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Neuordnung auf dem Arenenberg

Neuordnung auf dem Arenenberg
Veränderungen in Sicht: Der Weg ist zwar noch lang, aber die verschiedenen Betriebe auf dem Arenenberg sollen künftig enger zusammenarbeiten. Das hat vielfältige Konsequenzen. | © Beni Blaser

Der Arenenberg soll eine eigene Marke werden. Eine Folge: Das Napoleonmuseum wechselt vom Kulturamt ins Departement für Inneres und Volkswirtschaft. Verdrängt der Tourismus jetzt die Kultur?

Es gibt auf der Welt nicht viele Museen, die einem Departement für Inneres und Volkswirtschaft unterstellt sind. Im Thurgau wird es diese Rarität ab dem 1. Januar 2021 zu besichtigen geben. Dann wechselt die Zuständigkeit für das Napoelonmuseum auf dem Arenenberg vom Kulturamt ins Departement für Inneres und Volkswirtschaft. Was im ersten Moment seltsam klingt, ist das Ergebnis jahrelanger Vorarbeit. „Darauf haben mein Kollege Martin Huber vom Bildungs- und Beratungszentrums Arenenberg und ich im Grunde seit 2011 hingearbeitet. Wir wollten immer, dass unsere Betriebe besser miteinander arbeiten können“, sagt Dominik Gügel, Direktor des Napoleonmuseums.

So wird Anfang 2021 der Arenenberg unter eine organisatorische Gesamtleitung gestellt. Die auf dem Arenenberg vertretenen Bereiche Bildung, Beratung, Museum, Schloss und Park sowie die Landwirtschaft sollen, so die Hoffnung, dadurch Synergien besser nutzen und stärker gemeinsam nach aussen auftreten können. Alles gebündelt unter dem Dach des Departements für Inneres und Volkswirtschaft. „Das kulturtouristische Angebot wird sichtbarer gemacht und die Bedeutung des Bildungsstandorts gefestigt“, schreibt der Regierungsrat in einer Medienmitteilung zur von ihm beschlossenen Umstrukturierung in einem der wichtigsten Tourismus-Hotspots des Kantons.

Übersichtsplan der Arenenberger Gartenwelt. Bild: Arenenberger Gartenwelt

Wird Dominik Gügel der neue starke Gesamtdirektor?

Geleitet werden soll der neue Gesamtbetrieb Arenenberg von einem neuen Direktor, einer neuen Direktorin. Der- oder diejenige Auserwählte soll im Laufe des Jahres 2021 berufen werden und unter anderem dafür Sorge tragen, dass „Ressourcen gesamtheitlich und bedarfsgerecht eingesetzt werden“, schreibt der Regierungsrat. Klingt so, als könnte das nicht jedem gefallen. Neue Hierachieebenen sorgen schliesslich immer für Unruhe in bestehenden Strukturen.

Wie es bei Dominik Gügel, seit 20 Jahren Direktor des Napoleonmuseums, ankommt, dass er künftig einen neuen Chef, eine neue Chefin bekommt? Gügel gibt sich gelassen: „Um das Museum erfolgreich weiterzuführen und im Wettstreit zu bestehen, müssen wir uns hier zusammentun. Die Umstrukturierung ist der erste wichtige Schritt dafür“, sagt er im Gespräch mit thurgaukultur.ch

Gut möglich, dass der Napoleon-Experte auch deshalb so entspannt ist, weil er sich selbst Chancen auf den neuen Direktorenposten ausrechnet. „Ich halte mir alle Optionen offen“, erklärt Gügel vielsagend. Er weiss aber auch, dass die Entscheidung darüber nicht bei ihm liegt.

Bei aller Zuversicht ist Dominik Gügel aber auch die Grösse der Aufgabe bewusst: „Das ist vielleicht der wichtigste und diffizilste Schritt in der jüngeren Geschichte des Arenenberg, weil es darum geht, zwei Philosophien ineinander zu führen und eine schlagkräftige Betriebsstruktur aufzubauen. Ich bin aber überzeugt, dass es der einzig vernünftige Schritt ist. Es wird den Arenenberg nachhaltig stärken“, so Gügel.

„Mit der neuen Struktur können wir unseren Kernaufgaben als Museum besser nachkommen.“

Dominik Gügel, Direktor Napoleonmuseum Thurgau

Für sein Museum erhofft er sich von der Entwicklung vor allem zwei Dinge: Entlastung und Konzentration auf das Wesentliche: „Mit der neuen Struktur können wir unseren Kernaufgaben als Museum, also dem Sammeln, Bewahren und Forschen, besser nachkommen. Gewisse Dinge können wir abgeben, das entlastet uns“, so Gügel. Als Beispiel nennt er die Verantwortung für den Museums-Shop. Das müsse nicht zwingend beim Museum liegen, sondern könne auch von anderer Seite verwaltet werden.

