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von János Stefan Buchwardt, 10.03.2010

Auftakt zum Labhardt-Jubiläumsjahr

Auftakt zum Labhardt-Jubiläumsjahr
Ansicht des Arenenbergs um 1840, Gouache von Emanuel Labhardt. | © de.academic.ru

Emanuel Labhardts Geburtstag jährt sich in diesem Frühjahr zum 200. Mal. In Steckborn kommt der beachtenswerte Ostschweizer Künstler zur verdienten Ehrenbezeugung. Morgen ist Auftaktveranstaltung.

Mit dem 1874 verstorbenen Zeichner, Maler, Radierer und Lithografen Emanuel Labhardt hat die Thurgauer Seegemeinde Steckborn einen hochwertigen Kunstschöpfer hervorgebracht, der bislang wohl nur Kennern und Sammlern ein Begriff ist. Das soll sich mit dem 200. Geburtstag am 11. März 2010 ändern, wenn der in Feuerthalen bei Schaffhausen tätig gewesene Labhardt als bedeutendster Malersohn der Unterseestadt gefeiert wird.

Vorträge, eine Sonderausstellung und eine umfassende Publikation sind vorgesehen. Es ist in der Tat mehr als gerechtfertigt, ihn als exzellenten Zeichner und erfolgreichen Hersteller und Vertreiber von druckgrafischen Erzeugnissen ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Wir schauen zurück: Der Turmhof in Steckborn hatte ihm bereits 1966 eine Ausstellung in seinem Heimatort gewidmet. Die Kunsthalle Bern und das Kunsthaus Zürich boten 1928 Gelegenheit, Labhardts Werk kennen zu lernen. Und vier Jahre zuvor, also 1924, und ein weiteres Mal zu Beginn der Nachkriegszeit wurde er im Grafischen Kabinett in Winterthur präsentiert.

Vermarktung von Landschaften

Der im März 1810 geborene Künstler Emanuel Labhardt verbringt Kindheit und Jugend in Steckborn, bevor er mit 17 Jahren seine vierjährige künstlerische Ausbildung in Feuerthalen, heute die nördlichste Gemeinde des Kantons Zürich, beginnt. Im Atelier von Heinrich Bleuler jun. wird er unter der Aufsicht von Johann Heinrich Wirz sorgfältig ausgebildet, um dann über lange Zeit mit den Ateliers der Bleulerfamilie, unter anderem auch mit dem Betrieb auf Schloss Laufen über dem Rheinfall, zu kooperieren. Nach dem Tod seines Lehrmeisters im Jahr 1837 eröffnet er - ebenfalls in Feuerthalen - eine eigene lithografische Anstalt.

Zwecks Erstellung von Zeichnungen und zum Verkauf von Bildern und Druckgrafiken unternimmt Labhardt immer wieder Studien- und Geschäftsreisen. Sie führen ihn in die Seenlandschaften der Schweiz und Oberitaliens. Er bereist Deutschland, Schweden und Norwegen. Sein hauptsächlichstes Wirkungsfeld bleibt jedoch der Raum Schaffhausen und die Ostschweiz.

Präzision und aparte Farbgebung

Emanuel Labhardt steht in einer Tradition der Malerei im 19. Jahrhundert, die sich auf das Aufkommen einer regelrechten Naturbegeisterung beruft, die Landschaftskompositionen als Sehnsuchtsraum fassen und den Souvenircharakter anmutiger Ansichten herausheben will. Als begabter und anerkannter Künstler zählt er regional zu den Besten seiner Zeit. Seine ansprechenden perspektivischen Ansichten sind stark handwerklich geprägt, immer wieder zeugen sie jedoch vom plastischen Erleben anziehender Naturdarstellungen und Gebäudeharmonien.

Bemerkenswert ist Labhardts Präzision und sein feiner Strich, etwa bei Tusch- und Bleistiftzeichnungen. Seinen persönlichen Stil erkennt man nicht zuletzt an der dezent gehaltenen Kolorierung. Die Popularität topografisch genauer Rundbilder, so genannte Panoramen und Dioramen, ist charakteristisch für Labhardts Zeit. Er selber gehört zu den «Lieferanten» von Landschaftsansichten und Erinnerungsbildern, die eine letzte Blütezeit der Druckgrafik – vor dem Aufkommen von Postkarten und Fotografien – mit ermöglicht haben.

Chance für die Ostschweiz

Man darf gespannt darauf sein, wie sehr die geplante Sonderausstellung im Sommer 2010 nicht nur der «Sache Labhardt» gerecht werden wird, gehören doch die vorgesehenen Ausstellungsräumlichkeiten in ihrem momentan noch unzeitgemässen Zustand einem weitsichtigen kulturellen Zukunftsprojekt mitten in der Geburtsstadt des Künstlers an. Hier gälte es, die Chance zu nutzen, dem Steckborner «Turmhof»-Vorhaben, dessen integraler Bestandteil man ist, in seiner Gänze zu dienen.

Diese Unternehmung rund um eine aussergewöhnlich attraktive historische Stätte sieht den Ausbau zu einer künftigen kulturellen Schaltstelle vor, die Öffentlichkeit und lebendige Anteilnahme braucht. Emanuel Labhardt, Steckborns Sohn, kann sie gewähren. Er hat das Potential dazu, ein Bewusstsein für die kulturell durchtränkte Unterseeregion als Teil eines übergeordneten Kulturraums Bodensee wachzurufen. Er wird sich als Ostschweizer Repräsentant der in ihrem Alltagswert zwar ausgestorbenen, aber immer noch schätzenswerten Kunst der Grafik in unsere Erinnerung einschreiben. Die Steckborner Herkunft, der künstlerische Ausgangspunkt Feuerthalen und das Gedenkjahr an sich dürfen für einmal den Ostschweizer Landstrichen zu besonderer Ehre gereichen.

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