von Andrin Uetz, 25.03.2025
Konstante Veränderungen

Am 27. März spielt das transatlantische Quartett emitime im Rahmen der Release-Tour zu ihrem neuen Album «morfosis» im Kult-X in Kreuzlingen. Für den Schlagzeuger Samir Böhringer ein Heimspiel. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
Der Trend ist klar. Bands werden kleiner, Solos oder Duos sind die neue Norm. Insbesondere im Bereich der Alternativkultur muss gespart werden, Clubs schliessen, Bühnen sind rar. Bereits ein Auftritt mit einer vierköpfigen Formation ist aufwändig und teuer. In einer Band Musiker aus Buenos Aires, New York und Zürich zusammen zu bringen, scheint angesichts dieser Voraussetzungen fast schon utopisch. Doch genau das macht emitime.
Residenz in Brooklyn als Ausgangspunkt
Kennengelernt haben sich der argentinische Pianist Santiago Leibson, der New Yorker Bassist Santiago Lamisovski und der Schweizer Schlagzeuger Samir Böhringer in einer Residenz für Jazz-Musiker:innen in Brooklyn. Spontan formieren sie sich zu einem Trio, spielten Modern Jazz, Standards und freiere Improvisation.
Später vervollständigt der Zürcher Tenorsaxophonist Tobias Pfister die Formation zu einem Quartett. Im Oktober 2021 erscheint das Debütalbum «Scarce», es folgen Konzerte in der Schweiz, in den USA und in Argentinien. Im Anschluss an diese Tour begibt sich das Quartett erneut ins Studio und so entstehen die Aufnahmen für das zweite Album basierend auf Kompositionen und Ideen, welche alle Bandmitglieder einbringen.
Video: emitime bei einer Live-Session im Scholes Street Studio in Brooklyn.
Ein Album im Zeichen der Veränderung
«morfosis» ist 2024 beim Schweizer Jazzlabel Unit Records erschienen. Wie der Titel schon suggeriert, ist das Album geprägt von einem konstanten Wechsel in Rhythmik und Harmonie. So eröffnet der Titeltrack «Morfosis» das Album mit einem leicht diffusen Intro von Kontrabass und Schlagzeug, welches sich dann von einem sich langsam und hinkend entwickelnden Thema von Saxophon und Piano auf eine Odyssee entführen lässt.
Im Anschluss wird bei «Derrama» das Tempo etwas angezogen. «S.O.L / Lodium» mischt elektronische Klänge und Elemente aus Trip Hop in eine lange, aber interessant bleibende Nummer, die sich in der Mitte in eine Jazz-Ballade verwandelt und zum Schluss dann nochmals an Dramatik gewinnt.
«Morfosis Meta I» nimmt das Thema des Anfangstracks auf und führt es mit ätherischen Ringmodulatoren in luftige Gefilde. Später wird das Thema bei «Morfosis Meta II» nochmals anklingen.
Video: Der Gitarrist Elia Areggger im Duo mit dem Kontrabassisten Marius Sommer
Geografische Distanz und stilistische Nähe
Die insgesamt acht Nummern des Albums zeugen von einer soliden Spielpraxis der vier Musiker, wobei man die geografische Distanz ihrer Wohn- und Lebensorte nicht spürt. Vielmehr scheint sich der kulturelle Austausch in einer kreativen Spielfreude zu manifestieren.
Das dürfte live noch viel mehr zur Geltung kommen, weshalb ein Besuch des Konzerts im Kult-X hier wärmstens empfohlen werden kann. Dort wir neben emitime auch das Elia Aregger Trio auftreten, welches mit Gitarre, Bass und Schlagzeug nochmals ein weiteres Klangspektrum eröffnen.
Reinhören: So klingt das Album

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