von Tabea Wick, 28.11.2024
Harter Sound mit viel Liebe zum Detail
Seit fünf Jahren arbeitete die Frauenfelder Band Haile Selacid an ihrem gleichnamigen Debut Album, das Anfang November erschien. Seit ihrer Gründung im Jahr 2018 begeistern sie das Publikum der lokalen Musikszene mit ihrem innovativen Mix aus Heavy Metal, Black Metal und Punk. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Die Stimmung im Dreiegg Frauenfeld vor Beginn der Record Release Show ist bei den Bandmitgliedern ausgelassen. Sänger Simon Hofmann, Bassist Severin Beerli, Schlagzeiger Louis Wälti und Gitarristen Tommy Kovacevic und Luca Harder begrüssen Freunde und Familie, die mit anderen Fans vor der Bühne auf ihren Auftritt warten.
Haile Selacid haben sich 2018 zur Band geformt, nachdem Severin Beerli und Tommy Kovacevic zunächst nur zum „Spass an der Freude“ zusammen in einem Raum eines Jugendtreffs zusammen gejammt hatten. Damals kreierten sie dabei eher noch Stoner-Sound, nach und nach bauten sie auch Heavy Metal und Black Metal mit ein. Diese Reise durch die verschiedenen Genres komme auch auf dem Album etwas zu tragen, meint Beerli. Inspirationen wie Iron Maiden könnten sie darin auch nicht verbergen und das, obwohl der Black Metal doch am meisten Raum einnimmt in Haile Selacids Schaffen.
Hingerissen und mitgerissen
Der neunminütige Introsong des Albums - Opress The Light - zieht einen regelrecht ins Gesamtwerk hinein. Mit den schaurigen orgelartigen Klängen zu Beginn und dem plötzlichen Einsetzen eines Schreis und der Drums wird man herausgerissen aus der nostalgischen Atmosphäre, die an alte Gruselfilme erinnert. Man fühlt sich aber nicht nur herausgerissen, sondern auch mitgerissen auf die Reise, auf die das Album einen entführt. Warme, verträumte Gitarrensolos geben dem Song etwas Leichtigkeit, bevor er sich wieder schwer und stampfend fortsetzt.
Auch übers Album hinweg verlieren die Songs nie an Tiefe. Obwohl – für mich zumindest – das Album leicht verdaulich wirkt und es in jede Stimmungslage hineinpasst, sollte man nicht auf die Idee kommen, dass es simpel und einfach ist. Die vielen Tempo-, Stil-, und Stimmungswechsel sind anspruchsvoll und ich würde jedem empfehlen das Album, insbesondere, wenn man es sich zum ersten Mal anhört, ganz in Ruhe damit hinzusetzen, seine Nebenbeschäftigungen wegzulegen und sich auf eine musikalische Reise mitnehmen zu lassen.
Video: Oppress The Light (live)
Singen statt schreien
Auch wenn die Shows von Haile Selacid beweisen, dass man zu ihrem Sound gut abgehen, headbangen und in den Moshpit gehen kann, kann man ihn auch in Ruhe geniessen – den Outrosong vor allem! Zur Abwechslung singt Simon Hofmann am Anfang des Songs, statt wie es für das Genre Metal üblich ist, zu schreien.
Der Song ist melodisch, melancholisch und treibt dennoch an. Auf diesen Song – Universe Collapse – sei Gitarrist Tommy Kovacevic besonders stolz. Und ja, die elfminütige Kritik an Kapitalismus und Unterdrückung kann sich wirklich hören lassen! Da hat man nicht mehr das Gefühl, dass man es mit einer kleinen lokalen Band zu tun hat.
Das lange Warten auf das Debütalbum
„Warum hat das Erscheinen eines Debütalbum jetzt fünf Jahre gedauert“ – Auf diese Frage blicke ich in betrübte und verlegene Gesichter. Eigentlich wären Haile Selacid gerne schon viel früher fertig geworden mit diesem Projekt; Da scheint sich die Band einig zu sein.
Einige Hindernisse, wie beispielsweise der Umzug von Schlagzeuger Dominik Inauen nach Leipzig, hätten immer wieder zu Unterbrüchen im kreativen Prozess geführt – Glücklicherweise mit Louis Wälti, als kompetenten Ersatz. Einige Bandmitglieder haben auch Soloprojekte oder spielen in anderen Bands, sodass nicht immer die volle Aufmerksamkeit aufs Albumprojekt gerichtet werden konnte.
Gelohnt habe sich das Warten und lange Arbeiten trotzdem. In dieser Zeit habe die Band noch mehr an ihrer Technik feilen können. Und nun hätten sie mit dem Album eine Auswahl an Songs, auf die sie stolz sein können. Einige Songs sind enthalten, die in der Vergangenheit schon als Single erschienen sind.
Video: Haile Selacid - Faust (Official)
Geheimtipp für alle Metalfans
Aber auch die wurden, wie alle Songs auf dem Album, in voller Eigenproduktion, im eigenen Proberaum nochmals neu aufgenommen. Nur das finale Mastering ist in Schweden durch die Fascination Street Studios gemacht worden. Selbst das Artwork auf Cover und im Inlay der, in der Schweiz gepressten, Platten wurde selbstgestaltet durch Schlagzeuger Louis Wälti.
Das ganze Projekt strotzt vor hartem Sound, aber auch von ganz viel Liebe zum Detail. Haile Selacid ist immer wieder mein Geheimtipp für andere Metalfans. Auch ein Zuschauer an Releaseparty, der eigentlich wegen der Vorband gekommen war, meinte: „Wie konnte so eine geile Band fünf Jahre an mir vorbeigehen?“
Reinhören: Interview mit der Band bei Radio Stadtfilter
Von Tabea Wick
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