von Brigitta Hochuli, 01.05.2014
Königsrunde
Brigitta Hochuli
An der ersten Rahmenveranstaltung zur aktuellen Sonderausstellung des Historischen Museums Thurgau begegneten sich im Alten Zeughaus Frauenfeld zwei Könige. Wobei: Weizenkönig August Künzler (1901 bis 1983) war in Tanzania auch Grosswildjäger sowie Giraffen- und Elefantenverkäufer und Ananaskönig Johann Dähler (61) möchte eigentlich längst nicht mehr so genannt werden. 2012 in die Elfenbeinküste zurückgekehrt, setzt er auf Gummi.
Die Ausstellung „August Künzler. Thurgau - Tanzania» hat Christian Hunziker, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kurator des Historisches Museums, eingerichtet. Und er stellt darin kritische Fragen zum eigenwilligen Patron eines Geschäftsimperiums und zum Afrikabild eines Jahrhunderts zwischen Kolonialismus, Weltkrieg und afrikanischer Unabhängigkeit.
Gefilmt von Tele D befragte Hunziker auch Johann Dähler, der seine Wurzeln auf dem Seerücken hat, wie Künzler in Afrika zu Besitz und gesellschaftlichen Ansehen kam, im Jahr 2000 alledings mittellos in die Schweiz zurückkehren musste. Die Fragen waren etwas weniger kritisch, und Johann Dähler nutzte die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge darzulegen. Ihm sei durch die Schweizer Regierung Unrecht geschehen.
Ein Patron wie Künzler sei er nicht. Zum Patron werde er höchstens von den Einheimischen gemacht, sagte er. Aber sie seien gleichberechtigt. Ihretwegen habe er auch alles daran gesetzt, mit einer Ananasproduktion in Costa Rica wieder auf die Beine zu kommen und sein ehemaliges Land in Tiassalé, nördlich der ehemaligen ivorischen Hauptstadt Abidjan, zurückzukaufen. „Die Afrikaner muss man als Menschen behandeln, ihnen Arbeit statt Geld geben und sie nicht zu Schweizer machen wollen. Denn ihre Mentalität ist wahrscheinlich langfristig die bessere.“
Anders als zu Künzlers Zeit habe Afrika die Kolonialherrschaft gerade hinter sich gehabt, als er 1973 ausgewandert sei, so Dähler. Die Entkolonialisierung sei aber viel zu schnell gegangen. Obwohl ohne Grund, fühlten sich die Afrikaner den Weissen noch heute untergeben. „Das ist manchmal schwierig.“ Dähler ist lieber Unternehmer als Entwicklungshelfer und hilft trotzdem einem Spital, betreibt eine Schule und weiht demnächst eine Kirche für Christen und Moslems ein.
Das habe August Künzler in seinen letzten Jahren auch probiert, bemerkte Christian Hunziker. Ob es der Drang sei, etwas zurückzugeben? „Ja“, sagte Dähler, „ich bin gross geworden wegen der Elfenbeinküste. Unser Problem hatte nichts zu tun mit dem Land.“ Ob er wie Künzler seine Biografie schreiben lasse? Das beantwortete Johann Dähler, bei seiner Rückkehr nach Afrika von den Einheimischen wiedergekrönt, auf seine Weise. „Alles, was Medien, Fernsehen oder Bücher betrifft: Ich gehe zu niemandem.“
***
Mehr zu Johann Dählers Schicksal lesen Sie hier.
August KünzlerMan nennt ihn bewundernd Onkel August. Künzler hat es geschafft. 1929 wandert er nach Tanzania aus. 1979 kehrt er mit einer Erfolgsstory und dicht bepacktem Erfahrungskoffer heim. Er war Weizenkönig und angesehener Geschäftsmann in Tanzania, Grosswildhändler und einflussreicher Weisser in einer von politischen Umbrüchen geprägten Region. (pd) |
Weitere Beiträge von Brigitta Hochuli
- Kultur für Familien: Was im Thurgau noch fehlt (06.09.2018)
- Rätsel gelöst: So alt ist der Kunstraum Kreuzlingen (29.06.2018)
- Musikschule Kreuzlingen sucht Verbündete (14.06.2018)
- Kult-X in WM-Stimmung: Das etwas andere Public Viewing (29.05.2018)
- Unterm Sternenhimmel (13.05.2018)
Kommt vor in diesen Interessen
- Bericht
- Geschichte