von Bettina Schnerr, 17.07.2020
Tatort Schule
Der Schriftsteller Daniel Badraun schickt seit 2006 die Kinder Kati und Sven als junge Detektive durch den Thurgau. Jetzt gibt es einen neuen Fall.
Alle zwei Jahre schrieb Daniel Badraun Geschichten über Kati und Sven in Echtzeit: Das Geschichtendock war jeweils für mehrere Wochen ihr Schauplatz und aktuell erforschen die zwei jungen Romanshorner «Die geheimnisvolle Bibliothek». Dieses Jahr allerdings haben die beiden ihren letzten Einsatz. Zumindest, was jene Ermittlungen angeht, die Badraun gemeinsam mit den Thurgauer SchülerInnen online entwickelt. Doch im Vorfeld der Olympischen Spiele von Tokyo gibt es neue Probleme und die beiden Kinder stecken mal wieder mittendrin. Dieses Mal wurde ein richtiges Buch daraus, „Die Olympiahoffnung“.
Zwar müssen wir auf die Spiele in Tokyo nun noch ein Jahr warten, aber vorbereiten müssen sich die Sportler trotzdem. So wie die junge Turnerin Petra Huber aus Ermatingen, eine echte Schweizer Medaillenhoffnung. Sie trainiert in einer versteckten Turnhalle im Tessin, um Ruhe vor der Presse zu haben. Ganz in der Nähe allerdings sind die Schulklassen aus Romanshorn mit Kati und Sven für ein paar Tage im Lager. Und da sich Kati und Petra zum Verwechseln ähnlich sehen, verläuft das Klassenlager ganz anders als geplant.
Ehrgeiz will gefüttert werden
Die Olympia-Trainingsgruppe möchte Petra noch eine letzte Verschnaufpause gönnen, kurz bevor es in den Flieger nach Japan geht. Kati kommt gerade recht: Sie soll für kurze Zeit Petra spielen und die Presse ablenken. Sonderbar, dass Katis Lehrerin Frau Saxer sofort zustimmt und Petra ins Klassenlager einschleust. Noch sonderbarer sind die Schattenseiten des Sportlerlebens: Ein Reporter ist der falschen Petra längst auf den Fersen, sie muss ungeplant ein TV-Interview geben und dann machen auch noch wilde Gerüchte über Doping bei den Turnerinnen die Runde.
Kati und Sven stimmen sich ab und sind sich sicher: Da wartet ein neuer Fall auf sie. Während Sven Petra aushorcht, muss Kati herausfinden, wem sie im Trainingscamp trauen kann. Irgend jemand aus der Gruppe muss für die Gerüchte und den Verrat des Trainingslagers an die Presse verantwortlich sein. Und letztlich hat Kati wirklich keine Lust auf Dopingspritzen, sollte an den Gerüchten tatsächlich etwas dran sein.
Krimiliteratur für Kinder und Eltern
Von all den Geschichten, die Daniel Badraun für das Geschichtendock schrieb, gelang bereits zwei der Sprung zum Verlag. Nun folgt mit „Die Olympiahoffnung“ der dritte Fall mit Kati und Sven. Die Geschichte ähnelt freilich dem Ursprung vom Geschichtendock, ist aber natürlich einem aktuellen Ereignis angepasst, erweitert und lektoriert. Die Vorläuferfassung stammt von 2012 und die damaligen Schulkinder sind den Kinderkrimis sicher längst entwachsen. Die Olympiastory ist offen für neue Leser:innen, denen Kati und Sven in den letzten Jahren ans Herz gewachsen sind oder die die beiden kennenlernen wollen.
Daniel Badraun arbeitet übrigens als Lehrer im Thurgau. Der Arbeitsplatz scheint grundsätzlich gefährlich zu sein, denn Badraun fungiert in diesem Jahr zusätzlich als Herausgeber der Krimianthologie „Mord zur grossen Pause“. Neben Badraun selbst steuern zwanzig SchriftstellerInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Kurzkrimis bei und allesamt arbeiten auch sie als Lehrpersonen. Verwesungsgeruch im Heizungskeller, ein Grab auf dem Sportplatz und ermordete Biologielehrer — die Schule gibt weitaus mehr Inspiration für Krimis her, als man gemeinhin vermutet.
Die Bücher
Daniel Badraun – Die Olympiahoffnung. Ein Fall für Kati und Sven
Gmeiner Verlag Messkirch, 2020, 224 Seiten
Daniel Badraun, Hrsg. – Mord zur grossen Pause
Gmeiner Verlag Messkirch, 2020, 284 Seiten
Weitere Beiträge von Bettina Schnerr
- Dreckiges Erbe (20.02.2023)
- Wie hart trifft die Energiekrise die Kulturbranche? (28.11.2022)
- Plötzlich Hauptfigur (14.11.2022)
- Hinter den Kulissen von Licht- und Farbenzauber (09.09.2022)
- Jägerin des verborgenen Schatzes (04.07.2022)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Literatur
Kommt vor in diesen Interessen
- Kritik
- Belletristik
Ähnliche Beiträge
Wirklichkeit ist, was du daraus machst!
Michèle Minelli hat ein neues Buch vorgelegt, das schwer aus der Hand zu legen ist. Man will einfach wissen, wie es endet. Wer das noch nicht wissen will, der lese diesen Text nicht bis zum Schluss. mehr
Sanfte Radikalität
Die Aargauer Autorin Barbara Schibli stellt ihr zweites Buch vor: «Flimmern im Ohr» erzählt von einer Frau, die mitten im Leben steht und dennoch einen Blick zurück auf ihre wilden Jahre wirft. mehr
Familiengeschichte im Zeichen des Kolonialismus
Mit „The White Rasta“ erforschte die Autorin Dominique Haensell ihre Herkunft. Ein Teil des Buches entstand während eines Stipendiums im Literaturhaus Thurgau. Dort liest sie am 24.Oktober daraus. mehr