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von Brigitte Elsner-Heller, 08.05.2017

Pfannkuchen sind wichtig

Pfannkuchen sind wichtig
Was ist wirklich wichtig im Leben? Szene aus der Inszenierung "Die fürchterlichen 5" von der Theater Werkstatt Gleis 5 | © Brigitte Elsner-Heller

Hässlich und traurig? Keine gute Idee, findet die Theaterwerkstatt Gleis 5 und beweist mit „Die fürchterlichen Fünf" nach dem Kinderbuch von Wolf Erlbruch, dass immer etwas geht.

Von Brigitte Elsner-Heller

Die Grillen zirpen, Vögel zwitschern dazu ein heiteres Wunschkonzert – das Licht ist mild, und die Welt macht einen sorglosen Eindruck. Doch es regt sich etwas, das die Stimmung verändert: Die dicke Kröte ist aufgewacht und schält sich langsam unter ihrer Plane hervor. Graugrün ist die Kröte, nicht wirklich ansehnlich, und ihr griesgrämiges Gesicht tut ein Übriges. Mit ihrer langen Zunge testet sie, ob zufällig schon ein Frühstückshappen in der Nähe ist, dann wird mit den zwei Glupschaugen – zwei Lupen – vorsichtshalber auch noch nachgeschaut. Nein, heute mal wieder keine gute Laune, warum auch. Für die Bühne der „Theaterwerkstatt Gleis 5" in Frauenfeld kann das natürlich nicht alles sein. Schon wird auch die Ratte wach, die in einer Tonne geschlafen hat. Sie putzt und kratzt sich erstmal ausgiebig, bevor sie ihren Morgengruss entrichtet. Und auch im Karton wird es lebendig: Die Fledermaus stakst heraus und muss erstmal ihre schwarzen Flügel strecken. Auch sie hat nach dem Aufwachen ihr Frühstück im Sinn, was durch Klicklaute als Sonarsystem zu verstehen gegeben wird. Doch die drei Helden der Bühne haben vorerst wenig Glück. Die Grille, fast schon „sicher" ein Appetithappen der Kröte, kommt davon und zirpt doch weiter, die Fledermaus bleibt ebenfalls hungrig, nur die Spinne, die in einer Art Kokon unter der Decke hängt, kann sich über eine Fliege freuen, die ins Netz gegangen ist und nun abrupt verstummt.

Szene aus dem Stück "Die fürchterlichen 5". Bild: Brigitte Elsner-Heller

Erst jetzt kommt nach und nach mehr Leben auf die Bühne, vor der die jüngsten Zuschauer auf Kissen oder Bänken ganz vorne sitzen und sich vor lauter Konzentration auf das, was sich direkt vor ihrer Nase tut, überhaupt nicht mehr rühren – die Erwachsenen, die sie zur Premiere von „Die fürchterlichen Fünf" begleitet haben, sitzen dahinter in den Publikumsrängen. Dass die Geschichte der fünf gemeinhin als hässlich angesehen Tiere, die Wolf Erlbruch in seinem Kinderbuch verewigt hat, immer noch funktioniert, wird auch auf der Bühne der „Theaterwerkstatt Gleis 5" deutlich, wo die fünf Schauspieler Rahel Wohlgensinger (Spinne), Joe Fenner (Fledermaus), Noce Noseda (Ratte), Giuseppe Spina (Hyäne) und Simon Engeli (Kröte) mit der Inszenierung von „Die fürchterlichen Fünf" (Regie: Carin Frei) augenzwinkernd auch sich selbst und ihr Projekt „Gleis 5" feiern, das dieses Jahr fünf Jahre alt wird.

Warum nur macht Hässlichkeit viel zu oft auch einsam?

Mit viel Liebe zum Detail, die sich in der Ausstattung und der Zeichnung von Verhaltensweisen zeigt, geht es also weiter. Jetzt reden die vier, die unter der Brücke leben, zwar miteinander, doch aus der Stille ist eine beredte Einsamkeit geworden: Die Kröte ist deprimiert, weil sie so hässlich ist, sieht aber keinen Ausweg. Die Ratte dagegen versucht sich in Aktionismus: Wenn ein Schaf, das sich von Gras ernährt, schön ist, dann müsse man eben Gras fressen. Während sich die beiden daran machen, sich an Grünzeug zu versuchen (Ratte zuversichtlich und wenig knabbernd, Köte missmutig lutschend), erweist sich die Fledermaus als Philosoph unter den Tieren und versucht, das Problem, dass Hässlichkeit einsam macht, gedanklich zu lösen: „Was ist wirklich wichtig?" Schade, dass sie dabei immer wieder den Faden verliert.

Machen zusammen Musik: Kröte, Ratte, Fledermaus und Spinne. Bild: Brigitte Elsner-Heller

Nun, jetzt könnte man wirklich langsam das Handtuch werfen. Käme da nicht die weit gereiste Hyäne daher, ein munterer Dandy mit weissen Stiefeletten und Banjo unter dem Arm. „Ich bin nicht nur eklig, ich bin fürchterlich", lautet ihre muntere Selbsteinschätzung, mit der sie dem Selbstmitleid Paroli bietet. Die gute Laune des Globetrotters wirkt tatsächlich ansteckend, so dass bald die Spinne ihr Nest verlässt und zum Banjo die Flöte erklingen lässt, Fledermaus in die Klarinette bläst und Ratte sich das Akkordeon umschnallt. Was kann das Leben doch schön sein. Doch halt: Die Kröte sitzt immer noch missmutig auf ihrem Platz – denn sie ist immer noch hässlich, zudem kann sie gar nichts – oder etwa doch?

Worum geht es wirklich im Leben? Auch die kleinen Dinge zählen

„Pfannkuchen" werden des Rätsels Lösung, als indirekte Antwort auf die Frage, was wirklich wichtig ist. Denn wir wissen alle, dass gute Freunde wichtig sind, das Miteinander, die gemeinsame Freude. Auf der Bühne hat die gute Laune, die mit der Hyäne Einzug hielt, gleich die Musik mit sich gebracht, jetzt kommt das gemeinsame Projekt Pfannkuchen-Restaurant in Schwung, das nun auch der Kröte zeigt, dass sie Talente hat. Mit der Fröhlichkeit ändert sich das Licht auf der Bühne, und schliesslich vermitteln die Lichterketten, von der Spinne gesponnen, sogar poetische Momente. Auch wenn das Restaurant nicht gleich der grosse Hit wird – es gilt die Devise: nur nicht aufgeben. Klar, dass die gute Laune der fürchterlichen Fünf siegt. Wie hätte es in einem Stück für Kinder ab 5 Jahren auch anders sein können? Aber auch für die Erwachsenen, die zum Glück Kinder haben, um selbst auch hin und wieder Kind sein zu dürfen, zahlt sich die bunte Stunde in der Theaterwerkstatt Gleis 5 aus. Oft sind es die kleinen Dinge, denen man Aufmerksamkeit zollen sollte und die guttun. Die Theaterleute haben es mit viel Herzblut vorgemacht. 

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Videobeitrag von arttv.ch zur Produktion "Die fürchterlichen 5"


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