von Inka Grabowsky, 13.03.2019
Alles Neue bringt der März
Der Comedy Express, das inklusive Theater aus Sommeri, arbeitet mit neuer Basis und unter neuem Dach an einem neuen Stück. Mozarts „Zauberflöte“ bietet den Hintergrund für den Spass, der am 22. März Premiere feiert.
Nach der Pensionierung ändert sich für viele Menschen das Leben grundlegend. Für Peter Wenk gilt das nicht. Er hat mit seiner Partnerin Ambrosia Weisser die „theater INKLUSIV GmbH“ gegründet, damit er auch nach der Pensionierung mit dem weitermachen kann, was ihm immer am Herzen gelegen hat: die Arbeit mit geistig beeinträchtigten Schauspielern im Comedy Express. 2003 hatte er die Truppe an der Bildungsstätte Sommeri gegründet, wo er von 1988 bis 2018 als Mal-und Kunsttherapeut angestellt war. Jetzt läuft die Arbeit unter dem eigenen Dach und ohne die organisatorische Hilfe der Bildungsstätte weiter.
Förderverein sucht Mitglieder
Damit hat das Leitungsteam Weisser/Wenk viele zusätzliche Aufgaben bekommen. Um die beiden und damit ihr Ensemble zu unterstützen, hat sich ein Förderverein gegründet. „Man bezeugt mit seinem Jahresbeitrag, dass man Theater mit Menschen mit geistiger Beeinträchtigung gut findet“, erklärt Peter Wenk. Die Mitglieder zahlen aber nicht nur, sondern helfen gelegentlich auch mit ehrenamtlichem Engagement. Das reicht vom Plakate-Aushängen über das Kassieren bei Vorstellungen bis hin zum Netzwerken für mehr öffentliche Wahrnehmung. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Schwellenangst des Publikums abgebaut wird“, sagt der Vereinspräsident Jürg Peter, der hochmotiviert an seine neue Aufgabe herangeht und dessen Sohn selbst mitspielt. „Die Schauspieler profitieren sehr von der Theaterarbeit. Sie wachsen an ihren Rollen und gewinnen Selbstbewusstsein. Ich sehe ja, was es bringt.“
„Die Bühnenpräsenz unserer Schauspieler ist im Laufe der Jahre immer grösser geworden“, meint auch Ambrosia Weisser, die seit 2007 zum Comedy Express gehört. Deshalb konnte sich die Truppe erlauben, bei der neuen Inszenierung auf einen externen Profi zu verzichten. In früheren Jahren hatten der Clown Olli Hauenstein oder der Impro-Spezialist Mario Müller jeweils tragenden Rollen, so dass immer jemand den Amateuren zur Seite springen konnte, wenn etwas schief lief. Nun übernimmt Peter Wenk die schauspielerische Unterstützung auf der Bühne zusätzlich zu seinen Aufgaben als Regisseur. „Das ist ein bisschen wie der Spielertrainer beim Fussball“, meint er. „Es ist schon eine Doppelbelastung, aber wir haben uns viel Aufwand beim Bilden des Teams erspart. Ich kenne die Schauspieler genau, und sie kennen mich. Wir wissen, was wir jeweils vom anderen erwarten können.“ Ambrosia Weisser, die offiziell als Produktionsleiterin, Inspizientin und Kostümbildnerin amtet, übernahm mitunter Regieaufgaben.
Aufwändige Inszenierung mit Masken
Aktuell probt der Comedy Express die Eigenproduktion „Die Zauberflöte und andere kataStrophen“, bei der das Publikum eine Aufführung der Mozart-Oper hinter der Bühne miterlebt. Es gibt eine einzigartige Mischung aus dem Singspiel und Klamauk. „Das Stück ist deshalb ein idealer Hintergrund, weil wir zum einen mit bekannten Melodien arbeiten können, die das Publikum mag und zum anderen, weil die märchenhafte Geschichte unseren Schauspielern gut gefällt“, erklärt Ambrosia Weisser. Selbst singen müssen die Schauspieler nicht. Die Musik kommt vom Band, respektive von Ambrosias Sohn Julian, der erstmals als Techniker und Pianist engagiert ist.
Bunte Verkleidungen sind immer integraler Bestandteil des Comedy Express’ gewesen. Die Federboa macht aus jedem eine Diva, die Schürze aus jedem einen Koch. Bei der „Zauberflöte“ können die Schauspieler aus dem Vollen schöpfen: prachtvolle Kleider, bunte Umhänge, fantasievolle Turbane... alles genäht von Ambrosia Weisser in nächtelanger Arbeit. Als besonderes Alleinstellungsmerkmal setzen Weisser/Wenk Masken ein, die sie selbst für alle Schauspieler gefertigt haben. „Die Masken erlauben ein sehr ausdrucksstarkes Spiel“, schwärmt der erfahrene Theaterpädagoge Wenk. „Und bei unseren Leuten hat es eingeschlagen wie eine Bombe“, ergänzt die Co-Leiterin Weisser. „Natürlich muss man Bewegungen viel stärker setzen, aber das haben wir ein Jahr lang geübt. Alle mache gerne mit.“
Die Aufführungstermine
Premiere: Freitag, 22. März 2019 um 20.15 Uhr
Samstag, 23. März 18.30 Uhr mit Gala-Dinner
Freitag, 29. März 20.15 Uhr (bereits ausverkauft)
Freitag, 05. April 20.15 Uhr
Samstag, 06. April 20.15 Uhr
Mehr Infos: https://www.comedyexpress.ch/?page_id=69
Von Inka Grabowsky
Weitere Beiträge von Inka Grabowsky
- Gruselige Geschäfte (20.11.2024)
- Die Musikerklärer (19.11.2024)
- Wann ist ein Mensch ein Mensch? (12.11.2024)
- Wissen macht glücklich (11.11.2024)
- Wirklichkeit ist, was du daraus machst! (07.11.2024)
Kommt vor in diesen Ressorts
- Bühne
Kommt vor in diesen Interessen
- Vorschau
- Schauspiel
- Musiktheater
Ähnliche Beiträge
Herr Fässler besiegt die Angst
Therapeutin trifft auf Zyniker: In der Theaterwerkstatt Gleis 5 in Frauenfeld ist mit „Herr Fässler und die Stürme der Liebe“ zu erleben, wie sich eine Puppe von ihrer Puppenspielerin emanzipiert. mehr
Problemfamilie mit Wiedererkennungswert
Die Eigenproduktion „Familienidylle“ des theagovia theater zeigt eine Familie im Ausnahmezustand, der vielleicht gar nicht so ungewöhnlich ist. mehr
«Ich will auch nicht immer in den Abgrund schauen.»
Die Schauspielerin und Produzentin Susanne Odermatt hat sich in den vergangenen Jahren als Spezialistin für Dramen einen Namen gemacht. Jetzt bringt sie eine Komödie auf die Bühne. mehr