von Andrin Uetz, 19.11.2020
Brachiale Körperlichkeit
Die Thrash-Metal-Band Corpus Delicti aus Berg hat es ins Finale des BandXOst Contest geschafft. Wir stellen euch die junge Gruppe vor. Das Finale findet am 28. November in der St. Galler Grabenhalle statt. Lesedauer: ca. 3 Minuten
Manuel und Jonas Ehrismann (Gitarren), Simon Bommeli (Drums) und Sileno Püntener (Vocals, Bass) waren noch in der Sekundarschule, als sie 2013 zusammen in ihrem Proberaum in Berg zu jammen begannen.
Langsam formierte sich daraus Corpus Delicti, Tiziano Iannuzzo ersetzte Jonas Ehrismann an der Gitarre, das Debütalbum “Break Everything” (Blood Rite Records, Berlin, 2018) wird aufgenommen, erste Konzerte in der Region folgen. 2019 ersetzt Pascal Schneider Tiziano Iannuzzo an der Gitarre, womit die aktuelle Besetzung komplett ist.
Jeden Mittwoch Abend treffen sich die vier Jungs zur Probe, wenn Konzerte anstehen, kommt noch etwas mehr Zeit dazu. Der Schlagzeuger arbeitet als Schreiner, einer der Gitarristen ist Forstwart, der andere in Ausbildung zum Seklehrer, und der Sänger und Bassist arbeitet in Berg in der Verwaltung. Hobbymusiker also? Die Qualität der Musik lässt sich allemal sehen.
Old School Thrash Metal mit erfrischender Selbstironie
Im ersten Moment klingen die Songs von „Break Everything” ziemlich düster. Die Texte drehen sich um Krieg, Gewaltphantasien, sind irgendwo zwischen Anarchie, Nihilismus und Ego-Shooter-Game-Tunnelblick verhaftet in Metal-Klischees.
Sänger Sileno Püntener meint dazu im Gespräch: „Die Texte haben wir als Teenager geschrieben, und es klingt etwas seltsam, doch ich denke, es ging uns einfach zu gut, um wirklich tiefgründige Text zu schreiben. Wir haben da wohl einfach andere Metal-Bands imitiert. Heute versuchen wir bessere Texte zu schreiben, und aktuelle Themen aufzunehmen, etwa gesellschaftliche Probleme oder den Klimawandel.”
Reinhören: So klingen Corpus Delicti
Von verschiedenen Stilen beeinflusst
Wer sich die Musik anhört, merkt zudem ohnehin, dass es mit den Texten nicht bitterer Ernst ist. Ganz im Gegenteil kommen die Songs frisch daher, mit einer Prise Selbstironie und Schalk. Der Titelsong zu „Break Everything” etwa, beschwört zwar einen Aufstand (Riot), und die dazugehörige Destruktion „break everything and burn what’s left”, doch wird das ganze von leicht kitschigen Heavy Metal Gitarren untermalt. Die Virtuosität und Spielfreude der Jungs überstrahlt den Rest.
„Wir sind von verschiedenen Stilen beeinflusst, neben Thrash Metal auch Death Metal oder Hardcore Punk”, ergänzt Püntener.
Die kathartische Energie des Live-Konzerts
Das Debütalbum ist gut, und zeigt, dass hier vier sehr gute Musiker am Werk sind. Die Drums sind schnell wie ein Maschinengewehr, die Gitarrensoli präzise und stilecht, der Gesang sec und à point. Besonders in der heutigen Zeit, wo durch Ableton und Co alle Stilmittel immer verfügbar sind, ist es umso angenehmer, wenn eine Produktion mit Gespür für Tradition gemacht ist.
Die eigentliche Wirkung tut die Musik aber im Live-Konzert. Bisherige Höhepunkte der Band war ein Support Gig für die amerikanische Band Power Trip in Dornbirn. “Das war einfach genial, sich mit den Profis auszutauschen, auch nach dem Konzert”, schwärmt Püntener: “Aber ebenso toll war unser Konzert im Horst Klub Kreuzlingen diesen Juli. Das war wohl für viele eines der ersten Konzerte nach dem Lockdown. Die Energie im Publikum war unglaublich, eine richtige Befreiung!”
Entscheidung: Das Finale des bandXOst 2020 läuft am 28. November in St. Gallen. Ihr könnt das Finale verfolgen im Livestream verfolgen.
Video: Corpus Delicti live beim RegioAct Kulturstream (ab min. 43).
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