kann in einer öffentlichen Auflistung allenfalls zu mehr Fragen führen als zu einer guten Information. In den letzten 8 Jahren hat es auch noch niemand vermisst oder bei uns nach so einer Liste nachgefragt.“
„In den letzten 8 Jahren hat es auch noch niemand vermisst oder bei uns nach so einer Liste nachgefragt.“
Andreas Müller, Geschäftsstellenleiter des Oberthurgauer Kulturpools, auf die Frage, weshalb sie die einzelnen Fördersummen nicht veröffentlichen
Auch in Kreuzlingen werden keine konkreten Zahlen veröffentlicht. Auf Nachfrage erhalten wir nur eine Liste mit den in den letzten Jahren unterstützten Projekten, aber ohne Angabe der jeweiligen Fördersumme. Ähnlich beim Kulturpool Untersee-Rhein rund um Mammern: Hier werden auf der Website unterstützte Projekte veröffentlicht, aber ohne Fördersumme. Diese erfahren wir dort allerdings auf Nachfrage. In Diessenhofen werden keine Zahlen proaktiv veröffentlicht, auf Nachfrage teilt Stadtschreiberin Sabrina Gohl die gesamte Fördersumme der einzelnen Jahre mit, nicht aber die Verteilung auf die einzelnen Projekte.
In Weinfelden beim Kulturpool Mittelthurgau wird genauso verfahren. Einzelne Fördersummen bleiben unter Verschluss. Die Gesamtzahlen hier zeigen aber, dass die Fördersummen seit 2017 stark zurückgegangen sind: von 68’950 Franken (2017) auf 50’200 Franken (2019) bis zu 40’960 Franken (2021). Dass die Fördersumme bereits vor der Pandemie rückläufig war, liegt laut Geschäftsstellenleiterin Mari Schai-Escobar daran, dass weniger Gesuche eingegangen seien.
Beim Kulthurpool Aach-Sitter-Thur werden ebenfalls keine Fördersummen proaktiv publiziert. Während unserer Recherche erhalten wir aber eine Liste mit den jeweiligen Gesamtförderungen eines Jahres, einzelne Förderbeiträge werden nicht genannt.
6. Wie könnte die Vergabe transparenter werden?
Vor allem zwei Dinge liessen sich umsetzen. Eines ist leichter, eines schwerer. Leicht umzusetzen wäre, dass sich alle Kulturpools in der Kommunikation über die Vergabe ihrer Mittel an den grossen Kulturpools in Frauenfeld und bei Thurkultur orientieren und so jährlich transparent offenlegen, wer welche Gelder bekommen hat. Das ist ein administrativer Aufwand, der mehr Klarheit und Offenheit in die manchmal intransparenten Entscheidungswege ermöglichte.
Schwieriger umzusetzen ist der zweite Punkt - die Entflechtung von personellen Überschneidungen. So wie die Kulturpools jetzt strukturiert sind, entscheiden einzelne Personen durch ihre Doppelfunktion über Gesuche, die sie selbst gestellt haben. Zum Beispiel in Frauenfeld.
Christof Stillhard ist Leiter des städtischen Kulturamts, gleichzeitig aber auch Geschäftsstellenleiter des Kulturpools Regio Frauenfeld und entscheidet so über Anträge der Stadt Frauenfeld mit.
Auf diesen möglichen Interessenkonflikt angesprochen, schreibt Stillhard in einer E-Mail: „Das sieht vielleicht auf dem Papier seltsam aus, aber damit kann ich gut leben. Denn sowohl als Geschäftsführer des Kulturpools Regio Frauenfeld wie als Kulturbeauftragter der Stadt Frauenfeld habe ich die gleichen Interessen: ein möglichst buntes Kulturleben in der Regio Frauenfeld. Und da wir im Thurgau in Sachen Kulturgelder nicht eben verwöhnt sind, kratze ich das Geld zusammen, wo es nur geht. Ausserdem schauen mir die Entscheidungsgremien (Kulturkommission und Vorstand Kulturpool) sehr genau auf die Finger und geben ihr OK nicht automatisch. Und: ich habe selber ja keinen finanziellen Vorteil - ich verdiene gleich viel, ob ich nun in meinem 60%li-Job noch eigene Produktionen für die Stadt und die Region auf die Beine stelle oder nicht.“
„Sowohl als Geschäftsführer des Kulturpools Regio Frauenfeld wie als Kulturbeauftragter der Stadt Frauenfeld habe ich die gleichen Interessen: ein möglichst buntes Kulturleben in der Regio Frauenfeld.“
Christof Stillhard, Leiter des städtischen Kulturamts, gleichzeitig aber auch Geschäftsstellenleiter des Kulturpools Regio Frauenfeld, sieht keinen Interessenkonflikt
Ähnliche Konstellationen gibt es auch in anderen Kulturpools: Dorena Raggenbass ist Stadträtin für Kultur in Kreuzlingen und gleichzeitig Präsidentin des Kulturpools Kultursee. Jorim Schäfer ist Stadtrat in Bischofszell und zudem Präsident des Kulturpools Aach-Sitter-Thur. In Weinfelden ist Valentin Hasler Stadtrat im Ressort Kultur, Sport, Tourismus und auch Präsident des Kulturpool Mittelthurgau. Andreas Müller ist Geschäftsstellenleiter des Kulturpool Oberthurgau und gleichzeitig Kulturbeauftragter der Stadt Amriswil. Diese Liste liesse sich beliebig fortsetzen.
