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von Stefan Böker, 29.07.2024

Fair und aware feiern

Fair und aware feiern
Eines der am liebevollsten organisierten Festivals der Region - das «Out in the Green Garden» in Frauenfeld. | © David Hauser/OITGG

Herzlich, bunt, klein aber fein: Am kommenden Wochenende findet im Murg-Auen-Park eines der am liebevollsten organisierten Festivals der Region statt.  Dieses Jahr wird das «Out in the Green Garden» noch chilliger – ein Ansinnen, das sich auch in der Musikauswahl spiegelt. (Lesedauer: ca. 5 Minuten)

Der Fokus liege in diesem Jahr, im Jahr der zwölften Ausgabe des Festivals, auf Entschleunigung, sagt Mediensprecherin Livia Gamper vom «Out in the Green Garden» (OITGG). «Es soll ein gemütliches Festival für alle werden.» Eine Neuerung betrifft die Bühnen: Vom 2. bis 4. August wird nur eine Hauptbühne bespielt. So entstehen mehr Beschallungspausen, was Livemusik betrifft.

Dem Publikum gibt das mehr Möglichkeit, das bunte Rahmenprogramm zu geniessen – oder einfach in der schönen Natur und der liebevoll aufgebauten Festivalatmosphäre zu entspannen. Dafür schenkt das ehrenamtlich arbeitende Organisationskomitee dem Daydance mehr Aufmerksamkeit: Am Freitag ab 17 Uhr, am Samstag ab 16 Uhr legen DJs am Strand an der Murg ihre Lieblingsplatten auf, mit grösserer Soundanlage und mehr Platz. Damit alle Tanzwütigen auf ihre Kosten kommen.

 

Geheimtipp von Pressesprecherin Livia Gamper: Die sphärischen Pop-Songs des Tessiner Trios «Monte Mai».

 

Auf der Hauptbühne am Freitag

Den Anfang auf der Hauptbühne am Freitag macht – seit 2012 Tradition –  um 17.30 Uhr die vielköpfige Band «Funkesprung», ein Inklusionsprojekt mit Musiker/innen, die in verschiedenen Institutionen im Kanton Thurgau wohnen und arbeiten. Danach wird gerappt bis zum Schluss, schliesslich gilt das OITGG nicht umsonst als «kleiner Bruder» des Openairs Frauenfeld. Um 19 Uhr mit den alten Hasen «Phumaso & Smack», um 21 Uhr mit der bekannten Newcomerin «Gigi» und zum Schluss (23 Uhr) mit der Crossover-Band «Kids in Cages»

Helfende Hände bringen frischen Wind

Das OITGG ist ein Kult-Festival und gilt als eines der schönsten der Region. Weil hier alles selbstgemacht wird, ehrenamtlich und mit viel Liebe. Dass jedes Jahr wieder neue Freiwillige mithelfen oder sich dem Orga-Team anschliessen, mag ein Punkt sein, warum das Festival jedes Jahr wieder frisch daher kommt. Wer es besucht, ist sofort bezaubert von den vielen Details und Dekorationen. Hier werkeln viele Herzen und packen mit an.

«Rund 135 Helferinnen und Helfer sind dieses Jahr am Start», sagt Mediensprecherin Gamper. Darüber sind die Verantwortlichen sehr glücklich. Noch vor wenigen Tagen sah das anders aus. Zu viele Schichten waren unbesetzt. Das lag möglicherweise am neuen Tool, welches es Interessierten ermöglicht, sich selbst in den Schichtplan einzutragen. «Es ist wohl zu umständlich», mutmasst Gamper. Vielleicht hänge es auch mit gesellschaftlichen Entwicklungen zusammen, wie dem immer weiter sinkenden Willen in der Bevölkerung, sich in Vereinen zu engagieren.

Wie dem auch sei: So kam es, dass das OK in letzter Minute über Social Media nach Hilfe rief und auch eine Kontaktadresse anbot, über die sich Helferinnen und Helfer melden konnten. Dieser Ruf wurde gehört.

 

Female Empowerment: Die Bündner Rapperin «Gigi» sorgt für Furore in der Szene. Am Freitag steht sie auf der Mainstage des «Out in the Green Garden».

 

Wer mithelfen will: «Zämä gahts besser!»

Die Veranstalter:innen sind über jede Hilfe froh. Wer spontan mit anpacken will, kann dies immer noch tun: Hier geht’s zum Portal, oder Anmeldung per Mail an info@oitgg.ch

So grün wie möglich 

Das OITGG versteht sich als «grünes» Festival. Konsens der Veranstalter:innen ist es, keine Bands einfliegen zu lassen oder gar grosse Headliner aus dem Ausland spielen zu lassen. So vermeiden sie einerseits, dass ihnen der Publikumsandrang über den Kopf wächst, wie 2016 mit der Reggae-Legende «Inner Circle» geschehen. Andererseits hält man den ökologischen Fussabdruck klein, wenn eine Band mit dem Auto oder dem öffentlichen Nahverkehr anreisen kann.

Darum treten dieses Jahr nur Acts aus der Schweiz auf, bis auf eine Band aus Liechtenstein und einem Hip-Hop-Duo aus Deutschland, das sowieso am Tag zuvor in der Nähe spielt. Zum Selbstverständnis passt das vielfältige Essensangebot, welches ohne Fleisch oder Fisch auskommt und viele vegane Alternativen enthält. Am Eingang können die Gäste tragbare Aschenbecher bekommen, um die schöne Auenlandschaft zu schützen.

