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von Brigitta Hochuli, 01.09.2013

Modelhof: Akademie entwirft Staat - neues Kulturprogramm

Modelhof: Akademie entwirft Staat - neues Kulturprogramm
Vor dem Eingang zum Modelhof in Müllheim: Dirigent Joel Mathias Jenny, Iwan und Stepanka Strähl, Hausherr Daniel Model (v.l. obere Reihe) sowie Akademieleiter und Bildhauer Urs Strähl (unten). | © Brigitta Hochuli

Ins mächtige Sandsteingebäude, das dem Weinfelder Unternehmer Daniel Model in Müllheim als Regierungsgebäude und Denkort dient, kehrt Leben ein. Dies zeigte die erste Pressekonferenz seit Eröffnung vor einem Jahr.

Brigitta Hochuli

Grosser Empfang am Samstagnachmittag für zwei Medienvertreterinnen aus dem Thurgau. Charmant begrüsst Daniel Model. Dirigent Joel Mathias Jenny und Schauspieler Volker Ranisch sind da sowie Iwan und Stepanka Strähl, die das „Musikcollegium“ organisieren und Bildhauer Urs Strähl, Leiter der Akadamie und der Chef, wie ihn Model nennt.

Literarischer Salon

Das neue Kulturprogramm umfasst literarische Inszenierungen, Vorträge und Konzerte. Unter dem Titel „Literarischer Salon“ zeigt ab 6. Oktober der deutsche Schauspieler Volker Ranisch seine Programme zu grossen Stoffen von Rilke bis Tolstoi. Zuvor gibt es jeweils Apéro und Einführung, danach Gelegenheit zum Gespräch. Die Veranstaltungsdaten finden Sie hier.

Volker Ranisch ist des Lobes voll für den Kulturbetrieb in der Schweiz allgemein und für die Kulturförderung durch Daniel Models Stiftung zur Förderung der Kultur am Modelhof. Hier sei man gesegnet mit gesellschaftlichem Engagement auf der ganzen Bandbreite von Vereinen bis hin zur staatlichen Unterstützung.

Musikcollegium

Das Musikcollegium atmet von den Gedanken Stepanka Strähls, die beruflich die Bildhauerschule ihres Mannes Urs Strähl leitet. Die Musik sieht sie „als eine Kunst an, die für das Herz, für das Gefühl und die menschliche Seele geschaffen ist.“ Sie bemühe sich deshalb, Interpreten der klassischen Kunst zu finden, die möglichst rein und selbstlos die in die Musik gegossene Inspiration der klassischen Meister zur Geltung brächten. Zum Modelhof passe das angemessene „tempo giusto“. Die Bemühungen um eine neue Tempopraxis werde der Hamburger Uwe Kliemt dem Publikum näher bringen.

Die Konzertreihe hat am Samstag mit Kammermusik bereits begonnen. Ab 20. September geht‘s weiter mit Barockliedern und Laute. Am 9. November tritt das Vokalensemble Cantemus mit Elisabeth Meyer (Sopran) und Benjamin Engeli (Klavier) auf. Im April 2014 wird dann Engelis Lehrer, der Thurgauer Pianist Adrian Oetiker, erwartet. Zuvor - im November - gibt unter anderen die Musikgesellschaft Müllheim ein Gastkonzert.

Programme? Ein Gräuel!

Programme seien ihm eigentlich ein Gräuel, sagt Daniel Model. Das Wesen des Modelhofs sei ein „Vorwurf“. „Man baut ein Gebäude, das Wirkung haben soll, von der man aber nicht weiss, wie sie sein soll.“ Wichtiges Merkmal sei dasjenige des freien Raums und das Ökonomieprinzip des Wiederkehrens. „Wir rennen nicht den Künstlern nach, vielmehr bringt uns deren freier Wille hierher zu uns.“ Künstlerisch sei der Modelhof keine Agentur mit Betriebskonzept, Verschwendung, Hektik, Termindruck, staatlicher Förderung und Blasenbildung. Daniel Model hofft auf eine Künstlergemeinde, die sich in seinem Gebäude wohl fühlt und deren Zusammenkünfte möglicherweise bei einem Umtrunk in der Küche enden.

Denken in der Akademie

Raum geben ist auch das Thema von Urs Strähl, Gründer der benachbarten Bildhauerschule und zusammen mit seinem Sohn Iwan Erbauer des Modelhofs. Strähl hat an der Universität Zürich als Hörer 14 Semester lang Philosophie studiert, wie er betont, und leitet nun die Hof-Akademie. Das Angebot umfasst Vorträge und für jedermann zugängliche Stammtischgespräche, die genaustens protokolliert werden.

In der Vortragsreihe hat zum Beispiel Robert Nef unter dem Titel "Der Staatsbankrott muss möglich sein" referiert. Stepanka Strähl selber sprach über "Friedrich Schiller: Die ästhetische Erziehung des Menschen", Aleksander Kokotovic, Christian Hoffmann, und Lukas Reimann hatten das Thema "Young Perspectives for a Free Europe".

Fernziel Staatsidee und -form

An den Stammtischgesprächen, an welchen zur Freude von Urs Strähl auch Daniel Model teilnimmt, verlässt man sich auf das Schillersche „voraussetzungslose Denken“. „Das Fernziel wäre eine Staatsidee, bei der man weiss, was alles schon an Staatsformen geschaffen worden ist in dieser Welt“, sagt Strähl. Dem „Duktus“ in der Akademie liege keine Theorie oder Ideologie zugrunde. „Wir schaffen vielmehr etwas Originäres.“ Irgendwann soll eine Staatsform entwickelt werden, zu der die Akademie ein Büchlein herausgeben könnte.

Urs Strähl ist dem Begriff Elite nicht abhold. Er habe sich 40 Jahre lang mit der Materie beschäftigt, betont er. Zu den Stammtischgesprächen zieht man ausser ihm deshalb keine Denk-Spezialisten hinzu. Dilettantisch sei man nicht, wehrt er sich. Sein Credo lautet: „Ich selber sage nichts, was der andere nur glauben kann.“

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