von Inka Grabowsky, 09.09.2024
Raum ist in der kleinsten Scheune
Der Lengwiler Verein für Kulturveranstaltungen «Plan BBB» erweitert sein Programm. Statt den ursprünglichen Zutaten «Band, Boxen, Bier» durfte Micha Stuhlmann die Scheune für eine Performance nutzen. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
«Ich glaube nicht an Zufälle», sagt Petra Haas vom «Plan BBB». «Wir hatten uns gerade im Vorstand überlegt, dass wir nach vier Jahren mit Garageband-Konzerten mal etwas Neues ausprobieren sollten, als mir Micha Stuhlmann vorgestellt wurde.» Plan BBB entstand vor vier Jahren, als die Band Parachute von Haas und ihren Freunden pandemiebedingt nur im Freien auftreten durfte. «Meine Eltern haben hier in Illighausen eine Beiz geführt, wie meine Grosseltern vor ihnen. Nun bin ich nicht Wirtin, sondern Zeichenlehrerin geworden, aber einen Treffpunkt kann ich immer noch bieten.»
Also wurde Bier besorgt, die Lautsprecherboxen aus dem Proberaum parat gestellt und die Band trat auf – natürlich ohne Gage, aber immerhin kam durch die Kollekte etwas Geld zusammen. Das Prinzip hat sich bis heute erhalten. Und bis heute gestaltet Haas die Flyer und Plakate selbst. Der Stil der Zeichnungen mit schwarzem Filzstift ist unverwechselbar. «Man muss sich ja abheben von der Info-Flut», lacht sie.
Für einmal mehr als Musik
17 mal lud der vierköpfige Vereinsvorstand Bands in den vergangenen Jahren ins Dorf ein. Doch für den 18. Abend gab es nun etwas Besonderes. Die Choreografin und Tänzerin aus Kreuzlingen zeigte in Illighofen unter dem Titel «Nexus» eine Performance, die sie speziell für und mit dem Schauplatz geschaffen hat. «Nexus ist für mich der Punkt, in dem alles zusammenläuft, auch die fünf Elemente nach tibetischer Lehre. Sie sind für mich zentral», so Stuhlmann.
Die Darstellung von «Luft» nötigt dem Publikum Respekt für die Körperbeherrschung der Performerin ab. In weisse Gewänder gehüllt scheint sie zu schweben. Ein Hocker als Plattform und geschickt angebrachte Scheinwerfer verstärken die Illusion. Die Musiker Mischa Stiefenhofer und Holger Gosdek nehmen den Atem der Künstlerin per Mikrophon auf und bauen ihn in ihre Klänge und Rhythmen ein. In «Erde» arbeitet sich Stuhlmann buchstäblich ein. Zahllose Eimer Ackerboden hatte sie in der Scheune ausgekippt. Nun wälzt sie sich darauf und verleibt sich sogar einen Mundvoll des Elements ein.
Humor und Metaphysik
«Wasser» setzt Stuhlmann mit Humor um. Die Schwimmbewegungen mit Schwimmbrille und Badekappe aus der Wassertonne heraus sorgen für Lacher im Publikum. Ein fasziniertes Raunen gibt es dagegen zur Belohnung, als im folgenden «Feuer»-Akt das mit Brennpaste auf eine Metallplatte aufgetragene Unendlichkeitssymbol entflammt.
Metaphysisch wird es beim fünften Element. In der tibetischen Lehre ist das fünfte Element nicht «Äther» wie bei den alten Griechen, sondern «Raum». Und den bespielt Micha Stuhlmann, indem sie die oberen Stockwerke der Scheune subtil hinterleuchtet. Spalten in der Fassade lassen Lichtstrahlen entweichen. Eher an einen Science-Fiction-Film wie «The Fifth Element“ erinnert fühlt sich das Publikum, als durch Schatten und Bühnennebel eine riesige Puppe sichtbar wird, die von oben herab im Scheunenraum hing. «Etwas embryonal», meinte eine Zuschauerin, «oder vielleicht doch ein Alien?»
Mit Neugier und Begeisterung aufgenommen
Der Applaus nach dieser letzten Szene beginnt verhalten. Niemand scheint sich zu trauen. Doch dann mischen sich Bravo-Rufe in das Klatschen. «So schön», sagt Petra Haas. «Viele aus unserem Stammpublikum haben uns gratuliert, weil wir etwas ganz Neues gewagt haben. Und es waren richtig viele Leute da, auch solche, die noch nie beim Plan BBB waren.»
Die nächste Veranstaltung
Nächste Veranstaltung von Plan BBB in der Scheune in Illighausen: 21. September 2024, 60s Garagepunk mit «The Royal Flares» aus München, Postrock von Silentbass aus St. Gallen und dem akustischen Gitarrenduo «The Jester’s Grief» aus Weinfelden. Eintritt frei, die Kollekte geht an die Künstler. Mehr im Internet unter: https://planbbb.org/programm/
Bewegungsbegeisterte Laien gesucht
Micha Stuhlmann verfolgt ein neues Projekt. Mit «Frühlingserwachen» will sie pünktlich zum Frühlingsanfang 2025 das Apollo in Kreuzlingen bespielen. Für die Performance sucht sie noch einige bewegungsbegeisterte Laien. «Die Proben sind intensiv – einmal im Monat ein Wochenende», sagt die Künstlerin. «aber ich biete Erfahrung und Training im Tausch gegen Zeit und Ideen der Teilnehmenden.»
Kontakt über www.micha-stuhlmann.com
Von Inka Grabowsky
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