Dominik Gügel sieht in der neuen Ordnung auf dem Arenenberg zudem eine Chance auf Wachstum. Schliesslich bedeuten laut Regierungsrat die Betriebsänderung auch „weitere Renovationen und bauliche Massnahmen“ in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren. So soll im Erdgeschoss eine zentrale Ankunftshalle geschaffen werden, Sanierungen sind unter anderem beim Gästehaus und Prinzenflügel notwendig. Dominik Gügel hofft auch darauf, dass die Umbaumassnahmen dem Museum einen lange ersehnten Sonderausstellungsraum bescheren. Und: Der Spatenstich für die Erweiterung des Parks Richtung Osten soll 2021 erfolgen. Dafür hatte der Kanton bereits in den vergangenen Jahren insgesamt 600’000 Franken frei gegeben.

Das Napoleonschloss auf dem Arenenberg. Bild: zVg

Verliert das Museum an Bedeutung im grossen Ganzen?

Alles bestens also auf dem Arenenberg? Nicht ganz. Trotz allgegenwärtiger Zuversicht stellt sich in der neuen Struktur mit neuen EntscheiderInnen auch die Frage: Verliert das Museum im grossen Ganzen jetzt an Bedeutung? Dominik Gügel winkt ab: „Die Attraktivität des Arenenberg ist massgeblich durch das Museum geprägt. Die Verantwortung für das Programm wird ganz klar immer beim Museumsdirektor bleiben“, sagt er.

Unterstützung bekommt er an dieser Stelle von Martha Monstein, Leiterin des kantonalen Kulturamts: „Das Napoleonmuseum bleibt weiterhin ein Museum nach den Richtlinien der ICOM und auch am Inhalt ändert sich nichts. Die napoleonische Geschichte wird weiterhin im Zentrum stehen“, erklärt Monstein. Eine Verdrängung der Kultur durch die Interessen des Tourismus sieht Dominik Gügel ebenfalls nicht: „Für mich bedeuten Tourismus und Kultur keinen Gegensatz. Uns bietet das aber die Chance, uns noch mehr am Publikumsinteresse orientieren zu können“, sagt Gügel.

„Für mich bedeuten Tourismus und Kultur keinen Gegensatz.“

Dominik Gügel, Direktor Napoleonmuseum

Interessant ist die Entwicklung auf dem Arenenberg auch noch aus einer anderen Perspektive. Erst im vergangenen Jahr hatte der Kanton nach jahrelanger Detailarbeit seine Museumsstrategie verkündet. Oberstes Ziel: Die kantonalen Museen sollen künftig stärker zusammen arbeiten. Wenn jetzt mit dem Napoleonmuseum ein Museum aus dem Verbund schon wieder ausschert, stellt sich die Frage, wie nachhaltig die lange geplante Museumsstrategie überhaupt ist.

Für Martha Monstein, Leiterin des kantonalen Kulturamts, liegt darin kein Widerspruch: „Das Napoleonmuseum wird weiterhin Teil der Museen Thurgau sein, an den Sitzungen der Museumsleitenden teilnehmen und Teil der Museumsstrategie sein“, erklärt sie auf Nachfrage. Ob es die Kooperationsbereitschaft der anderen Museen stärken wird, wenn sie sehen, dass ein Museum eine Sonderrolle bekommt, steht freilich auf einem anderen Blatt.

„Das Napoleonmuseum wird weiterhin Teil der Museen Thurgau sein, an den Sitzungen der Museumsleitenden teilnehmen und Teil der Museumsstrategie sein.“

Martha Monstein, Leiterin Kulturamt Thurgau

Martha Monstein betont, dass das Kulturamt nach wie vor beim Napoleonmuseum eingebunden sei: Ein verwaltungsinterner Auftraggeberrat der beiden Departemente Inneres und Volkswirtschaft und Erziehung und Kultur soll demnach dafür sorgen, „dass die verschiedenen Bereiche adäquat in strategischen, inhaltlichen, koordinatorischen und budgetären Fragen vertreten sind“, so Monstein.

Dominik Gügel hat seine Interpretation der künftigen Zusammenarbeit schon gefunden. Das Napoleonmuseum funktioniere in vielen Bereichen ganz anders als die anderen kantonalen Museen, eine institutionalisierte Kooperation sei da wenig sinnvoll. Allerdings: „Fachlich werden wir mit den anderen Museen zusammenarbeiten, wo es Sinn ergibt“, so Gügel.

Napoleonschloss inmitten der Arenenberger Gartenwelt. Bild: Arenenberger Gartenwelt

 

 

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