Das zu entzerren ist aber aus zwei Gründen schwierig: Zum einen sollen ja Leute in diesen Gremien sitzen, die wissen worüber sie reden und sich auskennen mit Kulturprojekten. Zum anderen ist es auch nicht so, dass sich sehr viele Menschen um diese ehrenamtlichen Aufgaben in den Vereinsvorständen der Kulturpools reissen.
Das macht es kompliziert, diesen Bereich komplett neu zu regeln. Klare Ausstandsregeln könnten helfen und auch ein Mittel, das allen Kulturpools zur Verfügung steht, bislang aber kaum genutzt wird - externe Expert:innen in die Entscheidungen einzubeziehen, um mehr Transparenz und Unabhängigkeit zu gewährleisten.
7. Wenn Kulturpools vor allem Veranstaltungen unterstützen und gleichzeitig während der Corona-Pandemie viel weniger Veranstaltungen stattfanden - was passierte dann mit dem nicht verteilten Geldern in den einzelnen Regionen?
Die meisten Kulturpools haben entweder Rückstellungen für die kommenden Jahre gemacht oder auch gesprochene Beiträge für pandemiebedingt ausgefallene Veranstaltungen nicht zurück gefordert. Das Geld soll also weiterhin in die Kultur fliessen.
Eine besonders gute Idee hatte man beim Kulturpool Thurkultur: Dort wurden als Soforthilfe für Kulturschaffende erstmals Werkbeiträge vergeben. Damit sollte notleidenden Kulturschaffenden aus der Region unter die Arme gegriffen werden und ihnen so ermöglichen, ihre Arbeit während dieser schwierigen Phase weiterzutreiben.
Thurkultur schafft Werkbeiträge in der Coronakrise
Es wurden befristet Beiträge bis maximal 5'000 Franken gesprochen. „14 Projekte sind im Zeitraum Februar bis April 2021 eingegangen. 12 davon haben den Vorstand überzeugt. Es konnten 35'900 Franken ausbezahlt werden“, erklärt Manuela Schöb, Leiterin der Thurkultur-Geschäftsstelle auf Nachfrage.
Auch im Oberthurgau hatte man eine besondere Idee: „Die oben erwähnten zwei Franken aus den Gemeinden, werden in die Folgejahre investiert. Der Kantonsbeitrag wird in ein Grossprojekt investiert“, schreibt Andreas Müller, Kulturpool-Geschäftsstellenleiter auf Nachfrage. Welches Grossprojekt das ist, wollte er aber nicht verraten.
Im Kulturpool Aach-Sitter-Thur wurden die geringere Anzahl der Gesuche mit einer jeweils höheren Förderungssumme ausgeglichen. Im Kulturpool Untersee-Rhein soll die Rückstellung für den 2023 wieder stattfindenden Kunstweg genutzt werden. Diese findet alle fünf Jahre in der Region statt.
8. Das Fazit: Was bedeutet das jetzt alles?
Die Kulturpools sind im Prinzip ein gutes Kulturförderinstrument, weil sie den Gemeinden vor Ort die Gelegenheit geben, ihr lokales und regionales Kulturleben zu gestalten. Allerdings haben nicht alle, aber doch einige, Kulturpools auch ein Transparenz-Defizit.
Wer, wie viel Geld aus dem vorhandenen Finanztopf bekommt, wird oft geheimgehalten. Das verhindert Nachvollziehbarkeit und öffnet die Tore für Verfilzungen im Fördersystem zwischen Politik und Kultur. Mit etwas mehr Offenheit könnten die noch verschlossenen Kulturpools diesem Eindruck entgegen wirken und so mehr Vertrauen in ihre Entscheidungsfindung schaffen. Diese Anpassung sollte auch unter den jetzigen Bedingungen möglich sein.
Kulturförderung als Feierabendprojekt?
Die Existenz der Kulturpools weist aber noch auf ein anderes, viel grundlegenderes Charakteristikum des Thurgauer Kulturlebens hin - es basiert in weiten Teilen auf dem ehrenamtlichen Engagement Einzelner. Das gibt dem Thurgauer Kulturleben einerseits etwas sehr Persönliches, aber es macht Kulturförderung andererseits eben auch zu einem maximal halb-professionellen Feierabendprojekt.
Und das bedeutet: So lange die Strukturen sind wie sie sind, und nicht mehr Gelder in die professionelle, administrative Ausstattung der Kulturpools fliesst, wird man mit Mängeln in System leben müssen.
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