von Manuela Ziegler, 28.02.2024
Neue Bilder von der Wirklichkeit
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Der aus der Innerschweiz stammende Künstler Maurice Ducret stellt im Kunstverein Frauenfeld unter dem Motto „Spielraum“ aus. Seine Bilder und 3D-Objekte zeugen von seiner grossen Experimentierfreude mit Motiven und Werkzeugen. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
Handelt es sich um Fotografie oder um Malerei? Das fragt sich die Betrachterin von Ducrets Bildern unwillkürlich. Der Pinselstrich auf der breiten Leinwand im Treppenaufgang des Bernerhauses suggeriert den klassischen Malprozess, die tiefenscharfe Abbildung eines leuchtend gelben Tulpenstrausses hingegen kann eigentlich nur von der Kamera eingefangen sein.
Vielfältige Techniken
Der Künstler ist vor Ort und erklärt einem Besucher seine Arbeitsweise. Er inszeniere Bildthemen in seinem Atelier, wie etwa eine Rhabarberblüte aus seinem Garten in einer Glasvase vor eine Plexiglasscheibe. Dann fotografiert er das Arrangement. Auf einer ölgrundierten Leinwand werde das Foto im mehrstufigen Verfahren mit wasserlöslichen Pigmenten aufgedruckt.
Seit rund 20 Jahren widmet sich der Künstler dieser Technik, experimentiert mit der Intensität des Farbauftrags und hat so ein ausgeprägtes Verständnis für Farbaufbau und -effekte entwickelt. „Die Technik ist für mich ein Mittel zum Zweck und eröffnet mir dabei auch neue Lösungsmöglichkeiten“, meint Maurice Ducret. Manchmal verhalte es sich damit auch wie bei Goethes Zauberlehrling und dem Besen, der ein Eigenleben entwickle und neue Hürden schaffe. Im besten Fall wirkten Fotokamera und Drucker wie „Destillationsgeräte“ seiner Arbeiten.
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Kunst aus dem 3D-Drucker
Die Freude am Experimentieren - sei es mit Farben, Motiven oder Techniken - zieht sich wie ein roter Faden auch durch die aktuelle Ducret Ausstellung. In den sechs kabinettartig angelegten Räumen im Bernerhaus hat die Kunsthistorikerin Laura Glöckler die Werke kuratiert. Die Räumlichkeiten sind wie geschaffen für eine thematische Gruppierung der Arbeiten aus den vergangenen sechs Jahren.
Versammelt sind eingangs die 3D-Objekte des Künstlers. Mit dem vergleichsweise jungen Druckverfahren arbeite er seit dreieinhalb Jahren. Entweder indem er Objekte modelliert, sie anschliessend abscannt und damit den Drucker „füttert“, oder indem er sie virtuell am Computer entwirft, wie etwa die namenlose Skulptur aus wirrem, rotem Kunststoffgeflecht mit einem von Hand modellierten Sockel aus einem Bronzegemisch.
Im additiven Verfahren entstehen so detailreiche wie komplexe geometrische Formen. Abstrakte Arbeiten sind ebenso vertreten wie Gegenständliches, ein Gefäss, ein verschrumpelter Apfel.
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Das Stillleben neu erfunden
Ducrets Rundgang führt weiter zu grossformatigen, floralen Bildmotiven: ein herabhängender Zweig voll reifer Aprikosen kontrastierend vor rot-grüner Leinwand, leuchtend blauer Rittersporn in einer Glasvase inszeniert. Es sind Stillleben, teils mit vorgefundenen Gegenständen und Pflanzen, teils in der Kombination mit Gegenständen, die er selbst erschaffen hat.
Die stetige Entfaltung seiner künstlerischen Möglichkeiten, seinen sprichwörtlichen Spielraum, zeigen auch die im folgenden Raum gezeigten Bild-Arrangements mit transluzentem Plexiglas, in verschiedenen Farben übereinandergestapelt. Die Magie der Farbe wurde ausgelotet: satt, intensiv, leuchtend. Auch die Malgründe variiert der Künstler seit einiger Zeit, er wählt Kreide statt Öl, so entsteht der typische Fresko-Effekt, der wiederum separat arrangierten kleinformatigen Bilder.
Die grosse Frage: Was kommt?
„Wunderkammer“ in Anlehnung an die Renaissance-Bezeichnung, nennt Ducret den letzten Raum, in den er die Besucherin führt. Es ist eine Bildsammlung in Petersburger Hängung, die mit Landschaften, Stillleben, abstrakter Malerei und auch Akten sein breitgefächertes Œuvre zeigt.
Der inzwischen im Zürcher Umland wohnhafte Künstler war während fast vier Jahrzehnten in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in der Schweiz und auch im süddeutschen Raum vertreten und hat unter anderem das Schweizerische Kunststipendium erhalten. Gestartet als ausgebildeter Zeichenlehrer begann er bereits nach drei Jahren im Beruf sich gestalterischen „Spielraum“ zu schaffen. Künstlerisch entwickelte er sich vom Abstrakten hin zum Gegenständlichen und noch immer treibt ihn die wiederkehrende Frage um, die er auch in der Wunderkammer thematisiert: Was kommt als Nächstes?
Die Ausstellung von Maurice Ducret ist noch bis zum 10. März zu folgenden Öffnungszeiten im Kunstverein Frauenfeld zu sehen: Sa 10-12 und 14-17 Uhr, So 14-17 Uhr
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Von Manuela Ziegler
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