von Tabea Wick, 13.03.2023
Neue Herrscher braucht das Land
Klavierkabarettistin Caroline Bungeroth und Liedermacher Sven Garrecht wurden beim Aadorfer Kleinkunst-Festival «Die Krönung» zu Königin und König ernannt. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Wenn Lady Di die Königin der Herzen war, muss es doch auch einen König oder eine Königin der Lachmuskeln geben. Darüber, wer das das sein soll, konnte das Publikum in der 16. Ausgabe des Kleinkunst Festival «Die Krönung» entscheiden. An zwei Abenden werben jeweils sieben Kleinkünstlerinnen um die Gunst des Publikums. Am Freitag unter Moderation von Kabarettist Christoph Simon, am Samstag durch Slam Poet Kilian Ziegler.
Beim Anlass handelt es sich um ein Partnerprojekt des Casino Theater Burgdorf und des Kulturveranstalters GONG in Aadorf und findet zeitgleich an zwei Abenden in beiden Ortschaften statt. «Die Kunstschaffenden, die jeweils am Freitagabend in Aadorf auftreten, zeigen ihr Programm am Samstag in Burgdorf. Und umgekehrt», erklärt Pascal Mettler, Initiator und Organisator der Krönung.
Als Kulturvermittler weiss Mettler, was es braucht, um Kunstschaffende und Veranstalter zusammenzubringen: «Ziel der Krönung ist es die Künstlervermittlung in der Ostschweiz auszuweiten».
Ein ganzer Hofstaat wird gewählt
«Um die ganze Krönung etwas interessanter zu gestalten, kann man bei diesem Anlass nicht nur seinen König oder seine Königin wählen, sondern den ganzen Hofstaat noch dazu», so erklärt Pascal Mettler das Konzept. Eine Rangierung oder Wertung stecke hinter den Titeln «Ritter, Prinzessin, Graf/Gräfin oder Hofnarr» nicht.
«Es ist für die Künstler:innen einfach witzig, sich zu überlegen, wieso das Publikum sie beispielsweise in der Rolle des Scharfrichters gesehen hat. Oft erhalten Leute diesen Titel, die mit einem Thema gewissermassen ins Gericht gehen»
Zur Scharfrichterin vom Samstag wurde Kabarettistin Sonja Pikart ernannt, welche passenderweise Preisträgerin eines Passauer Scharfrichterbeil ist. «Die Idee gleich einen ganzen Hofstaat zu ernennen, kommt auch ein wenig daher, dass ganz viele Kabarettpreise solche Namen tragen, wie eben das Scharfrichterbeil oder die Scharfe Barte», schmunzelt Mettler.
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Im Publikum sieht man Ende der Auftritte einige Leute, die sich schwer tun, den Künstler:innen einen Titel zu erteilen. Scharf ins Gericht geht nämlich nicht nur Sonja Pikart, welche in einer Erzählung versucht, die Perspektiven zweier Esoterik-Messe-Besucherinnen, die eine rechtsradikal, die andere ein Hippie, hochzunehmen.
Auch Nina Wägli, die den Abend eröffnet, überlegt sich, welcher Partei sie beitreten könnte. Sogar mögliche Wahlplakate hat sie sich schon ausgedacht. Schlussendlich rechnet sie mit den Parteien und deren weltfremden Utopien ab und beschliesst daher, eine eigene Partei zu gründen.
Ähnlich ergeht es Jeremy Chavez, einstiger U20-Poetryslam-Gewinner, der für seinen Kollegen Thomas Kornmaier einspringt. Auf raffinierte Art und Weise schafft er es komplexe politische Themen, wie aktuell das der kulturellen Aneignung, als Dorfgeschichte nachvollziehbar und witzig zugleich zu erzählen und dennoch auf den Punkt zu kommen.
Zur Entspannung eine Jonglage
Dann wäre da noch der Platz des Hofnarren zu vergeben. Rein intuitiv, dachte ich zumindest, dass in diese Rolle am besten Jonglage Künstler Jonas Althaus passen würde. Närrisch war sein Auftritt weniger. Eher entspannend für Herz und Seele.
Er wird am Schlagzeug durch Benjamin Brodbeck begleitet und passt seine Wurfkünste den Klängen der Trommel und den Tellern an. Wie das aussehen soll, können sich sicher nur wenige vorstellen. Aber, wenn man Jonas Althaus zusieht, weiss man, dass kein Spiel mit den Bällen die gehörten Klänge besser visuell darstellen könnte.
Geeignete Barden gäbe es da gleich drei. Sabina Deutsch singt in der Rolle von Romy, der Wirtin, verschiedene Klassiker. In einer gekürzten Version ihres Theaterstücks «Fridau», erzählen Romy, und zwei ihrer Stammgäste die Geschichte der gleichnamigen Beiz und deren Abriss.
Das sterbende Schwein
Das Kabarett Duo Amuse Bouche beschliesst nach einigem Experimentieren lieber beim Musizieren zu bleiben. Als Pianist Abdiel Montes de Oca zu viel redet, belustigt sich Linda Trachsel an seinem gebrochenen Deutsch, wohingegen er ihre Tanzkünste mit dem Kommentar «Das war das sterbende Schwein, oder?», kommentiert.
Ebenfalls ein guter Barde, hätte Liedermacher Sven Garrecht werden können, wäre ihm nicht schon der Königstitel zugesprochen worden. Das Publikum überzeugte er spätestens bei seinem zweiten Lied, indem er einen alternativen Refrain anbot, für diejenigen, die wohl gerne mitsingen würden, sich aufgrund des etwas obszönen Texts wohl nicht trauen. Das Publikum sang von Tobis Knoblipresse, Garrecht auf der Bühne weiterhin vom Po der Politesse.
Nachwuchstalente werden gesucht
Pascal Mettler sei sehr zufrieden damit, welche Künstler sich für das Festival immer finden lassen. «Wenn wir nicht mehr für alle Kunstschaffenden einen Platz für die nächste Veranstaltung finden, merken wir sie uns schonmal für die übernächste Krönung vor». Mettler, der GONG und die weiteren Organisatoren der Krönung würden sich über Bewerbungen von Künstler:innen sehr freuen, um am Festival immer wieder neue Gesichter vorstellen zu können.
Ganz besonders freuen würde sich Mettler über Kunstschaffende aus dem Thurgau. «Es gibt mittlerweile einige bekannte Kleinkünstler:innen aus dem Thurgau. Aber auch die werden älter und wir halten schon länger Ausschau nach Nachwuchs. Dann veranstalten wir nicht nur ein Kleinkunst-Festival im Thurgau, sondern dann ist es auch ein Anlass mit Thurgauern im Programm».
Zur Geschichte des Festivals
Sowie Pascal Mettler vom Kanton Zürich in den Kanton Thurgau zog, so zog «Die Krönung» mit und ging 2011 erstmals in Aadorf über die Bühne – Nicht nur für ihn war das eine glückliche Fügung. «Als Pascal damals mit mir darüber sprach, war ich sofort begeistert», erinnert sich Lilo Wellinger, ehemalige Führung des GONG: «Ausserdem konnte ich ihn etwas unter Druck setzen. ‘Du kannst Die Krönung schon hier machen. Aber dafür musst du auch den GONG übernehmen’, habe ich gesagt». Drei Jahre lang waren Wellinger und Mettler noch gemeinsam im Verein, bis sie ihm das Zepter übergab. Die Krönung organisieren sie aber immer noch gemeinsam.
Von Tabea Wick
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