Getränke aufs Gelände mitzubringen, ist verboten – aber wer eine Trinkflasche (nicht aus Glas!) dabei hat, darf kristallklares Brunnenwasser schöpfen. Hinweise, wie man mit dem ÖV anreist, oder zum Veloparkplatz vor Ort, runden das naturverbundene Bild ab.

Video: Rückblick auf das Festival 2022

 

Programm auf der Mainstage am Samstag und Sonntag

Am Samstag startet das Festival um 15 Uhr mit Hip Hop («Smith&Smart»), wird dann aber vielfältiger und tanzbarer, wenn «Mercee» um 17 Uhr zu lateinamerikanischen Rhythmen singt, um 19 Uhr chanson-esque Songs von «Moira» ertönen oder «Barrio Colette» um 21 Uhr psychedelischen Pop mit Surf-Gitarre spielen. Main Act ist Italo-Disco-Sensation «Valentino Vivace» um 23 Uhr. Am Sonntag treten um 17 Uhr «Monte Mai» auf, um 19 Uhr die Liedermacher «Steiner & Madlaina». Davor spielt um 15 Uhr «Tante Carmen» ein interaktives Konzert für Kids. 

Unterstützung von Stadt und Kanton

Das ganze Festival ist sehr bedacht organisiert. So gilt am Eintritt «Zahl, so viel du willst oder kannst». Somit können auch Menschen mitfeiern, die gerade finanziell nicht so gut dastehen. Der Kanton, die Stadt Frauenfeld und der Kulturpool Regio Frauenfeld unterstützen dieses Ansinnen und geben insgesamt fast 60'000 Franken Fördergelder. Als Richtpreis gibt die Festivalleitung 30 Franken durch. Wenn jeder Gast dies berappt, sei der Anlass kostentragend gesichert.

Kinderfreundliches Festival

Festivalstress soll auf keinen Fall entstehen. Dafür sorgt ein Rahmenprogramm mit Jamsession, Flohmarkt und Craft-Beer-Bar am Strand, wo man sich entspannen kann. Bereits zum zweiten Mal gibt es ein Awarenesskonzept. Dies jedoch nicht wie im vergangenen Jahr mit Personen, die auf dem Platz unterwegs sind. Stattdessen werden alle Mitarbeitenden informiert, was im Falle eines Falles zu tun ist. «Dazu bieten wir einen betreuten Safe-Space an und arbeiten wie immer mit professionellen Securities und Sanitäter/innen zusammen», versichert Gamper.

Das Festival ist ausserdem sehr kinderfreundlich. Am Sonntagnachmittag können die Kleinen einem interaktiven Kinderkonzert lauschen. An allen Tagen dreht Clown Mimi ihre Runden und beim herzigen Kinderschminken sind freudige Gesichter garantiert.

 

Kinder willkommen, heisst es beim Out in the Green Garden. Bild: Mia Nägeli

 

Auch an die Nachbarschaft wird gedacht: In der Vergangenheit hatte es schon mal Lärmbeschwerden gegeben. Dieser Konflikt sei jedoch schon lange gelöst, sagt Livia Gamper. Seitdem werden die Anwohnenden persönlich angeschrieben und zu einem Apéro eingeladen. Die Bühne werde zudem so aufgestellt, dass sie nicht zu den Nachbarn ausgerichtet ist. Lärmauflagen von der Stadt Frauenfeld gilt es zudem einzuhalten. Sie umfassen unter anderem eine Publikums-Obergrenze von 1000 Personen; beim Rave – der um Lärm zu vermeiden unter einer Autobahnbrücke stattfindet – sind es 500.

 

Raven unter der Autobahnbrücke

Ab 23 Uhr wird unter der nahegelegenen Brücke der Militärstrasse geraved. Freitag ist von House bis Techno, über (Psy-)Trance bis zu Hard Groove für alle etwas dabei. Am Samstag ist das Programm mehr House und Melodic Techno lastig, mit einem speziellen Frenchcore-Abriss-Set von DJ Rave. Infos hier.

Vielfältig und divers

Die Festivalleitung will langen, schweizweit intensiv geführten Diskussionen Rechnung tragen, indem sie, wie schon in vergangenen Jahren, ein vornehmlich Schweizer Line-Up zusammenstellte, welches «gut, spannend und divers» sei. Mehr als die Hälfte der Bands auf der Hauptbühne haben FINTA, also Frauen, Inter-, Nonbinäre, Trans-, Agender-Personen, in ihren Reihen. Herkömmliche Gitarrenbands mit schrägen, rockigen oder sogar heavy Tönen sucht man im Line-Up vergebens.

Das war in vergangenen Jahren auch schon anders. Hängt diese Wandlung mit dem Ende des bekannten Frauenfelder Indie-Label «Au Geil Records» zusammen oder hat sich einfach der Musikgeschmack der mehrköpfigen Bookinggruppe gewandelt? Medienverantwortliche Livia Gamper beantwortet diese Frage zunächst mit einer technischen Antwort: Dadurch, dass man dieses Jahr nur eine Bühne bespielt, habe sich die Kapazität halbiert. Die kleinere Bühne sei bis anhin eher für solche Sparten vorgesehen gewesen.

Nicht zuletzt sei es jedoch ein Alleinstellungsmerkmal: Festivals mit lauter Rockmusik gebe es zuhauf. «Die von uns ausgewählte Musik passt besser zum Plan, das OITGG zu entschleunigen und ein gemütliches Openair auf die Beine zu stellen, an dem alle ihren Spass haben können.»

 

Raven unter der Autobahnbrücke: Impressionen aus dem vergangenen Jahr des Festivals. Bild: Mia Nägeli

 

«Out in the Green Garden», vom 2. bis 4. August im Frauenfelder Murg-Auen-Park. www.oitgg.ch 

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